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Saarland sichert Bergleuten Hilfe zu

Die saarländische Landesregierung macht den Kumpeln im Land angesichts der folgenschweren Erdstöße infolge der Steinkohleförderung wenig Hoffnung. "Wir müssen davon ausgehen, dass ein Bergbau, der Gefahr für Leib und Leben ist, in der Tat nicht wieder begonnen werden kann. Also müssen wir auch das endgültige Ende des Bergbaus erwarten", sagte Wirtschaftsminister Joachim Rippel (CDU).

Friedbert Meurer | 26.02.2008
    Friedbert Meurer: Im Saarland, wir haben es ja in dieser Sendung vor einer knappen halben Stunde gehört, steht der Kohlebergbau vor dem Aus. Die Landesregierung hat entschieden, dass es im Moment eine Sperre für den Abbau gibt. Es hat schwere Erdbeben gegeben, vor allen Dingen am letzten Samstag. Das bedeutet aber die Frage: Was wird aus den 3600 Bergleuten und noch einmal geschätzt 1400 Beschäftigten dazu, die dann ihren Job zu verlieren drohen?

    In Saarbrücken begrüße ich den Landeswirtschaftsminister Joachim Rippel von der CDU. Guten Morgen, Herr Rippel!

    Joachim Rippel: Guten Morgen, Herr Meurer.

    Meurer: Wie bitter sind diese Tage für Wirtschaft und Arbeitsplätze im Saarland?

    Rippel: Das ist natürlich eine, ich möchte schon sagen, historische Situation. Wir stehen vor einer ganz großen Herausforderung. Diese starke Erschütterung vergangenen Samstag hat für den Bergbau, hat für das Saarland im ganzen eigentlich eine neue Situation geschaffen. Wir stehen vor einer großen Herausforderung!

    Meurer: Ist das das Ende für den Kohlebergbau an der Saar?

    Rippel: Der Abbaustopp der Landesregierung ist zwar ein vorläufiger, aber er ist unbefristet, und ich denke, hier gilt in der Tat die Feststellung des Ministerpräsidenten, die ich auch den Menschen in Saarwellingen am Sonntag verkünden musste. Wir müssen davon ausgehen, dass ein Bergbau, der Gefahr für Leib und Leben ist, in der Tat nicht wieder begonnen werden kann. Also müssen wir auch das endgültige Ende des Bergbaus erwarten.

    Meurer: Sie glauben nicht, dass der RAG noch ein Wunder gelingt und sie sich etwas einfallen lässt, wie man zweifelsfrei Gefahren ausschließen kann für die Bevölkerung?

    Rippel: Ich kann es mir angesichts der großen Bemühungen, die DSK, die RAG in den vergangenen Jahren ja auch, wie man uns das demonstriert und dokumentiert hat, realisiert hat, das alles war ja ohne Erfolg, und deshalb fällt es mir schwer, mich an eine Hoffnung zu klammern, die möglicherweise im Augenblick noch Triebfeder des Handelns bei RAG ist. Aber ich kann nachvollziehen, dass man zunächst einmal vor einer solchen Situation stehend viele Fragen bedenken muss und dass man insbesondere an die Mitarbeiter denkt und da einiges zu klären ist.

    Meurer: Da fühlen sich Bergleute und Kumpel im Stich gelassen auch von ihrer Landesregierung. Ihr Ministerpräsident Peter Müller hat ja noch vor ungefähr einem Jahr gesagt, hinter jedem Arbeitsplatz steht ein Kumpel, steht ein Gesicht, steht eine ganze Familie. Zählt das noch?

    Rippel: Peter Müller hat vor allen Dingen darauf aufmerksam gemacht, dass seit einigen Jahren bereits, dass der der Bergbau im Saarland keine Zukunft über das Jahr 2014 hinaus hat. Im Saarland ging die Diskussion ja vielmehr darum, dass die saarländische Landesregierung ein deutlich früheres Aussteigen aus dem Bergbau vor 2018 verlangt hat, sogar, und das doch seit über einem Jahr - früher als das dann ins Auge gefasste Jahr 2014, angesichts der Erschütterungen und der Betroffenheiten, die sich daraus ergeben haben. Das bedeutet aber längst nicht, dass jetzt Kumpel alleine stehen. Wir haben natürlich mit dem Ereignis wie andere Menschen auch nicht gerechnet. Wir hatten selbstverständlich eine andere Planung. Wir hatten auf das, was Ministerpräsident Müller immer angekündigt hat, hingeplant. Das heißt die Planvorstellungen orientierten sich an diesem vielfach dokumentierten Ziel der Landesregierung, den Ausstieg früher als 2014 zu realisieren.

