Mit einem Pappbecher Kaffee in der Hand sitzen die ersten Teilnehmer beisammen, sie haben Brötchentüten und Rucksäcke voller Unterlagen mitgebracht. Im Asta-Café der Kölner Universität wollen die Studenten ihren bundesweiten sogenannten Zivilklausel-Kongress vorbereiten:
"Natürlich werden wir berichten aus den Auseinandersetzungen und Kämpfen vor Ort."
Sagt Peter Förster, 31 Jahre alt, Geschichts-Student und Mitglied des Arbeitskreises Zivilklausel. Sein Hauptziel lautet: keine Militär- oder Rüstungsforschung an deutschen Hochschulen:
"Es gab hier in Köln eine studentische Ur-Abstimmung, die mit circa zwei Dritteln sich dafür ausgesprochen hat, dass eine solche Zivilklausel in Köln auch verankert wird in der Grundordnung der Universität. Mittlerweile haben auch circa 170 Kolleginnen und Kollegen aus Forschung, Lehre und Verwaltung dafür unterschrieben."
Seit Jahren engagieren sich Peter Förster und andere friedensbewegte Studenten aus ganz Deutschland für eine demokratischere und zivilere Ausrichtung der Hochschulen. Die Wissenschaft, sagt der angehende Historiker, dürfe nicht für Partikularinteressen vereinnahmt werden, erst recht nicht die der Rüstungskonzerne.
"Das ist sehr schwierig, weil sich Forschung nicht so klar definieren lässt."
Hält Svenja Schulze dagegen, Wissenschaftsministerin in Nordrhein-Westfalen. Ihr neues sogenanntes Hochschul-Zukunftsgesetz, das diese Woche in den Düsseldorfer Landtag eingebracht wird, enthält erstmals eine sogenannte Zivilklausel. Die soll die Hochschulen zu mehr Sensibilität anhalten, für wen und wofür da eigentlich geforscht wird.
Zudem haben sich allein in diesem Jahr die Unis Kassel, Emden und Freiburg per Zivil-Klausel zu einer friedlichen Forschung verpflichtet. Insgesamt haben nun 18 Hochschulen bundesweit solche Klauseln. Und auch in Niedersachsen, Baden-Württemberg und Hamburg stehen die Zeichen auf Veränderung.
Hintergrund ist eine Debatte, die vergangenen Herbst ihren Höhepunkt erreichte: Ein gemeinsames Rechercheprojekt von NDR und Süddeutscher Zeitung hatte Ende November millionenschwere Aufträge für deutsche Universitäten im Auftrag des Pentagons enthüllt:
"Das US-Verteidigungsministerium lässt auch an deutschen Hochschulen und Instituten forschen. Seit dem Jahr 2000 sind mindestens zehn Millionen Dollar …"
Die Nachricht, die am 25. November 2013 auch in der Tagesschau läuft, ist das Ergebnis monatelanger Recherchen, in denen Journalisten den Verflechtungen zwischen dem amerikanischen Verteidigungsministerium und deutschen Hochschulen nachgespürt hatten.
Amerikanisches Geld für deutsche Unis
Das Fazit: Egal ob Marburg, Frankfurt, Ilmenau oder Bayreuth: Insgesamt 23 deutsche Hochschulen und öffentliche Forschungseinrichtungen beziehen oder bezogen Gelder des amerikanischen Verteidigungsministeriums. Und die Liste sollte in den Folgemonaten noch wesentlich länger werden. Die meisten Hochschul-Politiker, Studierenden und Wissenschaftler reagierten auf die Nachricht befremdet. Auch der Geschäftsführer der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler, Reiner Braun.
"Nein, das ist wirklich neu, und das ist auch erschreckend. Man kann natürlich sagen, nach den Ereignissen der vergangenen Monate kann uns nichts mehr überraschen. Vielleicht kann man es unter dieser Rubrik abspeichern. Es ist aber schon eine Entwicklung, die an deutschen Universitäten ein tiefer Einschnitt ist."
Bei den geförderten Projekten geht es zum einen um Grundlagenforschung. So bezuschusst die US-Armee etwa die Uni Bayreuth. Forscher arbeiten hier an der Frage, inwiefern Spinnenseide auch in der Medizin Verwendung finden könnte.
