
Dirk-Oliver Heckmann: Wenn es nach der Bundesregierung geht, dann können Sie in Zukunft Ihre alten Elektrogeräte bei dem Händler abgeben, bei dem Sie Ihr neues Gerät kaufen. Kleingeräte soll man auch dann abgeben können, wenn man kein neues Gerät kauft. Hört sich gut an; Verbraucherschützer sind dennoch skeptisch so wie Hyewon Seo von der Verbraucherzentrale Bundesverband. Mein Kollege Jasper Barenberg, der hat mit ihr gesprochen.
Jasper Barenberg: Sagen Sie mir doch zu Beginn, Frau Seo: Wie zufrieden sind Sie mit den Plänen der Umweltministerin?
Hyewon Seo: Das Gesetz zur Rücknahme von Elektro-Altgeräten ist ein Ansatz, kann aber nur der erste Ansatz sein. Wir sind etwas enttäuscht, dass die Rücknahmepflicht des Handels nicht so umgesetzt wurde, wie die EU-Richtlinie vorschreibt.
Barenberg: Wie schreibt die EU-Richtlinie denn das vor?
Seo: Die EU-Richtlinie sagt, dass Verbraucher die Möglichkeit haben, in jedem Elektrogeschäft das kaputte Gerät zurückzugeben, und wenn ein neues Ersatzgerät gekauft wird, kann man diese Altgeräte zurückgeben. Darüber hinaus können die Altgeräte kostenlos in einem großen Elektrogeschäft, also ab 400 Quadratmeter Verkaufsfläche, zurückgegeben werden.
Barenberg: Aber ist das nicht genau die Regelung, so habe ich sie verstanden, die jetzt auf dem Tisch liegt, dass große Ketten verpflichtet sind, Geräte zurückzunehmen, während kleinere Geschäfte ausgenommen sind und in gewisser Weise auch geschützt werden sollen?
Seo: Nein. In Deutschland wird die Rücknahme auf 400 Quadratmeter beschränkt, generell. Das heißt: In einem kleinen Geschäft, auch wenn ich da um die Ecke ein neues Gerät kaufen könnte und ein altes Gerät zurückgeben könnte, wäre das nicht möglich. Ich kann Altgeräte nur im Großelektromarkt zurückgeben.
"Warum soll das in Deutschland nicht möglich sein?"
Barenberg: Das scheint mir eine Regelung zu sein, die vor allem Rücksicht nehmen soll auf den Handel, jedenfalls wenn es um kleinere Geschäfte geht. Wären die damit nicht überfordert, wenn man in jedem Geschäft alles zurückgeben könnte?
Seo: Na ja, das haben ja viele EU-Länder so umgesetzt: Frankreich, Großbritannien, Spanien, Niederlande etc. Wenn das woanders möglich ist, dann frage ich mich, warum es in Deutschland nicht möglich sein soll.
Barenberg: Die Grünen sprechen von einem Trippelschritt in die richtige Richtung. Wäre das auch Ihr Urteil?
Seo: Ja, absolut!
Barenberg: Ihnen sind das zu viele Ausnahmen?
Seo: Für uns sind es zu viele Ausnahmen. Am liebsten hätten wir gerne, dass Verbraucher die Altgeräte überall dort, wo sie Elektrogeräte kaufen können, kostenlos und ohne ein Gerät kaufen zu müssen zurückgeben können. Das wäre die beste Lösung.
Barenberg: Und warum glauben Sie, warum sich die Koalition entschlossen hat, nicht so weit zu gehen? Welche Gründe sprechen dafür?
Seo: Na ja, die Bundesregierung hat die Hausaufgaben nicht gemacht. Sie hätten die Infrastruktur schaffen können, damit die Rücknahme problemlos funktioniert. Sie sagen immer, es können ja die Stoffströme dadurch verloren gehen, wenn kleinteilige Sammlung erfolgt.
Barenberg: Nun wenden ja diejenigen im Handel ein, die in Zukunft verpflichtet sein sollen, solche Geräte zurückzunehmen, mit den Ausnahmen, über die wir schon gesprochen haben, dass es ja in Deutschland eigentlich schon eine gute Infrastruktur gibt, um alte Elektrogeräte kostenlos wieder los zu werden.
"Diese Sammelmenge kriegen wir nicht hin"
Seo: Diese Infrastruktur reicht gerade mal so aus, dass wir unsere bisherigen Ziele erreichen. Wenn wir aber nach vorne denken und an die Ziele denken, die wir 2016, 2019 erreichen müssen nach der EU-Richtlinie, dann sehe ich gar nicht, dass wir so gut sind. Ab 2019 beispielsweisemüssen wir 65 Prozent der in Verkehr gebrachten Menge zurücknehmen. Im Moment haben wir etwas unter 45 Prozent.

Barenberg: Das heißt, da ist noch viel zu tun, und die Struktur, die wir haben, also der örtliche Recycling-Hof um die Ecke, künftig auch die große Handelskette, die mein Altgerät zurücknimmt, das alles reicht nach Ihrer Einschätzung nicht aus, um auch die Ziele in Zukunft weiter erreichen zu können?
Seo: Na ja, es geht ja darum, dass wir die Rohstoffe, die wir in Elektrogeräten haben, auch wiedergewinnen, und da ist natürlich der erste Schritt, dass wir die Altgeräte sammeln, und die Sammelmenge kriegen wir nur hin, wenn wir auch kleinteilige Infrastruktur haben.
Barenberg: Das heißt, Sie können jetzt schon absehen, dass da nachgelegt werden muss? Selbst wenn aus diesen Gesetzesplänen jetzt zunächst mal tatsächlich ein Gesetz wird, möglicherweise im Herbst verabschiedet, dann kann man jetzt schon sagen, da muss dann der nächste Schritt bald schon folgen?
Seo: Ja unbedingt! Ich meine, das ist auch der Grund, warum die anderen EU-Länder die Richtlinie so umgesetzt haben, wie sie sie umgesetzt haben.
Heckmann: Das war Hyewon Seo von der Verbraucherzentrale Bundesverband. Die Fragen stellte mein Kollege Jasper Barenberg.
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