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Sahra Wagenknecht
"Die Riester-Rente macht nur Versicherungen und Banken reich"

Die Fraktionschefin der Linken im Bundestag, Sahra Wagenknecht, würde die Riester-Rente lieber heute als morgen loswerden. Im DLF sagte sie, für Riester werde öffentliches Geld verschleudert, um eine private Anlageform zu subventionieren, die nur die Versicherungsbranche und die Banken reich mache.

Sahra Wagenknecht im Gespräch mit Thielko Grieß | 23.04.2016
    Sahra Wagenknecht (Die Linke) hält eine Rede im Bundestag.
    Sahra Wagenknecht (Die Linke) hält eine Rede im Bundestag. (AFP - Steffi Loos)
    Kein gutes Haar lässt die Co-Chefin der größten Oppositionspartei im Bundestag an den Bemühungen der übrigen Parteien um die Rente. Sie hätten die gesetzliche Rente bewusst kaputt gemacht, um private Anlageformen wie Riester zu fördern, sagte Sahra Wagenknecht im Deutschlandfunk. Riester sei vor allem Provisionsmacherei. Das, was die Versicherungs- und Finanzbranche daran verdiene, sei im Vergleich zu anderen Anlageformen besonders hoch. Deshalb, so ihr Hauptvorwurf, würde für Riester öffentliches Geld verschleudert, um etwas zu subventionieren, von dem ausgerechnet die Versicherten nichts hätten. Wagenknecht führte aus, man müsse ein biblisches Alter von 90 Jahren erreichen, um wenigsten seine Beiträge zurückzubekommen. Hinzu komme die Null-Zins-Politik der Europäischen Zentralbank. Diese mache es faktisch unmöglich, eine ordentliche Rendite anzusparen, weil es ja gar keine Rendite mehr gebe.
    Die Linken-Fraktionschefin fordert daher einen anderen Weg: Eine Rentenreform müsse auf die Wiederherstellung der gesetzlichen Rente hinauslaufen. Die Rentenkürzungen der vergangenen Jahre müssten zurückgenommen werden. Die Beiträge, die in die Riester-Rente gesteckt würden, sollten besser in die gesetzliche Rente investiert werden. Die anderen Parteien machten das Gegenteil einer Bekämpfung von Altersarmut. In diesem Kontext lehnte sie auch den jüngsten Vorstoß von Bundesfinanzminister Schäuble zur Anhebung des Renteneintrittsalters auf 70 Jahre kategorisch ab.

    Das Interview in voller Länge:
    Thielko Grieß: Horst Seehofer hält die Riester-Rente für gescheitert, Sigmar Gabriel will die Rentenpolitik zum Wahlkampfthema machen, Wolfgang Schäuble das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung koppeln, also nach hinten verschieben. Die Rente und ihre Zukunft, sie sind zurück auf der Tagesordnung.
    Früher einmal galt in der Bundesrepublik der Konsens, dass Rente ein generationsübergreifendes Thema ist, das sich für reine Parteipolitik und nur für Wahlkämpfe auch nicht so recht eignet. Man findet besser einen übergreifenden Konsens, damit der möglichst lange hält. Die Kanzlerin will es weiter so halten, will das Thema nicht im Wahlkampf sehen.
    Ich bin jetzt verbunden am Telefon mit Sahra Wagenknecht, der Ko-Fraktionschefin der Linken im Bundestag. Frau Wagenknecht, guten Morgen!
    Sahra Wagenknecht: Guten Morgen!
    Grieß: Zieht Die Linke nun auch in einen Rentenwahlkampf?
    Wagenknecht: Also ich finde es ziemlich billig, zu versuchen, jetzt das Rententhema als Wahlkampfthema zu instrumentalisieren. Und noch billiger ist es, wenn das Leute tun, die selber daran beteiligt waren, die gesetzliche Rente zu zerstören.
    Wagenknecht: 35 Beitragsjahre für Rente in Höhe der Grundsicherung
    Weil das ist ja ein ganz existenzielles Thema, und natürlich ist hier dringender politischer Handlungsbedarf. Wir haben durch die ganzen Rentenkürzungen der letzten Jahre jetzt eine Situation, dass im Grunde auch ein Durchschnittsverdiener davon ausgehen muss, dass er im Alter arm ist.
