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Rüttgers mit Wahlausgang in Schleswig-Holstein zufrieden

Christine Heuer: Knapp war's, äußerst knapp. Trotzdem erklärte sich Peter Harry Carstensen gestern Abend schon zum Wahlsieger in Schleswig-Holstein. Wenige Stunden später war der angebliche Wahlsieg der CDU in Kiel schon wieder futsch. Mit Hilfe des Südschleswigschen Wählerverbandes wird rot-grün in Schleswig-Holstein wohl weiter regieren können. Heide Simonis bleibt Ministerpräsidentin des Landes.

Moderation: Christine Heuer |
    Was bedeutet all das für die nächsten Landtagswahlen, die im Mai in Nordrhein-Westfalen stattfinden, und für den CDU-Spitzenkandidaten dort? Wir fragen ihn selbst. Guten Morgen Jürgen Rüttgers.

    Jürgen Rüttgers: Guten Morgen Frau Heuer!

    Heuer: Was überwiegt bei Ihnen heute Früh, das Mitlied mit Peter Harry Carstensen oder die Freude über den Stimmenzuwachs für die CDU in Schleswig-Holstein?

    Rüttgers: Bei mir überwiegt die Freude, dass die CDU gewonnen hat, dass rot-grün keine Mehrheit mehr hat und das gegen all die Propaganda, die wir in den letzten Wochen gehört haben. Da hat die SPD ja immer versucht zu verbreiten, der CDU ging es nicht gut, es ging nach unten und bei ihr ging es nach oben. Genau das Gegenteil ist gestern Abend von den Wählerinnen und Wählern in Schleswig-Holstein gesagt worden. Und im Hinblick auf die Frage, wer da regiert, warten wir mal ab. Da ist noch nicht aller Tage Abend.

    Heuer: Sie können sich nach wie vor vorstellen, dass die CDU mit der FDP das Rennen doch noch macht?

    Rüttgers: Es ist doch klar: bei einem so knappen Ergebnis, wo es um ganz wenige Stimmen geht, wird natürlich an der einen oder anderen Stelle nachgezählt werden müssen. Das geht gar nicht anders. Außerdem warten wir doch mal ab, was der Wählerverband macht.

    Heuer: Finden Sie es nicht trotzdem ein bisschen unklug, Herr Rüttgers, so vorschnell Wahlsiege zu verkünden, wenn das Ergebnis so knapp ausfällt, wie Sie selber es beschreiben?

    Rüttgers: Der Wahlsieg bei der CDU, der ist nun klar. Wenn man 5 Prozent gewinnt, dann hat man die Wahlen gewonnen. So einfach ist das.

    Heuer: Aber Peter Harry Carstensen hat sich ja schon als Ministerpräsident gesehen und präsentiert?

    Rüttgers: Das ist eben heute das Problem mit den dauernden Hochrechnungen. Das ist dann auch ein Wechselbad der Gefühle.

    Heuer: Der Personenwahlkampf in Schleswig-Holstein ist nicht ganz aufgegangen, obwohl Heide Simonis in Schleswig-Holstein ziemlich beliebt ist. Atmen Sie jetzt eigentlich persönlich auf angesichts der Tatsache, dass selbst bei CDU-Wählern nur jeder zweite Sie persönlich, Herr Rüttgers, wählen würde?

    Rüttgers: Rot-grün hat in Schleswig-Holstein trotz der Beliebtheit von Heide Simonis verloren. Rot-grün wird in Nordrhein-Westfalen verlieren wegen der Unbeliebtheit von Steinbrück. Meine Ergebnisse hier als jemand, der Oppositionsführer ist, sind so gut, dass ich an der Spitze von allen vergleichbaren Umfragen liege.

    Heuer: Es zeichnet sich in Nordrhein-Westfalen ein Patt zwischen den beiden Lagern ab, ähnlich wie in Schleswig-Holstein. Wie wollen Sie denn den entscheidenden Punkt für die CDU machen?

    Rüttgers: Also das mit dem Patt warten wir mal ab, denn so etwas ist behauptet worden vor Kiel und das wird jetzt behauptet vor Düsseldorf.

    Heuer: Aber in Kiel war es ja auch ein Patt.

    Rüttgers: Na also die Umfragen, die der WDR zum Beispiel letzte Woche gemacht hat, sagen klar, dass die CDU vor der SPD liegt. Insofern gehen wir 90 Tage vor der Landtagswahl aus der Pool-Position in dieses Rennen und nach gestern ist auch klar, dass die SPD auf dem Standstreifen steht.

    Heuer: Nur ein Viertel der Wähler allerdings, Herr Rüttgers, traut der CDU in Nordrhein-Westfalen zu, es besser zu machen als die SPD.