Und Wissenschaftler in Heidelberg untersuchen im Auftrag der US-Navy Faulungsprozesse. Bei anderen Projekten handelt es sich um das, was Experten "angewandte Rüstungsforschung" nennen. Ein Beispiel dafür liefert Thomas Klapoetke. Der Professor für anorganische Chemie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München erhielt in der Vergangenheit vom US-Militär eine halbe Million Dollar dafür, dass er an seinem Lehrstuhl an Sprengstoff forscht:
"RDX oder zu Deutsch Hexogen, ist der am meisten eingesetzte Sprengstoff im militärischen Bereich. Und es hat sich in letzter Zeit herausgestellt, dass außer sehr vielen positiven Eigenschaften, dass es ökologisch und auch toxikologisch zumindest bedenklich ist, um das vorsichtig auszudrücken."
Deshalb arbeitete Klapoetke im Auftrag der Amerikaner an einem Forschungsprojekt, um Sprengstoff "ökologischer" zu machen. Der Chemiker aus München ist in guter Gesellschaft.
So arbeiteten Wissenschaftler der Uni Marburg daran, die Orientierung von Drohnen und selbstgelenkter Munition zu verbessern. Und Experten der Fraunhofer-Gesellschaft in Freiburg erhielten US-Gelder unter anderem dafür, die Stabilität von Panzerglas zu untersuchen. Auf die Frage, inwiefern er ein ethisches Problem mit militärisch finanzierten Forschungsaufträgen habe, hat Institutsleiter Klaus Thoma eine klare Antwort:
"Nein, sehe ich überhaupt kein Problem. Muss man sich genau überlegen. Aber die Dinge, die wir machen, sind Schutzanwendungen, die sind wirklich vertretbar."
Viele Hochschulen halten sich bedeckt
Tatsächlich ging es bei den Aufträgen aber nicht nur um Schutzanwendungen. Vielmehr forschten die Experten des Fraunhofer Instituts für Kurzzeitdynamik auch an Raketensprengköpfen. Das belegen Forschungsunterlagen, die NDR und Süddeutscher Zeitung vorliegen. Eben diese Intransparenz, das Gefühl nicht genau zu wissen, was deutsche Wissenschaftler eigentlich genau tun, bereitet auch deutschen Politikern wie Nicole Gohlke Sorgen. Die hochschulpolitische Sprecherin der Partei Die Linke engagiert sich seit Jahren gegen Rüstungsforschung.
"Ich finde das Ausmaß, dass sozusagen offenbar auch ausländische Verteidigungsministerien auch mitfinanzieren, natürlich total bedenklich. Weil die große Frage die sich ja stellt ist: Wer kontrolliert das eigentlich? Ist das genehmigungspflichtig von irgendeiner Seite. Und wenn das jetzt die USA sind, ist das nur der Anfang, und gibt es noch ganz andere Staaten?"
Wenige Wochen später steht fest: Die gibt es!
Die Stadt Woomera in Südaustralien. Mitten im Outback forscht das australische Militär an einem Hyperschall-Jet. An dem sogenannten HiFire-Programm sind auch Deutsche Wissenschaftler beteiligt. Mehr als drei Millionen Euro hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt aus Quellen des australischen Verteidigungsministeriums erhalten. Das musste die Bundesregierung auf Nachfrage der Partei Die Linke einräumen.
Die Verteidigungsministerien von Großbritannien, Südkorea, der Schweiz und Singapur sind ebenfalls an Forschung "Made in Germany" interessiert. Auch das steht in der Antwort auf die Linken-Anfrage. Es sei höchste Zeit, dass an deutschen Hochschulen ein Umdenken stattfindet, fordern seither Hochschulpolitiker.
"Ich persönlich bin der Meinung, dass militärische Forschung an deutschen Hochschulen nichts verloren hat."
Sagt Swen Schulz von der SPD-Bundestagsfraktion. Und auch die Bundestagsabgeordnete Nicole Gohlke kritisiert:
"Wir wollen eine Abkehr von kriegerischen Mitteln in der Außenpolitik. Wir wollen auch eine Abkehr von dieser unfassbaren Rüstungsspirale, die wir in den vergangenen Jahren erlebt haben. Und eigentlich sollten sich deutsche Hochschulen und das Wissenschaftssystem nicht auch noch daran beteiligen."
Manche Wissenschaftler sehen das allerdings anders. Denn Artikel fünf des Grundgesetzes garantiert der Wissenschaft in Deutschland absolute Unabhängigkeit. Letztendlich ist jeder Wissenschaftler – im Rahmen des Gesetzes – moralisch selbst verantwortlich, für das, was er erforscht - oder auch nicht erforscht.