    Also man braucht heute 35 Beitragsjahre als Durchschnittsverdiener, um überhaupt ein Rentenniveau auf dem Niveau der Grundsicherung zu verdienen. Und erst, wenn man dann länger einzahlt, bekommt man eine höhere Rente. Das ist ein absoluter Skandal.
    Grieß: Wenn es Ihnen recht ist, schauen wir gleich noch auf die Details und auf das, was Sie für einen Skandal halten, Frau Wagenknecht. Noch mal die Frage: Mit Ihnen gäbe es keine Chance auf einen überparteilichen Konsens? Das Rentensystem ist ja derart kompliziert, dass man sich in ganz aller Ruhe und großer Sachlichkeit erst einmal auch einigen Detailfragen widmen könnte.
    Wagenknecht: Wir sind gern beteiligt an einem Konsens, wenn er darin besteht, dass die gesetzliche Rente wiederhergestellt wird, also dass die Kürzungen zurückgenommen werden, dass es endlich aufhören muss, dass öffentliches Geld dafür verschleudert wird, dass Riester-Verträge subventioniert werden, die nur die Versicherungsbranche und die Banken reich machen und den Versicherten, also denen, die die Riester-Verträge abschließen, überhaupt nichts bringen, weil die Provisionen gigantisch sind.
    Die ganzen öffentlichen Förderungen gehen ja in die Provisionen. Also, wenn eine Rentenreform darauf hinausliefe, wirklich Altersarmut zu bekämpfen, sind wir gern dabei. Nur, die anderen Parteien machen seit Jahren das Gegenteil.
    Grieß: Wenn Sie nun sagen, die Förderung, die steuerliche Förderung von Riester-Verträgen, damit sind wir bei einem Detail, Frau Wagenknecht, gingen ausschließlich an die Versicherungen und die Konzerne, dann stimmt das so nicht. Woher nehmen Sie diese Behauptung.
    "Biblisches Alter von 90, damit sich Riester rentiert"
    Wagenknecht: Doch. Es haben ja viele Studien belegt, dass die Provisionen bei den Riester-Verträgen besonders hoch sind. Das heißt, die annähernd 30 Milliarden, die bisher an Förderung geflossen sind in diese Verträge, werden überwiegend von den Anbietern aufgesogen, und wir haben eine Situation, dass man schon ein wirklich biblisches Alter von 90 und mehr erreichen muss, um wenigstens seine eingezahlten Beiträge zurückzubekommen.
    Das heißt, das sind sehr unvorteilhafte Anlageformen. Und ich werfe auch der Politik vor, also das war ja damals die SPD und die Grünen...
    Grieß: Nun könnte man herangehen, Frau Wagenknecht und diese Regeln, diese Bedingungen verändern. Warum muss man gleich die ganze Riester-Rente, diese kapitalgedeckte Säule, kippen?
    Wagenknecht: Also zum einen war es natürlich ein riesiges Versäumnis, dass sie damals nicht – das waren ja SPD und Grüne, die das eingeführt haben –, nicht wenigstens Regeln gesetzt haben, die die Provisionsmacherei begrenzen, das ist richtig.
    Folgen der Nullzinspolitik der EZB
    Nur, das Problem ist auch ohne Provision, inzwischen ist durch die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank auf diesem Wege faktisch keine ordentliche Rente mehr anzusparen, weil es ja einfach keine Rendite mehr gibt.
    Grieß: Das war aber nicht abzusehen vor 15 Jahren.
    Wagenknecht: Es war abzusehen, dass die Finanzmärkte natürlich extrem unsicherer sind und dass es völlig unkalkulierbar ist, welche Erwartungen man tatsächlich mit dieser Rente verbinden kann. Aber die Politik hat damals den Leuten erzählt, das seien also tolle Anlageformen und man würde ganz viel rauskriegen.
    Und faktisch war es so, dass das ein Projekt war, das eben vor allem die Versicherungsbranche, die Finanzbranche auch sehr gefordert hat, weil das natürlich für sie ein goldenes Geschäftsmodell ist.
