Freitag, 19. April 2024

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Rüstungsprojekt FCAS
SPD-Verteidigungspolitiker drängt auf baldige Einigung

Wolfgang Hellmich (SPD), Vorsitzender des Verteidigungsausschusses, hat sich zuversichtlich zum Gelingen des europäischen Rüstungsprojekts FCAS geäußert. Es sei zentral für Europa. Über das Projekt soll der Bundestag noch in dieser Legislaturperiode abstimmen - es herrsche also Zeitdruck, sagte er im Dlf.

Wolfgang Hellmich im Gespräch mit Katharina Peetz | 26.02.2021
Eurofighter Typhoon bei einer Luftshow im Jahr 2020
Im Zentrum des deutsch-französisch-spanischen Projekts steht die Entwicklung eines gemeinsamen Kampfflugzeugs, das auch den Eurofighter ablösen soll. (picture alliance / Zoonar | Phil Bird)
Als "Projekt des Jahrhunderts" bezeichnet die französische Verteidigungsministerin Florence Parly das Future Combat Air System, ein europäisches Rüstungsprojekt, kurz FCAS. Im Zentrum des deutsch-französisch-spanischen Projekts steht die Entwicklung eines gemeinsamen Kampfflugzeugs, das ab 2040 den Eurofighter und das französische Pendant, die Rafale, ablösen soll. Das Projekt soll mehr als 100 Milliarden Euro kosten.
Das Vorhaben ist auch politisch von großer Bedeutung als ein Bestandteil der viel beschworenen Verteidigungsfähigkeit Europas. Über die Details streiten vor allem Deutschland und Frankreich, es geht unter anderem um Aufgabenverteilung und Transparenz über die genutzten Technologien.

"Ein zentrales europäisches Projekt"

Wolfgang Hellmich, SPD-Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender des Verteidigungsausschusses äußerte sich im Deutschlandfunk zuversichtlich zum Gelingen des Projekts. Es sei zentral, um mehr europäische Souveränität zu gewinnen. Ein entscheidender Unterschied zwischen Deutschland und Frankreich sei die politische Steuerung des Projekts – darüber sei man aber permanent im Gespräch miteinander. Zuletzt habe es zudem eine Einigung zwischen den Rüstungskonzernen Deutschlands, Spaniens und Frankreichs über den Workshare und die Frage der Rechte bei Technologien gegeben. Offen sei noch die Höhe der Finanzierung.
Graphische Darstellung des Future Combat Air Systems (FCAS)
Automatisierte Waffensysteme - "Nur Menschen können etwas verantworten"
Europas neues Kampfflugzeug soll in Geschwadern mit Drohnen fliegen und ab 2040 den Luftraum verteidigen. Ethische Überlegungen müssten die Entwicklung des "Future Combat Air System" von Beginn an begleiten, sagte Fraunhofer-Forscher Wolfgang Koch im Dlf.
Katharina Peetz: Haben Sie überhaupt noch Hoffnung für dieses milliardenschwere Rüstungsprojekt?
Wolfgang Hellmich: Also ich habe Hoffnung. Ich sag mal, die Eingangsidee für ein solches Projekt ist ja nach wie vor zu verfolgen, weil es ist ja durchaus richtig, was Frau Parly gesagt hat. Es ist ein zentrales europäisches Projekt, um mehr europäische Souveränität zu gewinnen, um in Zukunft viel Geld, das man in verschiedensten Systeme verschleudert, nicht mehr zu verschleudern, also Effizienz und Effektivität und vor allem auch technologische Vorsprünge in internationalen Konkurrenzen, auch zu China und zu den USA, zu gewinnen. Wenn man diese großen Ziele vor Augen hat, dann muss man sich an die Probleme, die es gibt, … [Anm. d. Redaktion: unverständlich) an diese großen Ziele dann auch ranmachen und versuchen, sie mit aller Deutlichkeit und Klarheit auch zu lösen. Ich habe da die Hoffnung, dass die Einsicht nicht verloren gegangen ist.

