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Sachsen-Anhalt und die Klimaabgabe
SPD-Politikerin kämpft gegen Gabriel um Kohle

Weder die umstrittene Kohleabgabe noch der Kompromiss von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) sind für die SPD-Politikerin Katrin Budde aus Sachsen-Anhalt akzeptabel. Mehr noch: Der Kampf um die Kohlekraftwerke in ihrem Bundesland ist für die SPD-Spitzenkandidatin für das Ministerpräsidentenamt ein klares Ost-West-Thema.

Von Christoph Richter |
    Kohlebriketts auf einer Schaufel
    Katrin Budde kritisiert die Klimaabgabe, weil die Braunkohle in Sachsen-Anhalt etwa 4.000 Menschen Arbeit gebe. (picture alliance / dpa)
    "Das geht überhaupt nicht", sagt Katrin Budde, die SPD-Fraktionsvorsitzende und Spitzenkandidatin für das Amt des Ministerpräsidenten in Sachsen-Anhalt zu den Plänen Gabriels. Die Umweltorganisation Greenpeace nennt die 50-Jährige im "Schwarzbuch Kohlepolitik" eine Überzeugungstäterin in Sachen Braunkohle.
    "Wenn die Kraftwerke belastet werden, dann heißt das, ein völlig unkoordinierter Umstieg und Ausstieg. Was da passiert, sehen wir am Ausstieg an der Atomkraft. Völlig unkoordiniert. Wenn das hier versucht wird bei der Braunkohle, dann ist das schädlich für die Region und schädlich für die Versorgungssicherheit."
    Budde läuft Sturm. Sie kritisiert die Klimaabgabe, beschwört "Dominoeffekte", weil die Braunkohle in Sachsen-Anhalt etwa 4.000 Menschen Arbeit gebe, die dann künftig wegfallen würden. Auch die Mitte der 1990er-Jahre errichteten Kraftwerke Deuben und Wählitz im Süden Sachsen-Anhalts stünden zur Disposition, weil sie dann unrentabel seien, sagt Budde.
    Ein Ost-West-Kohlekonflikt
    Wenn mit dem Abbau Schluss wäre, würde es zu einer erneuten De-Industrialisierung Sachsen-Anhalts kommen, wie man es schon mal nach 1990 erlebt habe. Und das lasse sie nicht zu, so Budde weiter. Um im gleichen Atemzug zu ergänzen, dass das ganze Vorhaben ein genialer Coup sei, um ausschließlich ostdeutsche Braunkohlekraftwerke zu belasten. Was als energiepolitische Debatte begann, ist für Budde letztlich ein handfester Ost-West-Streit.
    "Hier wird mit einem Federstrich die ostdeutsche Braunkohle zu Grabe getragen, das würde sich keine andere Region in Europa gefallen lassen, und wir werden es auch nicht tun."
    Parteikollege Sigmar Gabriel, der Budde aus gemeinsamen Magdeburger Tagen noch sehr gut persönlich kennt, mahnt eine sachlichere, weniger emotionale Debatte an.
    "Ich finde, man muss die Sorgen verstehen. Trotzdem müssen alle miteinander darüber nachdenken, wie wir diese unterschiedlichen Ziele zusammenbringen, die wir jetzt alle seit Jahren beschließen."
    Gemeint ist das in Brüssel beschlossene Klimaschutzziel, den CO2-Ausstoß bis 2020 gegenüber 1990 um 40 Prozent zu verringern.
    Umweltverbände stärken Gabriel den Rücken
    Unterstützung bekommt Gabriel von den Umweltverbänden. Erst Montag legte der Sachverständigenrat für Umweltfragen – ein offizielles Beratungsgremium der Bundesregierung – seine Empfehlung vor, nach deren Auffassung die Klima-Abgabe - Zitat "eine wegweisende und sinnvolle Maßnahme" wäre. Ähnlich sehen es Klimaexperten beim Dessauer Umweltbundesamt. Dort befürchtet man kaum Jobverluste durch die Klimaschutzpläne Gabriels. Prognosen über 100.000 verlorene Arbeitsplätze in der gesamten Kohlewirtschaft entbehrten jeder Grundlage.
    "Ich halte es nicht für eine kluge Strategie, an dem Kohle-Abbau festzuhalten, denn er wird über kurz oder lang nicht nur große Opfer kosten, was die Landschaftsveränderung betrifft, die Inanspruchnahme größerer Flächen; sondern es wird auch zusehends der gesellschaftliche Konsens zur Kohle wegbrechen."
    So Benno Hain vom Umweltbundesamt. Und unterstreicht, dass durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien massiv Arbeitsplätze geschaffen würden. So seien in diesem Bereich 2013 rund 371.000 Personen beschäftigt gewesen, im Jahr 2004 waren es noch weniger als die Hälfte.
    Von all dem will Sachsen-Anhalts Chef-Sozialdemokratin Katrin Budde kaum etwas wissen. Stattdessen kommt sie immer wieder auf ihr Lieblingsthema zu sprechen, dass man sich mit der Klimaabgabe nicht noch einmal, wie 1990, die Industrielandschaft in Sachsen-Anhalt kaputtmachen lasse, wie es nach 1990 durch die Treuhand schon mal geschehen ist.
    "Wir haben mit der De-Industrialisierung von Teilen des Ostens die Umweltbilanz der Bundesregierung aufgehübscht, das ist auch eine Realität, die deutlich ausgesprochen werden muss."
    Natürlich hätten wir von Katrin Budde auch gern erfahren, was sie von dem Alternativplan hält, alte Kohlemeiler in eine Kapazitätsreserve zu verschieben. Das ist sowas wie eine verlängerte Kraftwerks-Abwrackprämie und hieße, dass die Betreiber ihre alten Kraftwerke runterfahren, bereithalten und dafür noch Geld bekommen, bevor sie ein paar Jahre später verschrottet werden. Doch dazu wollte die Sozialdemokratin und der Kumpel-Freund Katrin Budde nichts sagen.
    Kritiker entgegnen Budde, dass sie auf populistische Weise Ängste schüre, da mit erneuerbaren Energien, neuen Speichertechnologien auch strukturschwache Gegenden wie Sachsen-Anhalt viel besser gesichert und nachhaltig ausgebaut werden könnten als mit dem Ausbau der Braunkohle-Standorte.