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Sagen & Meinen
Über unrechtmäßige Polizeigewalt reden - aber präzise

Der Begriff "Polizeigewalt" wird meist im Zusammenhang mit unrechtmäßiger Gewalt verwendet - ist aber nicht ganz zutreffend. Denn Polizistinnen und Polizisten dürfen laut Gesetz Gewalt anwenden – in bestimmten Situationen und auf bestimmte Art und Weise.

Von Stefan Fries | 18.08.2020
Zwei Bundespolizisten in der Rückansicht
Der Vorwurf von "Polizeigewalt" darf nicht dazu führen, das Handeln von Polizisten grundsätzlich zu delegitimieren, meint Stefan Fries (picture alliance / Andreas Gora)
Wenn von "Polizeigewalt" die Rede ist, dann wird normalerweise Polizisten vorgeworfen, übermäßige Gewalt gegen Menschen angewendet zu haben.
Der Begriff "Polizeigewalt" ist dabei erst mal grundsätzlich richtig. Denn Polizistinnen und Polizisten üben das Gewaltmonopol des Staates aus, sie dürfen laut Gesetz Gewalt anwenden – in bestimmten Situationen und auf bestimmte Art und Weise. Man spricht dann von "unmittelbarem Zwang", also wenn polizeiliche Maßnahmen auf anderem Weg nicht durchgesetzt werden können.
Der richtige Vorwurf
Was Kritiker in den konkreten Fällen aber meinen, ist nicht "Polizeigewalt" an sich – sie meinen übertriebene Polizeigewalt, unzulässige, unrechtmäßige, rechtswidrige, illegale Polizeigewalt – man kann auch von Übergriffen sprechen.
Sagen & Meinen: Der Sprachcheck
Viel zu oft setzen sich fragwürdige Begriffe in Medien fest, zum Beispiel das "Gute-Kita-Gesetz" oder der "Lockdown". Solche Formulierungen hinterfragen wir in der Reihe "Sagen & Meinen".
Über die muss geredet werden – und zwar präzise. Denn der Vorwurf von "Polizeigewalt" darf nicht dazu führen, das Handeln von Polizisten grundsätzlich zu delegitimieren und ihnen abzusprechen, Gewalt anzuwenden. Das müssen sie nämlich, um Recht durchzusetzen. Aber wenn sie dabei selbst Recht verletzen, müssen sie dafür auch kritisiert und belangt werden – und zwar mit dem richtigen Vorwurf.
Wenn Medien über Vorwürfe von "Polizeigewalt" sprechen, reicht das nicht aus – deutlicher ist es, wenn sie betonen, dass es um Fälle geht, die nicht vom Gesetz gedeckt sind.