So funktioniert sie also - die Kiellegung, eine Art Grundsteinlegung im Schiffbau: Eine Mitarbeiterin legt ein quadratisches Holzbrett auf die Pallung, die das künftige Schiff tragen wird. In dem Holzbrett eingelassen: eine speziell geprägte Münze. Der darüber schwebende Rumpfteil senkt sich, bis der Kiel auf die Münze drückt. Beifall von den versammelten Marineoffizieren ebenso wie von den aus Berlin herbei geeilten Mitgliedern der Bundestagsausschüsse für Verteidigung und Haushalt. Über Letztere weiß Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen Bemerkenswertes zu berichten.
"Ganz vorweg möchte ich meinen Dank aussprechen an die Kolleginnen und Kollegen, das Parlament, der Deutsche Bundestag, der in Rekordgeschwindigkeit ermöglicht hat, dass diese 2,5-Milliarden-Euro-Investion auf den Weg gebracht worden ist. Das ist keine Selbstverständlichkeit und dafür gebührt Ihnen unser aller Dank und Respekt, dass das so ohne weiteres geklappt hat."
Korvetten für die Marine
15 neue Korvetten hatte die Deutsche Marine einst beim Bundesverteidigungsministerium als Bedarf angemeldet. Zehn werden ihr zugestanden. Die ersten fünf der 90 Meter langen "Braunschweig"-Klasse sind bereits in Rostock-Warnemünde stationiert. Nun werden die nächsten fünf Boote gebaut, und zwar an vier norddeutschen Werftenstandorten. Dazu zählt die Wolgaster Peene-Werft, die zur Bremer Lürssen Gruppe gehört. Denn, so Firmenchef Friedrich Lürssen:
"Wolgast ist unser Standort, der sehr produktiv ist und auch von den Kosten her ganz vorne ist. Das ist also ein sehr guter Standort in unserer Gruppe."
Bis vor kurzem lebte die Peene-Werft hauptsächlich von dem Auftrag, 33 Patrouillenboote für die saudische Küstenwache zu bauen. 15 haben die Wolgaster bereits ausgeliefert. Doch sechs Boote liegen fertig gebaut auf der Werft und an weiteren schraubten die Peene-Werker, bis Lürssen die Produktion Ende vorigen Jahres anhielt und 50 der 300 Schiffbauer auf Kurzarbeit setzte. Der Grund: Die Bundesregierung verhängte im vorigen November einen Rüstungslieferstopp nach Saudi-Arabien, der auch die Küstenschutzboote umfasst.
"Das ist ein trauriger Anblick für einen Mann von der Werft. Wir sind natürlich enttäuscht und traurig, dass wir nicht liefern dürfen, müssen das aber akzeptieren und haben die Gespräche mit der Bundesregierung aufgenommen."
Viele Wolgaster Bürger können nicht verstehen, warum Deutschland nicht wenigstens bei jenen Booten vertragstreu handelt, für die bereits eine Exportgenehmigung vorliegt. Der Mord an dem Journalisten Kashoggi als offizieller Ausgangspunkt für den jüngsten Lieferstopp - fast vergessen.
"Das finde ich schon ein bisschen traurig, dass das eigentlich hätte im Vorfeld geklärt werden müssen, als der Vertrag und Lürssen die Zusage bekommen hat, und nicht jetzt, wo dann alle Welt einen Vorwand sucht. Und wir Deutsche halten uns als Erste da dran. Alle anderen gucken dann weg oder liefern trotzdem weiter."
"Wolgast hängen zu lassen, finde ich nicht schön"
"Die Sachen sind ja nun mal vor Jahren beschlossen und angegangen worden. Und jetzt irgendwie Wolgast hängen zu lassen, finde ich dann doch nicht so schön. Für Wolgast wünschen wir uns natürlich, dass da schnellstmöglich eine Entscheidung getroffen wird, so dass die Region davon leben und aufleben kann."
Seit Monaten werben auch Landesregierung und Bundestagsabgeordnete aus Mecklenburg-Vorpommern bei der Bundesregierung dafür, dass sie dem Lürssen-Verbund die bereits fertiggestellten Boote abkaufen möge – und zwar für den Zoll, für die Bundespolizei oder für die Deutsche Marine. Noch immer scheint nichts entschieden zu sein. Verteidigungsministerin von der Leyen hielt sich dazu bedeckt. Auch Ministerpräsidentin Manuela Schwesig konnte keinen Vollzug melden.
Umso lieber lenkten beide Politikerinnen die Aufmerksamkeit auf den Korvettenbau in Wolgast - eine unternehmerische Entscheidung, die die Lürssen Gruppe bereits im April 2018 und damit lange vor dem Exportstopp verkündet hatte. Immerhin geht es jetzt los, und für die Schweriner Regierungschefin ist diese Botschaft die entscheidende:
"Mit der Kiellegung heute für die Korvette gibt es eben wieder einen Lichtblick dafür, dass die Peene-Werker aus der Kurzarbeit herauskommen können. Und es wird anerkannt, dass hier seit über 70 Jahren an diesem Standort eine wichtige und wertvolle Arbeit geleistet wird."
Kurzarbeit noch bis Anfang Juni
Die Kurzarbeit soll spätestens Ende Mai, Anfang Juni beendet sein, sagt Werften-Chef Friedrich Lürßen. Allerdings könne der Korvetten-Bau den Ausfall des Saudi-Arabien-Auftrages nicht vollständig auffangen. In den nächsten zwei Jahren werde es Produktionslücken in Wolgast geben, es sei denn, man erhalte auch den Zuschlag für den Bau der Fregatte MKS 180.
Dazu ließ Verteidigungsministerin von der Leyen nichts durchblicken. Sie nutzte die Bühne der Peene-Werft Wolgast viel mehr, um weitere gute Nachrichten für das Gastgeberland im Nordosten loszuwerden:
"Mecklenburg-Vorpommern ist für die Bundeswehr ein Land, das immer uns den Rücken stärkt und uns gute Bedingungen gibt. Wir haben in den vergangenen Jahren über 50 Millionen Euro hier in Standorte investiert. Aber in den kommenden Jahren werden es über 320 Millionen sein, die investiert werden - von Unterkünften bis zum Marine-Zentrum in Rostock. Es kommen aber auch mehr Dienstposten. Insgesamt werden es über 600 Dienstposten sein, die in den nächsten Jahren zusätzlich nach Mecklenburg-Vorpommern kommen."
500 dieser Dienstposten entstehen allein in Rostock-Warnemünde, wo die Deutsche Marine für 19 Millionen Euro ihr neues Führungszentrum einrichtet und wo auch jene fünf Korvetten stationiert werden sollen, in deren Bau ab heute die Wolgaster Peene-Werker eingreifen.