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Ruprecht Polenz wird neuer Generalsekretär der CDU

Meurer: Am Telefon begrüße ich Jürgen Rüttgers, den CDU-Landesvorsitzenden von Nordrhein-Westfalen. Guten Morgen Herr Rüttgers!

    Rüttgers: Guten Morgen Herr Meurer.

    Meurer: Wie gut finden Sie denn die Wahl, die Angela Merkel getroffen hat?

    Rüttgers: Ich finde, das ist eine ganz tolle Personalentscheidung. Ruprecht Polenz kommt ja aus Nordrhein-Westfalen. Er ist ein Vertreter der neuen CDU, die wir hier seit mehr als einem Jahr versuchen aufzubauen, jemand der auf Menschen zugehen kann, der auch für einen neuen Politikstil steht. Insofern bin ich begeistert.

    Meurer: Wie könnte denn dieser neue Politikstil aussehen und wie könnte er als Generalsekretär auch den Stil der CDU prägen?

    Rüttgers: Ganz wichtig ist, dass die CDU eine Politik macht, die sehr nah bei den Menschen ist, die nicht versucht, den Menschen zu sagen, wie sie leben sollen, sondern ihre Probleme, ihre Anliegen aufnimmt und sie dann umsetzt in eine konkrete Politik, die auch das Leben der Menschen erleichtert.

    Meurer: Nun gilt ja Ruprecht Polenz als liberaler Politiker innerhalb des Unionsspektrums. Wer soll denn jetzt die konservativen Kräfte binden, wenn es ein liberales Doppelgespann an der Spitze der CDU gibt?

    Rüttgers: Wir werden ja insgesamt auf dem Bundesparteitag eine Mannschaft wählen, nicht nur die Vorsitzende, nicht nur den Generalsekretär, sondern ein neues Präsidium, einen neuen Bundesvorstand. Dort werden alle Schattierungen, die in der CDU wichtig sind, vertreten sein. Außerdem glaube ich ist auch ganz wichtig - das gehört auch zu einem neuen Politikstil -, dass wir ein Stück weit versuchen, die verschiedenen Ansätze, die es gibt, ob Sie das jetzt liberal nennen, ob Sie das konservativ nennen, jeder für sich in der Politik aufzunehmen, weil sich die Menschen eben nicht in Schubladen einsortieren lassen.

    Meurer: Wenn Sie die Positionen auf verschiedenen Schultern verteilt sehen wollen, Herr Rüttgers, droht dann demnächst ein vielstimmiger Chor aus der CDU zu erschallen?

    Rüttgers: Nein, ich glaube, davor braucht man keine Angst zu haben. Wir machen ja alle Politik auf der Basis des gleichen Grundsatzprogramms, der gleichen Grundwerte. Natürlich ist es so, dass jetzt mit dem Neuanfang verbunden auch die eine oder andere neue Akzentsetzung verknüpft ist. Das ist auch gut so. Das wird aber trotzdem die unverwechselbare CDU bleiben.

    Meurer: Die CSU, die bayerische Schwester, hat es sich ja schon bei der Vorentscheidung für Angela Merkel etwas schwer getan. Jetzt hört man von leisem Murren bei der CSU. Hätte man der Schwesterpartei etwas entgegenkommen sollen?

    Rüttgers: Ich habe das nicht gehört, sondern ich habe gesehen, dass auch die CSU Angela Merkel als neue Vorsitzende unterstützt und ich bin ganz sicher, dass sie das auch bei Ruprecht Polenz tun wird.

    Meurer: Werden die Spannungen zwischen den beiden Schwestern zunehmen?

    Rüttgers: Nein, das sehe ich überhaupt nicht. CDU und CSU wissen, dass wir in der Opposition nur erfolgreich sein können, wenn wir gemeinsam auftreten und auch gemeinsam unsere Positionen vertreten.

    Meurer: Und ausgerechnet der Unionsfraktionsvorsitzende Friedrich Merz hat jetzt von der CSU ja einige Prügel einstecken müssen wegen seiner Vorschläge zur Rentensteuer, die eigentlich in der Union Konsens sind?

    Rüttgers: Es hat wie so häufig in diesen Tagen wieder dieses auf und ab der Aufgeregtheiten gegeben. Ich glaube, nachdem völlig klar ist, dass es nicht darum geht, über eine Veränderung des Rentensystems für die jetzt lebenden Rentner nachzudenken, sondern die Union sich darauf vorbereitet, das Rentensystem langfristig zu sichern, auch einbezogen, dass das Bundesverfassungsgericht Ende des Jahres eine Entscheidung verkünden wird, hat sich das, was es dort an Aufregung gab, schnell wieder gelegt.

    Meurer: Aber es schadet dem Fraktionsvorsitzenden, wenn er so kurz nach seiner Wahl aus Bayern so heftig kritisiert wird?

    Rüttgers: Nein, das kann ich nicht sehen!

    Meurer: Wir werden morgen, Herr Rüttgers, ein Interview im deutschen Fernsehen verfolgen können, sowohl in Phönix aus auch in der ARD, das Wolfgang Schäuble gegeben hat. In diesem Interview spricht Schäuble von "Intrigen mit kriminellen Elementen", die gegen ihn gelaufen seien, oder "einem Kampf zur Vernichtung mindestens einer Person". Wird das den Parteitag belasten?