    Und das finde ich wirklich hundsmiserabel, wenn Politik sich von Lobbyvertretern dann solche Projekte einreden lässt. Fakt ist doch, dass die Menschen diese vier Prozent ihres Einkommens, die sie in diese Verträge versenken, wesentlich besser anlegen könnten, wenn sie sie in die gesetzliche Rente investieren würden, und dann kämen vor allem bei der gesetzlichen Rente ja noch vier Prozent der Unternehmen dazu.
    "Man hat bewusst die gesetzliche Rente kaputt gemacht"
    Das heißt, es wäre ein viel höherer Betrag, der dann auch verfügbar wäre. Und deswegen sage ich, man hat bewusst die gesetzliche Rente kaputt gemacht, hat solche Anlageformen gefördert, und jetzt wundert man sich, dass die Altersarmut wächst und die Menschen verständlich Angst haben.
    Grieß: Frau Wagenknecht, das erhöht die Arbeitskosten, wenn Sie die Beiträge für die Rentenversicherung steigern. Dann steigt womöglich auch wieder die Arbeitslosigkeit, dann hätten wir dieselbe Situation wie vor 15, 20 Jahren.
    Wagenknecht: Nein, das ist ja auch wieder so eine Lüge, die immer wieder verbreitet wird, dass wenn also die Löhne um vier Prozent – das wären ja faktische Lohnkosten – steigen, dass dann sofort die Arbeitslosigkeit steigt.
    Wir haben in anderen europäischen Ländern auch bessere Rentensysteme und es gibt keine direkte Verbindung zwischen Arbeitslosenzahl und Rentensystem. Also, zum Beispiel in Österreich, das System hat eine deutlich bessere Absicherung im Alter. Das hat leicht höhere Beiträge. Trotzdem gibt es sozusagen keinen...
    Grieß: Da sind einige Prozentpunkte in Österreich, und der österreichische Steuerzahler, der Finanzminister muss einiges an Milliarden jedes Jahr zuschießen, so wie in Deutschland auch. Das trägt sich nicht von allein.
    Wagenknecht: Eben. Das ist doch in Deutschland auch so. Und ich meine, wir haben in Deutschland zum Beispiel in der Rente oder in der gesetzlichen Rente jetzt Leistungen wie die Mütterrente, wo es sich also grundsätzlich natürlich, wo es ganz normal wäre, das von Steuermitteln zu bezahlen.
    Geringverdiener können sich Riester nicht leisten
    Und damals wurde aber so entschieden, dass das aus den Beiträgen bezahlt wird. Natürlich muss es, wenn es versicherungsfremde Leistungen gibt, und solche Leistungen sind versicherungsfremd, auch eine öffentliche Förderung geben.
    Aber es ist doch viel besser, eine gesetzliche Rente, die unabhängig von den Finanzmärkten funktioniert, gesetzlich zu fördern, als eben eine private Rente wie die Riester-Rente, wo man am Ende überhaupt nicht weiß, was die Menschen davon bekommen und wo vor allem eben auch Geringverdiener ja gar nicht in der Lage sind, einzuzahlen. Das ist ja das zweite Problem der Riester-Rente.
    Grieß: Frau Wagenknecht, Sie und Ihre Partei plädieren dafür, das Rentenniveau insgesamt zu erhöhen. Warum sollten wir, sollte die junge Generation eine Generation noch weiter polstern, der es so gut geht wie nie in der Geschichte der Menschheit?
    Wagenknecht: Nein, also, das Rentenniveau ist ja abgesenkt worden. Es war mal bei 53 Prozent, also das ist so ein Referenzwert, das ist nicht direkt das Bruttoeinkommen.
    "Die junge Generation steht am schlechtesten da"
    Grieß: Ja, tatsächlich steigen die Renten aber.
    Wagenknecht: So. Und jetzt sind die Renten bei 48 Prozent, und sie sollen weiter steigen auf 43. Es sind gerade die Jungen, die das trifft, weil die Jungen eigentlich heute wissen, dass sie von der gesetzlichen Rente keine Sicherung im Alter mehr zu erwarten haben. Gleichzeitig haben sie kaum eine Chance auf private Sicherung auch jenseits der Riester-Verträge aufgrund der Nullzinspolitik. Das heißt, gerade die junge Generation steht am schlechtesten da.