    Rüttgers: Das finde ich den spannendsten Punkt. Ich nehme die Wirklichkeit so wahr aus vielen, vielen Hunderten Gesprächen: die Leute wollen rot-grün nicht mehr. Sie wissen, dass die nicht mehr die Kraft haben, einen Neuanfang zu machen. Aber sie haben noch Fragen in Richtung CDU, könnt ihr das denn besser. Das ist das, worauf ich mich die nächsten 90 Tage konzentrieren werde, klar zu sagen was wir machen werden. Ich habe mich dort für eine Strategie der Ehrlichkeit entschieden, vor der Wahl sagen was man nach der Wahl tut. Das ist nicht immer bequem, weil man ja auch angesichts von 105 Milliarden Euro Schulden in Nordrhein-Westfalen sagen muss, dass das ganze Opfer kosten wird. Das ist nicht so einfach. Ich glaube aber, dass die Stimmung bei den Leuten so ist: sie wissen, dass rot-grün das nicht mehr hinbekommt, dass es immer härter wird und nichts besser wird. Die CDU muss sagen, wie sie es denn besser machen soll.

    Heuer: Ja, wie will sie es denn besser machen?

    Rüttgers: Ganz klar die Alternativen gegenüberstellen. Erster Punkt ist zum Beispiel: wir werden wieder mehr arbeiten müssen, und zwar für dasselbe Geld. Also die CDU für die flexible 40-Stunden-Woche, SPD dagegen. Wir werden ein einfacheres Steuerrecht brauchen, so wie Friedrich Merz das konzipiert hat; CDU dafür, SPD dagegen. Wir werden die Steinkohlesubventionen halbieren müssen bis zum Jahre 2010; CDU dafür, SPD dagegen. Die Windenergiesubventionen müssen zurückgeführt werden - CDU dafür, SPD dagegen -, damit wir das Geld kriegen, um eine Bildungsreform zu machen und dafür zu sorgen, dass die fünf Millionen Stunden Unterrichtsausfall, die es in Nordrhein-Westfalen jedes Jahr gibt, durch Neueinstellungen von Lehrerinnen und Lehrern auch behoben werden können.

    Heuer: Das klingt alles so gut und so überzeugend, Herr Rüttgers. Wie kommt es dann aber, dass die Wähler in Nordrhein-Westfalen auch an der Kompetenz der CDU zweifeln, zum Beispiel den Arbeitsmarkt flott zu machen?

    Rüttgers: Also das stimmt nun nicht, bei allen Kompetenzfragen, bei der WDR-Umfrage und allen Umfragen.

    Heuer: Infratest Dimap sagt dieses, dass es Zweifel gibt.

    Rüttgers: Also ich weiß nicht, welche Umfrage Sie meinen. Ich kenne vier Stück. Danach heißt die Antwort auf die Frage wer ist besser bei der Frage, die Wirtschaft in Gang zu bringen, CDU, wer ist besser, Arbeitsplätze zu sichern und zu schaffen, CDU.

    Heuer: Die CDU lag in Umfragen, wenn wir schon über Umfragen reden, einmal viel besser als heute in Nordrhein-Westfalen. Ist das Ihre Schuld oder die der Union im Bund?

    Rüttgers: Wir haben in den letzten Wochen und Monaten und im vergangenen Jahr in der CDU Fehler gemacht. Da hat es eine Delle gegeben. Nur wir haben unsere Probleme überwunden. Die SPD hat sie jetzt vor sich.

    Heuer: Sie feiern einen schönen Erfolg der CDU in Schleswig-Holstein, trotz des Ausgangs, den das ganze genommen hat, und bald – nach Ihrer Überzeugung jedenfalls – auch einen echten Wahlsieg in Nordrhein-Westfalen. Ist es nicht Zeit, Angela Merkel zur Kanzlerkandidatin zu küren?

    Rüttgers: Also ich bin dafür, dass wir das tun, was wir alle miteinander, CDU und CSU, jetzt seit Wochen sagen: diese Frage dann entscheiden, wenn es richtig ist, nämlich im Frühjahr nächsten Jahres.

    Heuer: Sie würden aber nicht ausschließen, dass vielleicht doch noch jemand anders es wird?

    Rüttgers: Ach Gott, das sind immer so Debatten, die geführt werden, wie optimiert man seine Ausgangssituation. Jetzt steht als nächstes auf der Tagesordnung Wahlkämpfen in Nordrhein-Westfalen.

    Heuer: Jürgen Rüttgers, der CDU-Vorsitzende und Wahlkämpfer in Nordrhein-Westfalen für die CDU. Ich danke Ihnen für das Gespräch Herr Rüttgers.