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Russland
Putins superloyales Team

Der russische Präsident Wladimir Putin hat den mächtigen Chef der Präsidialverwaltung entlassen. Seinem langjährigen Vertrauten Sergej Iwanow folgt ein absolut unbeschriebenes Blatt. Russische Politikexperten glauben, dass Putin seine alten Kumpels satt hat und junge, ergebene Ja-Sager um sich scharen will.

Von Oliver Soos | 23.08.2016
    Wladimir Putin sitzt mit Anton Waino und Sergej Iwanow an einem Tisch in einem Büro des Kreml
    Wladimir Putin ernennt Anton Waino zum neuen Stabschef. (imago / ITAR-TASS)
    Was ging wirklich in den Köpfen der drei Männer vor, die da im russischen Fernsehen zu sehen waren? Am Tischende sitzt der russische Präsident Wladimir Putin, zu seiner Rechten der 63-jährige Sergej Iwanow, zu seiner Linken der 44-jährige Anton Waino. Die Szene wirkt wie einstudiert, das Lächeln von Putin und Iwanow gequält.
    Putin: "Sehr geehrter Sergej Borissowitsch, wir haben viele Jahre erfolgreich zusammengearbeitet, und ich war zufrieden mit Ihrer Arbeit. Aber ich respektiere Ihren Wunsch, in einen anderen Arbeitsbereich zu wechseln."
    War es tatsächlich der Wunsch Sergej Iwanows, nicht mehr die Nummer 2 im Kreml zu sein und stattdessen Sonderbeauftragter für Transport und Naturschutz? Der Moskauer Politologe und Kreml-Kritiker Stanislaw Belkowski glaubt nicht daran.
    Protokollchef wird Chef der Präsidialverwaltung
    "Es gehört zu den Grundinstinkten imperialistisch denkender Menschen, Leute um sich haben zu wollen, die zu einem aufschauen. Putin hat seine alten Kumpels wie Iwanow satt, denn sie kennen ihn aus einer Zeit, als er noch nicht so viel Macht hatte. Deswegen befördert er Waino, einen Nachwuchspolitiker, einen Untertan. Für Waino war Putin immer der große, mächtige Präsident. Der Wechsel hat also nicht viel mit politischen Inhalten zu tun, es ist reine Psychologie."
    Anton Waino ist ein weitgehend unbeschriebenes Blatt. Ein Absolvent des Moskauer Staatlichen Instituts für internationale Beziehungen. Nach fünf Jahren Mitarbeit in der russischen Botschaft in Tokio wechselte er ins Außenministerium und dann in die Protokollabteilung des russischen Präsidenten. Als Putin 2008 Ministerpräsident wurde, folgte ihm Waino und wurde sein Protokollchef. Waino war also derjenige, der Putins Auftritte organisierte und sich vor Ort um den Ablauf kümmerte.
    Darüber machen sich jetzt viele Russen lustig. In sozialen Netzwerken kursiert ein Foto, das Putin beim Besuch einer Beerdigung zeigt. Neben ihm steht Waino und hält ihm den Regenschirm. Jetzt beerbt dieser Waino Sergej Iwanow als Chef der russischen Präsidialverwaltung, als zweitwichtigsten Mann im Kreml. Ausgerechnet Iwanow, dem man zugetraut hatte, selbst einmal Präsident zu werden.
    "Diese jungen Männer haben mit großer Politik nichts am Hut"
    Andrei Kolesnikow, Politologe des Moskauer Carnegie Centers, erklärt sich die Herabstufung Iwanows so:
    "In der Sowjetunion hat man Politiker, die man loswerden wollte, ins Agrarministerium geschickt. Ich glaube, Iwanow hat einfach ausgedient, genau wie Jakunin, der Chef der russischen Eisenbahn. Beide waren Teil von Putins innerstem Machtzirkel, und beide wurden durch Anfang-40-jährige Technokraten ausgetauscht. Diese jungen Männer haben mit großer Politik nichts am Hut. Sie trauen sich nicht, Putin mal eben so zu sagen: Was soll das, diese Entscheidung kannst Du nicht treffen, ohne sie mit uns abgesprochen zu haben."
    Die Zeit der Protokollmänner ist gekommen, sagt Kolesnikow. Offenbar wolle Putin ein superloyales Team für die Präsidentschaftswahl 2018 bilden.