Professor Joachim Krause ist Politikwissenschaftler und Direktor des Instituts für Sicherheitspolitik an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel. Wissenschaftler forschen unter seiner Aufsicht zu Themenfeldern wie "Aufstandsbekämpfung" oder "Internationaler Terrorismus":
"Das Militär ist bei uns eine legitime Einrichtung. Die Bundeswehr ist bei uns eine Verfassungsinstitution. Es ist eine Parlamentsarmee. Und auch die Rüstungsproduktion ist so intensiv geregelt im Rahmen des Kriegswaffenkontrollgesetzes. Warum soll man nicht an der Universität Forschung machen, die entweder direkt oder indirekt auch dem Militär zu Gute kommt? Warum nicht?"
Steit um die Zivilklausel
Eine Zivilklausel oder eine politische Steuerung von Hochschulforschung laufe insofern in die falsche Richtung.
"Außerdem sind die Beträge so minimal, um die es hier geht. Die Gelder, die ausgegeben werden für universitäre Forschung, etwa vom Verteidigungsministerium sind so minimal, das sind gerade mal vier Promille dessen, was das Verteidigungsministerium für externe Forschung ausgibt."
Gleiches gelte für die private Rüstungsforschung. Ganz zu schweigen von den verschwindend geringen Summen, die ausländische Verteidigungsministerien in deutsche Hochschulen steckten.
Für die Grünen im Bundestag geht es hingegen bei der Debatte um die Grenzen dessen, was an öffentlichen Hochschulen erlaubt sein darf, nicht um eine quantitative Frage. Ganz egal, wie hoch ein Forschungsprojekt dotiert ist, es müsse zunächst unter ethisch-moralischen Gesichtspunkten geprüft werden, fordert der Bundestagsabgeordnete Kai Gehring.
"Also, militärische Forschung ist nicht per se illegitim. Man muss sich das im Einzelfall genau angucken."
Gehring spricht einen heiklen Punkt an: Die sogenannte Dual-Use-Problematik, frei übersetzt: der doppelte Verwendungszweck: Jede an sich zivile Forschung kann demnach auch missbraucht werden, zum Beispiel militärisch. Das ist auch der NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze bewusst, die jetzt in ihrem Bundesland eine Zivilklausel gesetzlich verankern will:
"Gerade bei medizinischen Projekten ist das oft so, dass die Forschung für die zivile Gesellschaft ganz, ganz wichtig ist, dass man sie aber auch militärisch nutzen kann. Bei technischen Produkten, wenn man Steuerungen zum Beispiel für Geräte entwickelt, kann das friedlich genutzt werden in normalen Autos, es kann aber auch militärisch genutzt werden. Und da wirklich eine klare Grenze zu ziehen, ist ganz schwierig."
Welche Schwierigkeiten die Dual-Use-Problematik im universitären Alltag mit sich bringt, zeigt das Beispiel Bremen. Die Universität in der Hansestadt hat sich bereits 1986 eine Zivilklausel gegeben, um die eigenen Forscher zu sensibilisieren. In dem Papier heißt es:
"Der Akademische Senat lehnt jede Beteiligung an Wissenschaft und Forschung mit militärischer Nutzung bzw. Zielsetzung ab und fordert die Mitglieder der Universität auf, Forschungsthemen und -mittel abzulehnen, die Rüstungszwecken dienen können."
Diskussion um Forschungsfinanzierung ohne Drittmittel
Umso größer war die öffentliche Empörung, als bekannt wurde, dass auch die Universität Bremen Pentagon-Gelder bekommen hat. Für ein Satellitenforschungsprojekt, das allerdings keinen militärischen Hintergrund habe, wie ein Sprecher versichert. Trotzdem räumt Hochschulpräsident Bernd Scholz-Reiter ein, dass sich für die Uni Bremen mit der Annahme von Forschungsgeldern aus einem Verteidigungsministerium ein Dilemma ergebe - sowohl hinsichtlich des Geldgebers als auch mit Blick auf die Forschungsergebnisse.
"Das wird man bei jedem Forschungsprojekt haben. Bei allem was man tut. Selbst wenn man über ganz banale Sachen forscht. Hat das letztendlich, wahrscheinlich, weil die Ergebnisse genutzt werden können von jedem Menschen beispielsweise, auch einen militärischen Nutzen. Weil es dann auch von Soldaten genutzt werden kann."
