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SAP bald nur noch mit Einzelspitze

Zur Hauptversammlung 2014 wird sich Co-Vorstand Jim Hagemann Snabe in den Aufsichtsrat zurückziehen. Der überraschend verkündete Abgang habe persönliche Gründe. Künftig wird SAP allein von Bill McDermott geleitet.

Von Michael Braun | 22.07.2013
    Er wird im Herbst 48, und da sei es jetzt Zeit, mehr Zeit mit der Familie zu verbringen. Nun gut, Jim Hagemann Snabe ist Däne, vielleicht nervt es auch ihn wirklich, in Walldorf zu arbeiten und die Familie in Kopenhagen zu wissen. Und doch nehmen Analysten SAP die Begründung für Hagemann Snabes Rückzug von der Co-Vorstandsspitze nicht ganz ab. Heinz Steffen von der bankunabhängigen Gesellschaft fairesearch:

    "Generell kann man sagen: Persönliche Gründe spielen bei dieser Art der Entscheidung eigentlich eine untergeordnete Rolle. Und von daher glauben wird nicht, dass es wirklich persönliche Gründe sind."

    SAP hat Erfahrungen mit Doppelspitzen: Hasso Plattner hatte mit Henning Kagermann das Unternehmen geführt, dann Kagermann mit Leo Apotheker, bevor der allein übernahmen und vor allem wegen seines ruppigen Umgangstons mit Mitarbeiten scheiterte. 2010 also die Rückkehr zur Doppelspitze aus Jim Hagemann Snabe und dem Amerikaner Bill McDermott. Sie hätten es nicht schlecht gemacht, meint Steffen:

    "Das Asiengeschäft war ja relativ schwach. Draus hätte man vielleicht Konsequenzen ableiten können. Das glauben wir aber nicht, da beide für diese Bereiche nicht zuständig waren. Im Gegenteil: Seit 2010 haben beiden eigentlich sehr gut harmoniert, sind mittlerweile dreieinhalb Jahre als Co-CEOs tätig gewesen. Und ich glaube, sie haben eigentlich einen sehr guten Job gemacht."

    Bei SAP mag sich die Stimmung beruhigt haben durch die Doppelspitze, die auf den raubeinigen Leo Apotheker folgte. Die Deutsche Bank griff zuletzt zu einem Führungsduo, weil der vorige Amtsinhaber, Josef Ackermann, seinen Wunschkandidaten als Nachfolger nicht durchsetzen konnte, es aber die Rollen "Gewinnorientierung" und "Verwurzelung im Heimatmarkt" zu besetzen galt. Helmuth Uder, Partner bei der Unternehmensberatung Towers Watson Deutschland, weiß, wann Unternehmen noch gern zu Doppelspitzen greifen:

    "Die meisten Auslöser sind Unternehmenszusammenschlüsse. Manchmal eben auch vorübergehende Lösungen, um unterschiedlichen Stakeholdern ein Signal zu geben, dass man versuchen will, unterschiedliche Kompetenzen, Fähigkeiten und Verhaltensweisen über einen bestimmten Zeitraum zu bündeln."

    Oft seien diese Co-Konstruktionen schon von Beginn an auf Zeit angelegt, weil alle Beteiligten um die dauerhaften Nachteile wüssten:

    "Nehmen Sie nur ein Beispiel: das Thema Kommunikation nach innen und nach außen. Es gibt manchmal eine Doppelspitze, der eine kümmert sich mehr um die Kommunikation nach innen, der andere mehr nach außen. Die Kommunikationsprofis wissen, dass da eine gewisse Durchgängigkeit sein muss. Insofern gibt es da eine Überlappung. Die ist halt relativ schwierig zu managen, insbesondere wenn Sie zwei Alphatiere haben."

    Das hat auch Analyst Steffen beobachtet, der wie andere seiner Branche, meint, in Unternehmen müsse letztlich einer das Sagen haben:

    "Es gibt einfach zu viele Themen, die abgestimmt werden müssen untereinander, mit welcher Stimme spricht man nach draußen. Auf Grund des großen Abstimmungsbedarfes macht es einfach keinen Sinn, eine Doppelspitze zu haben. Man muss auch sehen, dass die Entscheidung dann aus unserer Sicht auch wesentlich schneller erfolgen kann, wenn man als alleiniger Vorstand für diese Entscheidung auch verantwortlich sein wird."

    Auch Towers Watson-Partner Uder hält – von Übergangsphasen abgesehen - letztlich nicht viel von einer geteilten Unternehmensführung:

    "…, dass eigentlich Doppelspitzen nie richtig gut funktionieren, aber dennoch eine Daseinsberechtigung haben für einen bestimmen Zeitraum."

    Was bei SAP auch nicht funktioniert: die Beachtung des sogenannten Corporate Governance Codexes. Danach gehört es sich nicht, ausscheidende Vorstände sofort in den Aufsichtsrat zu wählen. Darüber setzt sich SAP hinweg. Aber vielleicht nur für zwei Jahre. 2015 wird SAP vermutlich von einer "AG" zur Rechtsform der "SE" wechseln. Dann schmilzt der Aufsichtsrat um ein Viertel auf zwölf Mitglieder zusammen. Dann könnte Jim Hagemann Snabe bei SAP ganz ausscheiden. Oder den Gründer Hasso Plattner als Aufsichtsratschef ablösen.