    Meurer: Das ganze ist Teil des sogenannten Kohlekompromisses, nach dem 2014 oder 2018 spätestens die Förderung der Steinkohle auslaufen soll. Wie wollen Sie das jetzt noch bewerkstelligen im Saarland, ohne betriebsbedingte Kündigungen und mit der Maßgabe, dass das sozialverträglich ablaufen muss?

    Rippel: In der Tat ist das eine riesige Herausforderung, aber ich sage noch einmal: Vor einer Katastrophe wie diese, die sich dort am vergangenen Samstag ereignet hat, da ist niemand gefeit, und niemand hat sie auf der Rechnung. Wir stehen deshalb vor einer Herausforderung, mit der man naturgemäß nicht rechnen konnte. Wir nehmen sie dennoch entschlossen an. Im Fokus unserer Arbeit stehen jetzt in der Tat die Bergleute. Zunächst einmal ist das Unternehmen RAG gefordert, aber wir werden die Bergleute und auch das Unternehmen nicht alleine lassen.

    Meurer: Das Unternehmen schickt die jetzt schon mal auf Kurzarbeit.

    Rippel: Das Unternehmen schickt die Bergleute jetzt auf Kurzarbeit. Das ist in der Tat richtig. Wir haben unsere Pläne, die wir auf 2014 gemacht haben, jetzt umzuformieren und rasche Hilfe anzubieten. Wir gehen dabei zunächst einmal davon aus, was wir in den vergangenen Jahren erlebt haben. Vermittlungsmöglichkeiten hatte die DSK ja selbst demonstriert. In Jahren, wo die Konjunktur deutlich schwächer war als zurzeit, konnte man immerhin 500 bis 600 Bergleute jährlich in den primären Arbeitsmarkt vermitteln. Zuletzt waren es noch 50 in deutlich besserer Konjunkturlage. Das deutet darauf hin, dass man, ich sage mal, nicht mehr daran interessiert war - aus guten Gründen, die nachvollziehbar sind aus der unternehmerischen Sicht. Ich weise darauf hin, dass wir also deutlich mehr Möglichkeiten haben, Bergleute in den Arbeitsmarkt zu vermitteln, als das bisher realisiert wurde.

    Meurer: Aber es wird auch Geld kosten für den saarländischen Landeshaushalt?

    Rippel: Es wird Geld kosten auch für den saarländischen Landeshaushalt, weil sich das Land engagiert. Wir werden aber zunächst einmal diese Rechnung anders machen und werden gucken, welche Möglichkeiten uns die Kohle-Plafonds bieten, die im Rahmen eben des von Ihnen erwähnten Steinkohlefinanzierungsgesetzes und einem diesem Gesetz zugrunde liegenden Eckpunktepapier gegeben sind. Dort haben wir Möglichkeiten, etwa über Stilllegungsbeihilfen, vor allen Dingen aber auch die APG-Rechte. Das sind Rechte, die den Bergleuten im Blick auf einen möglichen vorzeitigen Ausstieg aus dem Arbeitsleben eingeräumt wurden. Alles das ist konstruktiv, ist kreativ im Interesse der Bergleute jetzt in ein Gesamtkonzept zu schmieden, mit den Möglichkeiten, die uns die saarländische Wirtschaft bietet, die ja im Augenblick Gott sei Dank in der Tat eine gute Konjunkturlage nachweist. All das zusammengepackt werden wir in den nächsten Wochen den Bergleuten hoffentlich eine Perspektive bieten können, die sie und ihre Sorgen entsprechend berücksichtigt.

    Meurer: Was wird aus dem Kumpel im Saarland? Das waren Antworten des Landeswirtschaftsministers im Saarland, Joachim Rippel von der CDU heute Morgen bei uns im Deutschlandfunk. Herr Rippel, danke und auf Wiederhören nach Saarbrücken.

    Rippel: Ich danke Ihnen. Auf Wiederhören.