Freitag, 19. April 2024

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Ryanair-Piloten streiken
Größter Arbeitskampf in der Unternehmensgeschichte

Schwerpunkt des Pilotenstreiks bei Ryanair ist Deutschland. Rund 250 Flüge sind hierzulande gestrichen worden, etwa 40.000 Fluggäste sind davon betroffen. Aber Aufregung oder Hektik war unter den Passagieren so gut wie gar nicht zu finden.

Ursula Mense im Kollegengespräch mit Mischa Ehrhardt | 10.08.2018
    Maschinen des irischen Billigfliegers Ryanair sind am Dienstag (20.04.2010) auf dem Vorfeld des Flughafens Frankfurt/Hahn geparkt. Aufgrund der wegen der Vulkanaschewolke bestehenden Flugverbote hat die Airline alle Flüge von Hahn bis einschliesslich Mittwoch storniert. Der Flughafenbetreiber nutzt die Zwangspause für Reparaturarbeiten an der Start- und Landebahn. Foto: Thomas Frey dpa/lrs | Verwendung weltweit
    Zwangspause für Ryanair-Maschinen (dpa)
    Ursula Mense: Mischa Ehrhardt, Sie kommen gerade vom Frankfurter Flughafen. Wie sieht es denn dort aus?
    Mischa Ehrhardt: Eigentlich, muss man sagen, so wie immer. Das könnte überraschen. Aber man muss wissen, es gibt da nur wenige Schalter, an denen Ryanair-Kunden abgefertigt werden. Das Angebot gibt es ja auch erst seit einigen Monaten von Frankfurt-Zentrum aus. Normalerweise fliegt Ryanair ja eher von Frankfurt-Hahn. Als ich Kunden fragen wollte, war zunächst mal weit und breit gar kein Kunde zu sehen, der jetzt auf seinen Flug gewartet hätte – also, es ist relativ ruhig am Frankfurter Flughafen.
    Fluggäste waren vorbereitet
    Mense: Kann man davon ausgehen, dass an anderen Ryanair-Standorten in Deutschland mehr Aufregung und Hektik herrscht?
    Ehrhardt: Ja, könnte man meinen. Aber, ich habe zum Beispiel mit dem Flughafenbetreiber von Weeze am Niederrhein gesprochen, wo auch Ryanair-Flüge abgehen. Und die sagen, es ist weniger Hektik, die auffällt, sondern eher die Ruhe. Das liegt daran, dass von den 19 Flügen, die Ryanair dort veranstaltet, 16 heute ausfallen. Und offenbar, das ist auch ein Beleg für das, was ich in Frankfurt gesehen habe, sind die Passagiere gut auf den Streik vorbereitet gewesen. Die haben sich im Vorfeld schon ein wenig orientieren können, haben sich wahrscheinlich erkundigt, ob sie umbuchen können oder ihr Geld zurückbekommen oder andere Ausgleichsarten, die es da gibt. Und deshalb ist die Zahl der Fluggäste, die auf den Flughäfen gestrandet sind, gar nicht so groß. Das ist das Positive, was man aus Kundensicht sagen kann.
    Verständnis für den Arbeitskampf
    Mense: Und die Kunden, die sie getroffen haben, waren die frustriert?
    Ehrhardt: Die waren weniger frustriert, sondern zeigten eher Verständnis, dass die Piloten für ihre Rechte kämpfen, wie eine junge Frau, die mir sagte, jeder sollte den Verdienst bekommen, der ihm zusteht. Und Piloten haben nun mal Druck und Stress und deshalb hätte sie Verständnis, wenn Piloten für ihre Rechte kämpfen. Und ein anderer Fluggast meinte, er hätte sich mal die Arbeitsbedingungen bei Ryanair etwas genauer angeschaut und fand, da sei ein Arbeitskampf schon berechtigt.
    Rechte für Fluggäste
    Mense: Ryanair hat zuvor schon gesagt, Fluggäste bekommen entweder Geld zurück oder können umbuchen. Ist das tatsächlich so fair gemeint, wie es sich anhört?
    Ehrhardt: Naja, das ist ja das Mindeste, was Ryanair machen muss. Die Erstattung des Kaufpreises, das ist klar, wenn ein Flug ausfällt. Umbuchungen muss eine Fluglinie anbieten. Eigentlich könnte man als Kunde sogar verlangen, dass man relativ zeitnah umgebucht wird, auch auf andere Fluglinien oder die Bahn, aber da hat sich Ryanair wohl eher dagegen gesperrt. Ryanair versucht es, etwas billiger zu lösen, intern, in dem sie Gäste auf Maschinen umbuchen, die morgen fliegen. Aber als Kunde kann man darauf bestehen, dass man besser bedient wird.
    Bei Wartezeiten ab zwei Stunden müssen Fluggesellschaften auf jeden Fall die Kunden betreuen, das heißt, sie müssen Getränke anbieten, vor allem jetzt bei dem heißen Wetter, sie müssen im Zweifel Essen anbieten oder auch Telefongespräche oder E-Mail, also sie müssen eine Betreuung anbieten. Und wenn man dann trotz allem strandet und erst am nächsten Tag weiterkommt, dann sind die Fluglinien auch verpflichtet, Hotels bereit zu stellen oder sie zumindest dann zu bezahlen. Im Zweifel übrigens kann man sich an die Verbraucherzentralen wenden, denn die halten im Internet Informationen zu den Fluggastrechten bereit.