Eine enge Gasse im Zentrum Moskaus. Pfützen stehen auf dem Asphalt. Auf einem kleinen freien Platz vor einer Feuerwehrwache hat sich ein Dutzend junger Leute versammelt. Sie tragen Militärumhänge aus dem Zweiten Weltkrieg und die grünen Kappen der Rotarmisten. Am Rand steht ein Einmannzelt, nass vom Regen.
Vor dem Zelt steht Konstantin Goloskokov, in dünnem Sacko, ohne Schal. Seine Hände zittern. Goloskokov ist der Meinung, dass ihm unrechtmäßig die Einreise nach Estland verweigert wird. Er ist 21, eigentlich studiert er Jura. Aus Protest hat er eine Woche gehungert. Vor der Botschaft. In dem kleinen durchnässten Zelt.
Wenn in Russland die Weltmachtansprüche lauter werden, stimmen auch Jugendliche in den alten Kanon ein. Die Kreml-treue Jugendbewegung "Naschi" zählt in Russland etwa 10.000 Mitglieder. Putins Pioniere mobilisieren die Massen für regierungsfreundliche Jubelveranstaltungen und feiern Feindbilder. Ein Feind heißt Estland. Ein Bericht von Gesine Dornblüth.
"Hier können wir Wasser warm machen. Und da hinten im Zelt ist ein Notebook, das haben mir Freunde gebracht. So konnte ich während meines Hungerstreiks ein Online-Tagebuch schreiben.
In Estland werden Menschenrechte verletzt, darunter auch meine. Ich will in Tallinn vor dem Sowjetischen Ehrenmal demonstrieren. Das habe ich in der Botschaft so gesagt. Und jetzt bekomme ich kein Visum. "
Konstantin Goloskokov ist Aktivist der putintreuen Jugendorganisation "Naschi", auf deutsch: "Die Unsrigen". Die Bewegung wurde vor zweieinhalb Jahren vom Kreml gegründet. Eines ihrer Hauptthemen ist - neben der bedingungslosen Unterstützung Putins - der Streit mit Estland um das sowjetische Ehrenmal in Tallinn. Jevgenij Ivanov, ein blonder Mann mit Bürstenschnitt und enger schwarzer Lederjacke, kommt dazu. Er ist "Kommissar". So heißen die ranghöheren Mitglieder der "Naschi". Jevgenij Ivanov ist für Ideologie zuständig.
"In der Welt herrschen Beziehungen wie unter wilden Tieren. Ein Löwe zum Beispiel will fressen. Und er frisst das Zebra. Weil er stärker ist. Und weil er sich von Fleisch ernährt. Die USA wollen auch fressen. Sie brauchen Energievorräte, und sie haben selbst zu wenig davon. Deswegen haben sie den Irak verspeist und Afghanistan. Und sie werden auch noch andere Staaten fressen. Denn sie haben nur zwei Varianten: Entweder fressen, oder sterben. "
Russland dagegen sei immer tolerant gegenüber anderen Staaten, doziert Chefideologe Jevgenij.
"Das ist wohl ein Merkmal der orthodoxen Kultur: Andere anzunehmen und ihnen zu helfen. Russland war immer ein Geberland. Wir füttern andere Staaten. Aber wir wollen dafür einen würdigen Preis. Wir lassen nicht zu, dass man uns beleidigt, erniedrigt und unsere Interessen mit Füßen tritt."
Dass Russland nicht nur die Interessen, sondern auch die Rechte anderer mit Füßen tritt - zum Beispiel der der kaukasischen Minderheiten - das übergeht Ivanov einfach. Ebenso den alltäglichen Antisemitismus und die unrühmliche Rolle, die Russland etwa in Georgien spielt.
Dreiviertel der 24-29jährigen Russen finden, es sei besser für Russland, wenn das Ausland ihm nicht ständig seine Ideen aufdrängen würde. Das hat das unabhängige Levada-Institut herausgefunden. Die Mitarbeiterin Natalja Zorkaja:
"Die russischen Jugendlichen waren schon in den 90er Jahren für die allerfinstersten und primitivsten Komplexe des Sowjetbewusstsein empfänglich. Für antiwestliche Stimmungen, für Fremdenfeindlichkeit und Nationalismus. Das gab es immer. Aber die jetzige Regierung spielt diese Karte sehr aktiv. Und dass die Jugendlichen Putin so sehr unterstützen, hängt eben damit zusammen."
89 Prozent der russischen Jugendlichen stünden derzeit hinter Putin, erläutert Zorkaja. Das heißt aber nicht, dass sie auch bei der Kreml-Bewegung Putin mitmachen. Zwei Drittel der russischen Jugendlichen hätten noch nie etwas von der Organisation "Naschi" gehört, so die Soziologin.
Vor der Botschaft hat es wieder angefangen zu regnen. Der Aktivist Konstantin Goloskokov schlottert, spannt einen Schirm auf.
