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Sachsen LB
Zwei Ex-Manager vor Gericht

Zwei ehemalige Manager der mittlerweile fusionierten Sächsischen Landesbank sollen jahrelang hohe Summen in riskante Finanzprodukte investiert und somit gegen die kaufmännische Sorgfalt verstoßen haben. Die Beklagten sagen jedoch: Niemand habe die Finanzkrise vorhersehen können.

Von Bastian Brandau | 08.01.2016
    Ein Gerichtshammer.
    Ein Prozess gegen einen anderen ehemaligen Sachsen-LB-Vorstand war aufgrund eines Formfehlers geplatzt. (picture alliance / dpa / Andrey Starostin)
    Die Verlesung der 46-seitigen Anklageschrift vor dem Landgericht Leipzig wirkte wie eine Zeitreise in die Anfänge dieses Jahrtausends. In eine Zeit, als die Sachsen LB wie andere Landesbanken gefährliche und folgenreiche Ausflüge in die internationale Finanzwelt unternommen hatte. Untreue und Bilanzfälschung lautet die Anklage gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Herbert Süß und den ehemaligen Vorstand Stefan Leusder, damals verantwortlich für das Kaptalmarktgeschäft. Leusder und Süß waren von 2005 bis 2007 bei der Sachsen LB am Ruder.
    Gestützt auf Zeugenaussagen und auf mehrere Gutachten schilderte die Staatsanwaltschaft, wie die Sachsen LB über die irische Tochtergesellschaft die ursprünglichen Pfade der regionalen Wirtschaftsförderung in Sachsen verlassen hatte. Stattdessen spekulierte die irische Tochter mit Wertpapieren am internationalen Markt.
    Über 80 Prozent des Geschäftsvolumens wurden zwischenzeitlich im Ausland abgewickelt. Eine ausgegründete Zweckgesellschaft namens Ormond Quay geriet 2007 durch die US-Immobilienkrise in Zahlungsnot, die irische Tochter der Sachsen LB hatte für sie Garantien in unbegrenzter Höhe übernommen. Für 17,6 Milliarden Euro, so die Staatsanwaltschaft, sei die Sächsische Landesbank einstandpflichtig gewesen – ein Vielfaches ihres Eigenkapitals und mehr als der sächsische Landeshaushalt.
    Gegen Regeln kaufmännischer Sorgfalt verstoßen
    Die verantwortlichen Vorstände, so der Vorwurf, hätten gegen die Regeln kaufmännischer Sorgfalt verstoßen und seien sehenden Auges in die Katastrophe gegangen. Sie hätten Jahresabschlüsse gefälscht und Aufsichtsgremien getäuscht. Alle vorgesehenen Kontrollmechanismen hätten sie ignoriert, obwohl spätestens 2006 die verheerende Entwicklung absehbar gewesen sei, die 2007 in den Verkauf an die Landesbank Baden-Württemberg mündete.
    Verteidigungsversuche de Beklagten
    Niemand habe die Finanzkrise voraussehen können, ließen die Beklagten erklären, stets hätten sie nach bestem Wissen agiert, die Art des Investments seien durch das Bundesamt für Finanzwesen abgesichert und durch Wirtschafsprüfer bestätigt gewesen. Anwältin Barbara Livonius vertritt Ex-Vorstandschef Herbert Süß:
    "Könne Sie sich einen Geschäftsleiter vorstellen, der sein Heil darin sucht, sein eigenes Unternehmen in den Ruin zu führe? Und das noch als Angestellter? Und bei Herrn Süß noch mit der Besonderheit, dass er eigentlich schon im Rentenalter war. Er hat sich aufgeopfert. Und er soll das Risto in Kauf nehmen? Ist für mich absurd!
    Sie können das andere Adjektiv verwenden, das der Freistaat Sachsen in den Zivilverfahren genutzt hat. Abwegig, ist dasselbe."
    Zivilrechtlich haben sich die Angeklagten bereits mit dem Freistaat geeinigt. Anders als im Zivilrecht muss im Strafrecht den Angeklagten bei Untreue ein Vorsatz nachgewiesen werden, an bisher 42 angesetzten Prozesstagen wird das Gericht nun versuchen, dies zu klären.
    Hoher Aufwand der Staatsanwaltschaft
    Für eine Aussage stand vom Gericht heute niemand zur Verfügung. Allein die lange Vorbereitungszeit auf den Prozess zeigt, welchen Aufwand die Staatsanwaltschaft betreibt, um doch noch strafrechtliche Konsequenzen aus dem Sachsen-LB-Skandal zu ziehen, der das Land mehrere hundert Millionen Euro gekostet hat und auch den Rücktritt eines Ministerpräsidenten zur Folge.
    Ein Prozess gegen einen anderen ehemaligen Sachsen-LB-Vorstand war aufgrund eines Formfehlers geplatzt. Eine Staatsanwältin hatte es versäumt, eine Rechtsbeschwerde persönlich zu unterschreiben. Strafrechtlich belangt ist so bisher kein ehemaliger Vorstand, mit den meisten hat sich das Land Sachsen zivilrechtlich geeinigt. Und auch für die 2007 in höchster Not mit der Landesbank Baden-Württemberg fusionierte Sachsen LB bürgt das Land noch bis ins Jahr 2019 mit 2,75 Euro. Bisher hat der Freistaat 1,4 Milliarden Euro gezahlt.