    Grieß: Sie argumentieren mit Durchschnittszahlen, Frau Wagenknecht, tatsächlich, wenn es so weitergeht wie bisher, dann steigen die Renten aber voraussichtlich im Schnitt um zwei Prozent in jedem Jahr. Es mag ja sein, dass Durchschnittswerte sinken. Aber warum plädieren Sie dafür, dass das einer Generation zugutekommt, der es gut geht im Schnitt?
    "Wir haben steigende Rentenarmut."
    Wagenknecht: Nein, es geht der Rentengeneration, also der heutigen, immer noch besser als der künftigen, weil die Rente ja weiter sinken wird, aber wir haben ja steigende Rentenarmut. Wir haben ja immer mehr Menschen, die im Rentenalter einen Minijob machen, im schlimmsten Fall sogar irgendwelche Flaschen sammeln.
    Wir haben steigende Rentenarmut. Und bei den Rentnern sozusagen, die eine lange Erwerbsbiografie, bei den Rentnern, die auch schon länger in Rente sind, da gibt es auch noch ordentliche Renten, aber die werden immer weniger. Und jetzt ist doch die Frage, wollen wir diese Zerstörung der Rente und der gesetzlichen Rente weiter fortschreiten lassen? Wollen wir in Kauf nehmen, dass es in Zukunft wirklich in Größenordnungen Altersarmut gibt?
    Und ich habe ja die Zahl genannt: 35 Jahre muss man arbeiten, dann kriegt man sozusagen die Grundsicherung. Das heißt doch, man ist arm, weil von Grundsicherung kann man natürlich nicht ordentlich leben. Und wir hatten mal den Anspruch, dass die Rente den Lebensstandard sichern soll.
    Und ich finde, zu diesem Anspruch muss man zurückkehren, und man sollte das dann mit den entsprechenden Maßnahmen untersetzen. Es kann mir keiner erzählen, dass ein reiches Land wie Deutschland sich nicht leisten kann, dass Menschen, die ihr Leben lang hart gearbeitet haben, im Alter dann auch ordentlich leben. Das muss man sich leisten können, und das muss auch finanzierbar sein.
    Wagenknecht: Das Statistische Bundesamt hat dazu, zur Armut im Alter, jüngst eine Zahl vorgelegt, die nicht so hoch ausfiel. Drei Prozent der Deutschen über 65 Jahren beziehen die sogenannte Grundsicherung.
    Grieß: Ja, das sind diejenigen, die das beantragen, um ihre Rente aufzustocken. Aber die Armut misst man ja an ganz anderen Zahlen. Die Armut misst man daran, dass jemand weniger als 60 Prozent des sogenannten mittleren Einkommens hat.
    Und die Zahl der Rentner, die in diese Gruppe fallen, ist ja in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Und sie wird in Zukunft weiter ansteigen. Man versucht natürlich auch teilweise, die Öffentlichkeit hier mit falschen Zahlen auch in die Irre zu führen. Aber die Leute wissen es doch?
    Grieß: Ist das ein Vorwurf an die Statistiker?
    Wagenknecht: Wie bitte?
    Grieß: Ist das ein Vorwurf an die Statistiker?
    Wirkliche Armutsquote liegt bei fast 15 Prozent
    Wagenknecht: Nein, die Statistik hat natürlich eine Zahl veröffentlicht, die stimmt. Das ist die Zahl, die die sogenannte Grundsicherung betrifft. Da ist die Quote nach wie vor relativ gering, was aber auch damit zusammenhängt, dass die Menschen teilweise Scham haben, die entsprechend zu beantragen.
    "Die AfD will Steuern für Millionäre senken"
    Aber die andere Quote, die wirkliche Armutsquote, nämlich weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens, da ist die Zahl kontinuierlich seit 2009 gestiegen. Damals waren es elf Prozent, inzwischen sind es schon fast 15 Prozent, und es geht weiter nach oben. Also, natürlich steigt die Quote derer, die im Alter arm sind. Und das ist ja nach den ganzen Rentenkürzungen auch völlig logisch.
