Möbel Martin, ein mittelständisches Familienunternehmen mit Sitz in Saarbrücken hat die französische Kundschaft fest im Blick. Allein in der nahe an der Grenze gelegenen Filiale in Ensdorf verkauft der Möbelhändler 20 Prozent seiner Betten, Sofas oder Küchen an Klienten aus Frankreich. Und diesen Kundenkreis möchte das Unternehmen so gut es geht umsorgen, sagt Geschäftsführer Michael Karrenbauer.
"Dazu gehört, dass wir sie in der Muttersprache bedienen können."
Natürlich kann sich das Unternehmen auf der anderen Seite der Grenze nach Mitarbeitern umsehen, aber lieber ist es dem Möbelhändler, wenn er seine Nachwuchskräfte selbst ausbildet.
"Es ist so, dass sich die duale Ausbildung seit vielen Jahren bewährt. Die praktische Seite verbunden mit der theoretischen und unserem spezifischen betrieblichen Angebot. Deshalb sind wir froh, wenn wir das in diesem System tun können."
Julie Stickelmann ist eine von vier französischen Auszubildenden in der Ensdorfer Filiale. Sie hat in Frankreich Abitur gemacht und daran ein sogenanntes BTS angefügt. Das ist eine zweijährige schulische Ausbildung, die in verschiedene Sachgebiete aufgefächert ist. Julie hatte sich auf Buchführung spezialisiert. In Deutschland wird diese für unsere Nachbarn gängige Form der Ausbildung nicht anerkannt. Julie hat sich daher entschieden, auf deutscher Seite eine Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau dranzuhängen.
"Also, ich kannte das Unternehmen schon und ich hab’ mich hier beworben, weil ich in Frankreich auf dem Arbeitsmarkt keine Möglichkeit hatte."
Auch Elena verfügt über einen Abschluss, der ihr einen direkten Einstieg in den französischen Arbeitsmarkt erlaubt hätte. Der sogenannte Smic, der französische Mindestlohn wäre ihr dann sicher gewesen. Er liegt aktuell bei 9 Euro 53 die Stunde. Eine in Deutschland gezahlte Ausbildungsvergütung kann da nicht mithalten.
"Also mir hat man auch schon gesagt, in Frankreich würdest Du wenigstens den Smic bekommen, aber diese Ausbildung, die ist es mir auf jeden Fall wert."
Überdies sei das Verständnis für junge Leute in Deutschland, die sich in Ausbildung befänden, ganz anders als in Frankreich.
Duales System in Frankreich
"In Frankreich find ich es ein bisschen, wie sagt man Hierarchie, ja, stimmt das? Ja, dass man halt so untergeordnet ist. Ich find’ das halt auf jeden Fall in Deutschland viel besser, der Umgang halt."
Es existiert auch in Frankreich ein duales System, allerdings finden sich nur wenige Arbeitgeber bereit, es anzuwenden. Sie überlassen die Ausbildung lieber den überbetrieblichen Einrichtungen. Wer doch Glück hat und einen Ausbildungsbetrieb findet, der müsse sich doppelt anstrengen, sagt Julie.
"Man hat zwei Jahre Schule oder Schule und Ausbildung, das kann man schlecht kombinieren, weil der Stoff ist zu viel. Weil, man macht im Endeffekt das Gleiche wie die anderen auch, die nur Schule machen und die anderen müssen in der Freizeit alles nachholen."
Die Mädchen verfügen über überdurchschnittliche Deutschkenntnisse, bei allen stammt ein Elternteil aus Deutschland. Trotzdem sei die Sprache in der Berufsschule eine Herausforderung.
"Es hakt halt beim schriftlichen Teil, dass man ein wenig Rücksicht auf die französischen Schüler nimmt, das ist das Problem momentan."
Um dieses Problem zu lösen, haben die Industrie- und Handelskammern und die Handwerkskammern sowie die Bundesländer und Regionen entlang des Oberrheins im Herbst des vergangen Jahres eine Vereinbarung getroffen. Sie soll es den Jugendlichen ermöglichen, die theoretische Ausbildung in Frankreich und die praktische in Deutschland zu absolvieren und umgekehrt. Ein Pilotversuch, der 2008 bei Straßburg gestartet wurde, habe gezeigt, dass es bis zur Formulierung allgemeingültiger Regelen jedoch noch ein langer Weg sei, sagt der Bildungsberater der IHK-Karlsruhe, Stephan Ruf.
"Da hat es auch einige Abschlüsse gegeben von Ausbildungsberufen. Aber, die Anzahl an Verträgen ist sehr gering, sodass man noch nicht von einer großen Erfahrung sprechen kann. Wir haben jetzt mit dieser Rahmenvereinbarung eine größere Fläche, auf der wir diese Möglichkeiten nutzen können. Wir sind in der Tat noch in der Startphase."