"Es geht mir ums Prinzip. Ich will das Andenken der sowjetischen Gefallenen ehren. Und zwar in Tallin. Ich werde von meinem Entschluss nicht abweichen. Selbst wenn ich kein Visum bekomme, werde ich trotzdem nach Estland fahren und auf dem Platz stehen."
Vor dem Zelt steht Konstantin Goloskokov, in dünnem Sacko, ohne Schal. Seine Hände zittern. Goloskokov ist der Meinung, dass ihm unrechtmäßig die Einreise nach Estland verweigert wird. Er ist 21, eigentlich studiert er Jura. Aus Protest hat er eine Woche gehungert. Vor der Botschaft. In dem kleinen durchnässten Zelt.
Wenn in Russland die Weltmachtansprüche lauter werden, stimmen auch Jugendliche in den alten Kanon ein. Die Kreml-treue Jugendbewegung "Naschi" zählt in Russland etwa 10.000 Mitglieder. Putins Pioniere mobilisieren die Massen für regierungsfreundliche Jubelveranstaltungen und feiern Feindbilder. Ein Feind heißt Estland. Ein Bericht von Gesine Dornblüth.
"Hier können wir Wasser warm machen. Und da hinten im Zelt ist ein Notebook, das haben mir Freunde gebracht. So konnte ich während meines Hungerstreiks ein Online-Tagebuch schreiben.
In Estland werden Menschenrechte verletzt, darunter auch meine. Ich will in Tallinn vor dem Sowjetischen Ehrenmal demonstrieren. Das habe ich in der Botschaft so gesagt. Und jetzt bekomme ich kein Visum. "
Konstantin Goloskokov ist Aktivist der putintreuen Jugendorganisation "Naschi", auf deutsch: "Die Unsrigen". Die Bewegung wurde vor zweieinhalb Jahren vom Kreml gegründet. Eines ihrer Hauptthemen ist - neben der bedingungslosen Unterstützung Putins - der Streit mit Estland um das sowjetische Ehrenmal in Tallinn. Jevgenij Ivanov, ein blonder Mann mit Bürstenschnitt und enger schwarzer Lederjacke, kommt dazu. Er ist "Kommissar". So heißen die ranghöheren Mitglieder der "Naschi". Jevgenij Ivanov ist für Ideologie zuständig.
"In der Welt herrschen Beziehungen wie unter wilden Tieren. Ein Löwe zum Beispiel will fressen. Und er frisst das Zebra. Weil er stärker ist. Und weil er sich von Fleisch ernährt. Die USA wollen auch fressen. Sie brauchen Energievorräte, und sie haben selbst zu wenig davon. Deswegen haben sie den Irak verspeist und Afghanistan. Und sie werden auch noch andere Staaten fressen. Denn sie haben nur zwei Varianten: Entweder fressen, oder sterben. "
Russland dagegen sei immer tolerant gegenüber anderen Staaten, doziert Chefideologe Jevgenij.
"Das ist wohl ein Merkmal der orthodoxen Kultur: Andere anzunehmen und ihnen zu helfen. Russland war immer ein Geberland. Wir füttern andere Staaten. Aber wir wollen dafür einen würdigen Preis. Wir lassen nicht zu, dass man uns beleidigt, erniedrigt und unsere Interessen mit Füßen tritt."
Dass Russland nicht nur die Interessen, sondern auch die Rechte anderer mit Füßen tritt - zum Beispiel der der kaukasischen Minderheiten - das übergeht Ivanov einfach. Ebenso den alltäglichen Antisemitismus und die unrühmliche Rolle, die Russland etwa in Georgien spielt.
Dreiviertel der 24-29jährigen Russen finden, es sei besser für Russland, wenn das Ausland ihm nicht ständig seine Ideen aufdrängen würde. Das hat das unabhängige Levada-Institut herausgefunden. Die Mitarbeiterin Natalja Zorkaja:
"Die russischen Jugendlichen waren schon in den 90er Jahren für die allerfinstersten und primitivsten Komplexe des Sowjetbewusstsein empfänglich. Für antiwestliche Stimmungen, für Fremdenfeindlichkeit und Nationalismus. Das gab es immer. Aber die jetzige Regierung spielt diese Karte sehr aktiv. Und dass die Jugendlichen Putin so sehr unterstützen, hängt eben damit zusammen."
89 Prozent der russischen Jugendlichen stünden derzeit hinter Putin, erläutert Zorkaja. Das heißt aber nicht, dass sie auch bei der Kreml-Bewegung Putin mitmachen. Zwei Drittel der russischen Jugendlichen hätten noch nie etwas von der Organisation "Naschi" gehört, so die Soziologin.
Vor der Botschaft hat es wieder angefangen zu regnen. Der Aktivist Konstantin Goloskokov schlottert, spannt einen Schirm auf.
"Es geht mir ums Prinzip. Ich will das Andenken der sowjetischen Gefallenen ehren. Und zwar in Tallin. Ich werde von meinem Entschluss nicht abweichen. Selbst wenn ich kein Visum bekomme, werde ich trotzdem nach Estland fahren und auf dem Platz stehen."