    Grieß: Frau Wagenknecht, Sie sehen sich an der Seite mit Horst Seehofer. Ein ungewohntes Gefühl?
    Wagenknecht: Na, ob ich an der Seite von Horst Seehofer bin, das wird man erst noch sehen. Ich meine, die CSU war an allen Rentenkürzungen beteiligt, sie hat dort immer zugestimmt. Also bisher ist die CSU nie dadurch aufgefallen, dass sie dort in irgendeiner Weise Opposition gemacht hat.
    Und jetzt muss man abwarten, ob das von Horst Seehofer wirklich nur ein billiges Wahlkampfmanöver ist, wo er ein Thema gefunden hat, das die Leute bewegt, und wo er meint, dass er da Punkte machen kann, oder ob es jetzt ernsthaft vonseiten der CSU Bestrebungen geben wird, auch über die Bundesregierung tatsächlich etwas zu ändern. Also da kann man gespannt warten. Wenn die wirklich was ändern, dann bin ich da gern an ihrer Seite, aber ich bin da noch etwas skeptisch.
    Grieß: An meiner Seite oder an der von der CSU?
    Wagenknecht: An der der CSU, wenn sie wirklich sozusagen etwas dagegen tun, dass immer mehr Menschen im Alter arm sind. Aber wie gesagt, bisher haben sie da nichts gemacht.
    Grieß: Oder ist es vielleicht so, Frau Wagenknecht, dass jetzt alle ein bisschen durchdrehen, weil die AfD sich das Thema vielleicht zunutze machen will?
    Wagenknecht: Na gut, die AfD hat bisher keinerlei Konzepte irgendwie die Rente für Normalverdiener zu verbessern. Im Gegenteil, die AfD will Steuern für Millionäre senken, sie will keine Vermögenssteuer, keine Erbschaftssteuer. Da ist eher noch weniger dann im öffentlichen Budget, um ordentliche Renten zu finanzieren. Insoweit ist das sicherlich kein Thema der AfD.
    "In der Rente arbeiten, weil sie sich sonst nichts leisten können"
    Aber was jetzt Herrn Seehofer genau bewegt hat, interessiert mich eigentlich auch nicht besonders. Recht hat er damit, dass die Riester-Rente gescheitert ist, recht hat er, dass wir tatsächlich die Rentenkürzungen auf die Tagesordnung setzen müssen, dass sie nicht weitergehen.
    Aber wie gesagt, wenn ich dann höre, dass sein Kollege Herr Schäuble daraus den Schluss zieht, dass wir jetzt sozusagen den Leuten zumuten sollen, dann bis 70 zu arbeiten, dann muss ich sagen, die Konzepte, die da vertreten werden, die gehen ja offensichtlich in die genau falsche Richtung.
    Grieß: Warum eigentlich, und damit kommen wir langsam zum Ende, Frau Wagenknecht, warum eigentlich sollen Menschen nicht flexibel länger arbeiten dürfen, wenn viele Menschen immer älter werden?
    Wagenknecht: Dass Menschen flexibel länger arbeiten dürfen, ist eine ganz andere Frage als eine Rente mit 70, die eben bedeutet, dass alle, die nicht bis 70 arbeiten, Abschläge bekommen. Es gibt ja heute schon Formen auch des flexiblen Übergangs. Die Frage ist eben, macht das einer, weil er wirklich noch so fit ist, weil er sich in einem bestimmten Bereich noch einbringen will, oder machen das Menschen, weil sie eben schlicht keine Rente haben, von der sie leben können.
    Und das Letztere, das muss man ausschließen, dass Menschen immer länger malochen, weil sie einfach von ihrer Rente ihre elementaren Ausgaben wie Miete, Strom und vieles andere nicht bezahlen können. Und das ist etwas, was wir heute schon haben, dass Menschen eben im Alter auch in der Rente noch arbeiten. Aber nicht aus Freude an der Arbeit, sondern wirklich nur, weil sie sich sonst nichts mehr leisten können.
    Grieß: Sahra Wagenknecht, Ko-Fraktionschefin der Linken im Deutschen Bundestag, zur Rentendebatte. Frau Wagenknecht, danke für das Gespräch heute Morgen!
    Wagenknecht: Sehr gern!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.