Der Friedensaktivist Peter Förster von der Arbeitsgemeinschaft Zivilklausel an der Uni Köln hält die Dual-Use-Theorie für eine Ausrede:
"Allein zwischen einem Motor, um ein Beispiel zu geben, für ein ziviles Fahrzeug, das ganz andere Anforderungen hat als ein Panzer - da gibt es völlig unterschiedliche Fragestellungen. Von daher, meine ich, stimmt es nicht mit der Beliebigkeit. Sondern man kann durchaus feststellen, gerade bei Drittmittel geförderten Projekten: Was sind denn die Ziele dieser Forschungsprojekte? Und man kann sich dieser Verantwortung als Wissenschaftler nicht einfach entziehen."
Ist Hochschul-Forschung im Auftrag von Militärs und Rüstungsfirmen lediglich das Symptom einer unterfinanzierten Hochschullandschaft? Vielleicht.
Doch tatsächlich ist es derzeit schwierig, überhaupt einen halbwegs vollständigen Überblick über Projekte und Geldgeber zu bekommen. Denn es gibt keine offiziellen Statistiken darüber, woran genau Hochschulen für wen forschen. Für den Hochschulpolitiker Swen Schulz, der für die SPD im Bundestag sitzt, liegt eben hier die Krux:
"Hochschulen sind staatliche Einrichtungen. Sie sind vom Grundsatz her staatlich finanziert. Wenn sie anderswo sogenannte Drittmittel einwerben, Forschungskooperationen eingehen, dann hat die Öffentlichkeit das Recht zu erfahren, mit wem sie kooperiert, was wird gemacht und wie viel Geld fließt?"
Tatsächlich sind zahlreiche Universitäten sehr zurückhaltend mit Auskünften über ihre Drittmittelprojekte. Ein besonders drastisches Beispiel für diese Vogel-Strauß-Taktik lieferte die Universität Hamburg. Die Universitätsleitung behauptete auf Nachfrage der Hamburgischen Bürgerschaft, es gebe an der Hochschule keine Rüstungsforschung. Mittlerweile ist klar: auch hier erhielten Forscher Pentagon-Gelder. Nicht zuletzt deshalb hat sich die Grünen-Politikerin Eva Gümbel für eine Novelle des Hamburger Hochschulgesetzes stark gemacht. Erfolgreich. Mittlerweile müssen die Hochschulen der Freien und Hansestadt Hamburg auf Nachfrage Drittmittelprojekte bekannt geben.
"Wir müssen auf der anderen Seite ja auch in Betracht ziehen, dass die Öffentliche Hand in Hochschulen ja sehr viel investiert, und das muss ja weiter so geschehen können. Und da darf dann nicht ein Misstrauen zwischen Gesellschaft und Hochschulen Raum greifen."
Keine Transparenz aus Angst vor Spionage
Am besten sollten alle Länder in ihren jeweiligen Hochschulgesetzen entsprechende Klauseln verankern, fordert Gümbel. Manche fordern außerdem den Aufbau einer Datenbank, um dort Drittmittelprojekte zu erfassen - inklusive Forschungsgegenstand und Drittmittelgeber. Der Vorsitzende der Hochschulrektoren-Konferenz, Horst Hippler, hört solche Vorschläge nur äußerst ungern.
"Das halte ich für unmöglich. Das geht gar nicht. Weil in den Drittmittelprojekten natürlich geistiges Eigentum drin ist. Da könnten sie Werkspionage gleich erlauben."
Nichtsdestotrotz - ohne ein Mehr an Transparenz wird es auf Dauer nicht gehen. Denn nicht nur Nordrhein-Westfalen und Hamburg haben entsprechende Regelungen geschaffen. Auch Niedersachsen will die Zeit des Forschens im stillen Kämmerlein beenden.
In Nordrhein-Westfalen soll das neue Hochschulzukunftsgesetz jetzt mehr Transparenz bei der Mittelvergabe garantieren. Die Tatsache, dass auch hier Unis im Auftrag des Pentagons geforscht haben, löste im Herbst einige Unruhe in Düsseldorf aus. Nach Angaben von Wissenschaftsministerin Schulze sei die RWTH Aachen jedoch in ihrem Bundesland die einzige Uni:
"Das ist vom Pentagon ein Projekt mit 67.000 Euro, was es an einer einzigen Hochschule gab, und in dieser Hochschule ist das nur ein winzig kleiner Teil dessen, was die Hochschule insgesamt an Aufträgen von außen bekommt."
