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Russischer Außenpolitiker: Territoriale Integrität Georgiens hat keinen Bestand mehr

Für den Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses der Duma, Konstantin Kosatchov, ist eine Wiedereingliederung Südossetiens und Abchasiens in den georgischen Staat weder möglich noch von den Regionen erwünscht. Zudem werde es nicht möglich sein mit einer georgischen Führung zu verhandeln, die lüge, betrüge und ihre Konflikte nicht rein politisch lösen wolle.

Konstantin Kosatschov im Gespräch mit Christoph Heinemann |
    Christoph Heinemann: Während der russische Präsident Medwedew verstärkte Rüstungsanstrengungen angekündigt hat, warnte der russische Ministerpräsident Putin den Westen vor einem Rüstungswettlauf in Europa und verurteilte die Stationierung von Teilen des US-Raketenschirms in Polen und Tschechien. "Es gibt heute keine ideologischen Gegensätze; es gibt keine Grundlage für einen Kalten Krieg", sagte der ehemalige Staatschef in Sotschi am Schwarzen Meer. Dort in unmittelbarer Nachbarschaft von Georgien fügte er hinzu, Russland habe keine imperialistischen Ambitionen. Putins Chef, Präsident Medwedew, hatte zu Beginn dieser Woche mit seinem französischen Amtskollegen Nicolas Sarkozy eine internationale Konferenz zur Krise im Süd-Kaukasus für den 15. Oktober in Genf vereinbart.
    Wir haben vor dieser Sendung Konstantin Kosatschov, den Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses der russischen Duma, erreicht. Ich habe ihn zunächst gefragt, was er von den Gesprächen in Genf erwartet.

    Konstantin Kosatschov: Die Gespräche, die wir Konsultationen nennen, werden definitiv nicht nur einen Tag lang dauern. Das ist der Beginn eines Prozesses. Wir meinen, dass die Abmachungen zwischen dem russischen und dem französischen Präsidenten beinhalten, dass die Integrität des Territoriums von Georgien, welche bis zum 7. August vielleicht nicht de facto, aber de jure bestand, nicht mehr länger Bestand hat, da Herr Saakaschwili durch seine einseitige Aktion leider jede politische Perspektive und Lösung dieser Frage der territorialen Integrität Georgiens zerstört hat. Ob man es mag oder nicht: die Menschen in Abchasien oder in Südossetien werden es nie wieder hinnehmen, mit Georgiern in einem Staat zu leben.

    Heinemann: Unter welchen Bedingungen wird Russland – wenn überhaupt - seine Truppen aus Südossetien und Abchasien abziehen?

    Kosatschov: Dafür gibt es keine Vorbedingungen. Wir sind bereit, unsere Truppen zurückzuziehen, sobald wir sicher sein können, dass die Unabhängigkeit von Südossetien und Abchasien international anerkannt ist und diese beiden Republiken und die Menschen, die dort leben, nicht bedroht werden. Ich glaube, dass die Regierung und der Präsident von Georgien immer noch die territoriale Integrität des Landes unter Einbeziehung Südossetiens und Abchasiens wiederherstellen wollen. Dies wäre nur militärisch möglich. Und solange es diese Option gibt, wird Russland in Abstimmung mit den Regierungen in Südossetien und Abchasien seine militärischen Kräfte in diesen beiden Republiken belassen.
    Sobald die Wahrheit über den Beginn dieses Konfliktes und seine tiefen Wurzeln bekannt ist, wird der Druck auf Politiker in den verschiedenen Ländern steigen, und früher oder später wird die Souveränität von Südossetien und Abchasien international anerkannt.

    Heinemann: Herr Kosatschov, würde Russland einer Stationierung internationaler Friedenstruppen in Südossetien und Abchasien zustimmen und die eigenen Truppen in die Stellungen vor Ausbruch des Konfliktes zurückziehen?

    Kosatschov: In dieser Frage ist nicht die Position Russlands entscheidend. Wir sollten die Abchasier und die Süd-Osseten fragen, ob sie eine solche internationale Präsenz auf ihrem Territorium befürworten. Und wenn sie das wollen, wird sich Russland dem nicht in den Weg stellen.

    Heinemann: Wie will Russland eine künftige militärische Zusammenarbeit zwischen den USA und Georgien sowie eine Präsenz der US-Marine im Schwarzen Meer verhindern?

    Kosatschov: Ich glaube, dass diese militärische Zusammenarbeit Herrn Saakaschwili leider zu seiner militärischen Operation ermutigt hat. Amerikanische Politiker müssen die Lage nun analysieren, und ihren Teil der Verantwortung für den Konflikt übernehmen, in dem tausende Menschen getötet wurden. Ich sehe für Russland keine Möglichkeiten, eine solche militärische Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten und Georgien zu verhindern. Aber ich hoffe, dass amerikanische Politiker ihre eigenen Schlussfolgerungen ziehen werden.

    Heinemann: Wie stellen Sie sich die künftigen Beziehungen zwischen Georgien und Russland vor?

    Kosatschov: Ich glaube, dass die Beziehungen zwischen den Menschen, die in Georgien und Russland leben, keinen Schaden genommen haben. Wir unterhalten weiterhin Freundschaften und gute Nachbarschaft mit Georgiern. Sobald Georgien von anderen Personen geführt wird – und das ist natürlich die souveräne Entscheidung der Georgier, in die wir nicht eingreifen werden –, sobald wir dort andere Leute sehen, die nicht lügen oder betrügen, die ihre Versprechen halten, und die Konflikte politisch lösen wollen, werden sich unsere Beziehungen rasch wieder normalisieren.