    Rüttgers: Nein, das sehe ich auch nicht. Wenn ich das gestern in Berlin richtig aufgenommen habe, sind damit ja Vorgänge gemeint, die mit dem Namen des Waffenhändlers Schreiber verbunden sind. Das kann den Parteitag nicht belasten.

    Meurer: Schäuble weist aber explizit mit dem Finger auch auf die Bundestagsfraktion und auf CDU-Kreise?

    Rüttgers: Das Thema ist gestern in Berlin kurz angesprochen worden. Ich habe dort einen anderen Eindruck gehabt.

    Meurer: Wäre es besser gewesen, Schäuble wäre mit dieser harschen Kritik am innerparteilichen Zustand nicht an die Öffentlichkeit gegangen?

    Rüttgers: Das ist ja kein Interview gewesen, das Wolfgang Schäuble in dieser Woche aktuell gegeben hat, sondern das ist ein Porträt gewesen, was ursprünglich gemacht werden sollte, als er noch beabsichtigte, für den Parteivorsitz zu kandidieren. Ich habe den Eindruck, da ist manches wieder aus dem Zusammenhang gerissen worden.

    Meurer: Immerhin hat das Interview zur Folge, dass mit dem Finger auch auf Nordrhein-Westfalen und sogar auf Sie selbst gezeigt wird, Herr Rüttgers. Hatten Sie sich an den Intrigen beteiligt? Ärgert Sie dieser Vorwurf, dass immer Nordrhein-Westfalen und Sie selbst in diesem Zusammenhang mit dem Sturz Schäubles genannt werden?

    Rüttgers: Nein, das kann mich deshalb nicht ärgern, weil es in der Sache nicht stimmt und mein Verhältnis zu Wolfgang Schäuble auch völlig ungetrübt ist. Es geht darum - und dafür hat Wolfgang Schäuble sich ja damals sogar auch bedankt -, dass wir in der entscheidenden Sitzung der Bundestagsfraktion einfach nur gesagt haben, was an Meinungen und Auffassungen an der Basis hier in Düsseldorf, hier im Land vorhanden war. Wolfgang Schäuble hat ja dann - und das ist sein großer Verdienst - die Tür zum Neuanfang aufgemacht, indem er die Wahl des Fraktionsvorstandes vorgezogen hat. Deshalb haben wir auch jetzt Ende dieser Woche den Neuanfang auf dem Parteitag.

    Meurer: Für Sie ein entscheidendes Datum, Herr Rüttgers, ist der 14. Mai: Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen. Sie setzen jetzt auf eine Postkarten-Aktion gegen die "Green Card"-Entscheidung von Bundeskanzler Gerhard Schröder. Nach der Diskussion der letzten Tage, der Kritik vor allen Dingen aus der Wirtschaft an Ihrer Wahlkampf-Campagne, auch wegen der Kritik aus der eigenen Partei, liegen Sie mit dieser Campagne auf dem richtigen Kurs?

    Rüttgers: Da bin ich ganz sicher. Erstens ist es ja nicht so, dass die Wirtschaft das in Gänze kritisiert hat, sondern ich habe viel Unterstützung vor allen Dingen im Mittelstand gefunden. Zweitens hat es nur vereinzelte Stimmen in der eigenen Partei gegeben. Angela Merkel hat sich ausdrücklich hinter die Aktion gestellt. Gestern hat die Bundesfraktion, Friedrich Merz dies ausdrücklich in der Sitzung getan. Auch der Bundesvorstand und der neue Generalsekretär hat gestern gesagt, es ist richtig, dass wir das machen. Da wird auch der Versuch gemacht, einen falschen Eindruck zu erwecken. Worum geht es im Kern? Es geht darum, dass viele, viele Menschen hier in Nordrhein-Westfalen angesichts der Fusionen, angesichts der damit wegfallenden zehn Tausenden Arbeitsplätze verunsichert sind und sie fragen sich, ob es denn in einer solchen Situation, wo die Arbeitslosigkeit in Nordrhein-Westfalen sehr, sehr hoch ist, wo es eine Wachstumslücke gibt, die Wirtschaft nicht anspringt, ob es angesichts dieser Tatsache richtig ist, jetzt Arbeitskräfte aus dem Ausland zu holen. Es hat sich ja gerade auch in dieser Woche herausgestellt, dass im Zusammenhang mit der "Green Card" rot/grün das Volk belogen hat. Es ist ja nicht wahr, wie behauptet worden ist, als ob es noch keine Ausbildung in Deutschland gäbe, sondern wahr ist, dass zur Zeit 35.000 junge Leute in den Computer- und Medienberufen ausgebildet werden.

    Meurer: Da sagt die Wirtschaft aber etwas anderes, Herr Rüttgers.

    Rüttgers: Die Zahlen sind objektiv!

    Meurer: Ganz kurz: Sind Sie mit der Unterstützung aus der Partei für Ihre Campagne zufrieden?

    Rüttgers: Ich würde an der einen oder anderen Stelle manches Wort als überflüssig betrachten, aber inzwischen steht die Parteispitze dahinter, und deshalb ist das eine gute Sache.

    Meurer: Der Landesvorsitzende der CDU in Nordrhein-Westfalen Jürgen Rüttgers hier im Deutschlandfunk. - Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören!

    Link: Interview als RealAudio