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Sagen & Meinen
Warum Friedrich Merz kein "Oppositionsführer" ist

Als Friedrich Merz zum Vorsitzenden der Unionsfraktion gewählt wurde, kürten ihn viele Medien zum „Oppositionsführer“. Dabei gibt es diesen Begriff gar nicht offiziell – und er führe in die Irre, findet Stefan Fries.

Von Stefan Fries | 15.02.2022
Friedrich Merz, CDU-Bundesvorsitzender, spricht vor seiner Wahl beim Bundesparteitag der CDU im Konrad-Adenauer-Haus. Beim 34. Parteitag der CDU wurde Merz als neuer Bundesvorsitzender gewählt.
Viele Medien bezeichnen Friedrich Merz als "Oppositionsführer" (picture alliance/dpa/Michael Kappeler)
Wenn Medien über den Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion berichten, nennen sie ihn gerne „Oppositionsführer“. Dabei führt er gar nicht die Opposition, sondern nur seine eigene Fraktion. Diese Bezeichnung ist irreführend, auch weil sich die Union besonders von den beiden anderen Oppositionsparteien AfD und Die Linke abgrenzen will. Die Parteien in der Opposition betreiben also gar keine gemeinsame Politik.

Kein Begriff aus dem Grundgesetz


Den Begriff „Oppositionsführer“ gibt es offiziell nicht. Er taucht weder im Grundgesetz noch in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestags auf, nur in der Verfassung von Schleswig-Holstein. Er ist vermutlich aus Regierungssystemen wie dem britischen abgeleitet, wo der oder die Oppositionsführerin besondere Rechte hat oder besser bezahlt wird.
07.05.2019, Berlin: Ein Schild mit der Aufschrift "BlaBla Ende" steht auf der Tincon, dem Festival für Jugendkultur, im Rahmen der Internetkonferenz "re:publica". Die Konferenz der Netzszene findet noch bis zum 08.05.2019 statt. Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa | Verwendung weltweit
07.05.2019, Berlin: Ein Schild mit der Aufschrift "BlaBla Ende" steht auf der Tincon, dem Festival für Jugendkultur, im Rahmen der Internetkonferenz "re:publica". Die Konferenz der Netzszene findet noch bis zum 08.05.2019 statt. Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa | Verwendung weltweit
Sagen & Meinen - Der Sprachcheck
Viel zu oft setzen sich fragwürdige Begriffe und Euphemismen in Medien fest, zum Beispiel das „Gute-Kita-Gesetz“, das „Familiendrama“ oder der „Lockdown“. Solche Formulierungen hinterfragen wir in der Reihe „Sagen & Meinen – der Sprachcheck“

Besser: Vorsitzender der größten Oppositionsfraktion

Wo es wie in autoritär regierten Ländern keine institutionalisierte Opposition gibt, werden auch außerparlamentarische Personen als Oppositionsführer bezeichnet, etwa in Russland Alexej Nawalny. In diesem übertragenen Sinne ist eine solche Bezeichnung auch okay, für den Chef oder die Chefin einer Bundestagsfraktion geht der Begriff aber zu weit.

Medien können ihn einfach vermeiden, indem sie stattdessen vom Vorsitzenden der größten Oppositionsfraktion sprechen.