Einigung zwischen Rüstungsunternehmen

Peetz: Wenn Sie sagen, Sie haben die Hoffnung, Sie sind optimistisch, aber es gibt ja durchaus Probleme – sehen Sie konkret, dass sich Deutschland und Frankreich da in den letzten Tagen und Wochen aufeinander zubewegt haben?
Hellmich: Ich sehe konkrete Bewegung. Bewegung Numero eins: Es scheint zwischen den Rüstungsunternehmen – und um die geht es ja dann im Kern – eine Einigung zu geben, die den gesamten Workshare in dem Projekt mit 30 Prozent Deutschland, 30 Prozent Spanien – also das sind die Unternehmen, die dahinterstehen – und 40 Prozent Frankreich eine Aufteilung ergibt, auf der [Mittelteil unverständlich, Anm. d. Red.] man zusammenarbeiten kann. Und es scheint auch die Vereinbarung zu geben, dass bei der Frage der Rechte, also bei den technologischen Kompetenzen und Fähigkeiten der Unternehmen, man keine Blackboxes zulässt, sondern dann in aller Transparenz miteinander dann auch umgeht, um eben diese gemeinsame Zukunft zu gewinnen.

Abstimmung noch in dieser Legislaturperiode

Peetz: Wo sehen Sie denn trotzdem noch verbliebene Streitpunkte, welche Hürden gibt es noch konkret?
Hellmich: Konkret wird es noch die Höhen der Finanzierung geben, und es gibt einen ganz entscheidenden Unterschied, ich sag mal, in dem Management und der politischen Verantwortung solcher Projekte. In Frankreich wird das Ganze wesentlich im Élysée-Palast entschieden, in Deutschland nach den Regeln des Grundgesetzes entscheidet das der Bundestag. Das heißt also, wir haben die konkrete Erwartung, dass in absehbarer Zeit uns das in den üblichen 25 Millionen Vorlagen auf den Tisch gelegt wird und das Ganze uns entscheidungsfähig und entscheidungsreif dargestellt wird. Und alle wissen, in der letzten Juniwoche ist die letzte Sitzungswoche des Bundestages in dieser Legislaturperiode, also es ist auch hoher Zeitdruck dahinter.
Peetz: Wobei genau das, was Sie jetzt beschreiben, dass es in Deutschland und Frankreich eben anders gesteuert wird, die Rüstungspolitik, dass sie in Frankreich sehr viel zentralistischer angelegt ist, als sie es in Deutschland ist, ist ja auch eine Befürchtung aus Frankreich, dass eben durch die Beteiligung des Parlaments es da auch mögliche Blockaden geben könnte und keine Planungs- und Finanzierungssicherheit.

"Es geht schließlich um die Steuergelder"

Hellmich: Darüber reden wir mit unseren französischen Kolleginnen und Kollegen schon seit ungefähr fünf oder sechs Jahren und versuchen das immer wieder deutlich zu machen. Die Regelungen des Grundgesetzes sind, wie sie sind, und da werden wir uns natürlich dranhalten, und das ist die Entscheidung des Parlamentes, und das ist genauso in Frankreich zu akzeptieren, wie wir zu akzeptieren haben, wie die Entscheidungsstränge in Frankreich laufen. Das ist die Basis, das ist eine Grundlage für die Zusammenarbeit, die gegenseitige Akzeptanz.
Peetz: Also diese unterschiedlichen Strategien sehen Sie nicht als grundsätzliches Hemmnis für das Projekt?
Hellmich: Nein, nein, sehe ich nicht. Es ist ein laufender Prozess. Wir setzen auch darauf, dass in der gesamten Governance und Steuerung dieses Projektes natürlich auch ein hoher politischer Einfluss besteht, weil es geht schließlich um die Steuergelder der Bürgerinnen und Bürger, die dort hineingegeben werden, und das ist unsere Verantwortung, eben drauf zu achten, dass auch das effektiv und sinngemäß ausfällt.

Gegenseitige Akzeptanz als Basis der Zusammenarbeit

Peetz: Wir haben jetzt schon ein paar Problempunkte oder Streitpunkte angesprochen. Muss man sagen, am Ende läuft es dann auf ein Kräftemessen hinaus zwischen Deutschland und Frankreich, wer sich durchsetzt?
Hellmich: Das will ich nicht hoffen. Wer mit dem Ansatz eines gegenseitigen Kräftemessens in solche Projekte hineingeht, dann ist das zum Scheitern verurteilt. Die Grundlage muss schon das gegenseitige Vertrauen sein, dann auch den Willen, es zum Gelingen zu bringen und eine faire und gleichmäßige Umgangsweise miteinander. Wer diese Spielregeln nicht einhält, der droht in der Tat, das Projekt zum Scheitern zu bringen, und das kann nicht Grundlage des Handelns sein, das muss eine andere sein.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.