"Ich hab mit Leuten von der RWTH gesprochen, wie massiv es da eine Verstrickung gibt, im Studium, in der Lehre schon, vor allem mit der hiesigen Rüstungsindustrie.
Erwidert Peter Förster vom Arbeitskreis Zivilklausel.
"Gut, dass dann das Pentagon da auch noch Einfluss nimmt, war jetzt eine Neuigkeit tatsächlich. Trotzdem wissen wir, dass es ein großes Problem gibt, dass einfach die unternehmerische Hochschule auch eine kriegerische ist. Und gerade hier im Ruhrgebiet gibt’s eben auch nicht wenig Rüstungsindustrie."
Nach Recherchen des NDR kooperierten, anders als von Ministerin Schulze angegeben, auch die Universitäten in Bochum und Wuppertal mit dem Pentagon. Und für das Bundesverteidigungsministerium forschten im vergangenen Jahr fünf Hochschulen in NRW. Ursula Gather, Vorsitzende der Landesrektoren-Konferenz in Nordrhein-Westfalen, verteidigt diese Zusammenarbeit vehement:
"Das ist ein denkbar kleiner Umfang, gemessen an den Landesmitteln und an den Drittmitteln, die die Universitäten eh schon haben. Wenn der Auftraggeber ein Ministerium ist, das ja immerhin verfassungsgemäß ist und einer deutschen Hochschule einen Auftrag gibt, dann ist das keine Überraschung. Und das kann dieses Ministerium auch in Zukunft unbedingt veröffentlichen, da haben wir überhaupt nichts dagegen."
Unzufriedene Friedensaktivisten
Gather beruft sich unter anderem auf die im Grundgesetz verankerte Freiheit der Wissenschaft. Die Zivilklausel im neuen NRW-Hochschulgesetz ist mithin lediglich eine Art Handlungs-Auftrag an die Hochschulen, selbst aktiv zu werden. Sie umfasst vier Zeilen in dem 159 Seiten umfassenden rot-grünen Gesetzentwurf. In Paragraf 3, Absatz 6 heißt es:
"Die Hochschulen entwickeln ihren Beitrag zu einer nachhaltigen und friedlichen Welt. Sie sind friedlichen Zielen verpflichtet und kommen ihrer besonderen Verantwortung für eine nachhaltige Entwicklung nach innen und außen nach. Das Nähere zur Umsetzung dieses Auftrags regelt die Grundordnung."
Mehr, gar ein Verbot der Militärforschung, sei nicht drin gewesen, erklärt Ruth Seidl, hochschulpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion in Düsseldorf:
"Wir dürfen überhaupt keine Verbote für Wissenschaft und Forschung aussprechen, weil es ja die Wissenschaftsfreiheit gibt, nach Artikel fünf des Grundgesetzes."
Auf die sogenannte Transparenz-Klausel bei Drittmitteln, die einen monatelangen Streit zwischen der Landesregierung und den Hochschul-Rektoren an Rhein und Ruhr auslöste, sind SPD und Grüne in Düsseldorf jetzt besonders stolz. Wirtschaft und Hochschulen hatten zunächst zu viel ministerielle Kontrolle befürchtet, jetzt sind sie überwiegend zufrieden. Denn laut Gesetzentwurf müssen die Hochschulen künftig zwar umfassender über ihre Forschungsprojekte und die Geldgeber berichten.
Allerdings gilt dies nur für bereits abgeschlossene Projekte und nur dann, wenn den Auftraggebern aus der Veröffentlichung kein wirtschaftlicher Schaden entsteht, weil Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse bekannt werden könnten. Für den Friedensaktivisten Peter Förster ist die Transparenz-Klausel damit ein zahnloser Tiger, der der Militärforschung aus seiner Sicht keinen Riegel vorschiebt:
"Es soll nur das offengelegt werden, wo die Wirtschaft keinen Schaden davon hat. Das ist aber absurd, denn es geht ja nicht darum, wenn das ganze schon gelaufen ist, dann noch mal rückblickend zu sagen, ok, war das jetzt richtig oder nicht. Denn dann ist es ja schon passiert!"