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Satellit "Aeolus"
Ein Windmesser im All

Vor einem halben Jahr hat die Europäische Raumfahrtbehörde ESA einen neuen Erdbeobachtungssatelliten gestartet. "Aeolus" heißt er und soll etwas machen, wozu noch kein Satellit vorher in der Lage war: Winde aus dem All messen - und das in jedem Winkel der Erde.

Von Volker Mrasek | 25.02.2019
Der Wind-Satellit Aeolus wurde von einer Vega-Rakete ins All gebracht. Hier ist die Trennung des Satelliten von der Rakete abgebildet.
Der Wind-Satellit Aeolus wurde von einer Vega-Rakete ins All gebracht. (ESA )
Rune Floberghagen ist Missionsmanager von Aeolus. Doch der norwegische Physiker begeistert sich vor allem für Aladin. So heißt das neu entwickelte Instrument an Bord des Satelliten - ein besonders leistungsstarker und robuster Laser, auch "Lidar" genannt:
"Die Messungen grenzen schon an Science Fiction! Der Satellit schickt einen Laserpuls Richtung Erde, und Luftmoleküle mehrere hundert Kilometer tiefer reflektieren das Signal. Dadurch landet es wieder im Teleskop des Satelliten, und aus den Daten können wir tatsächlich die Geschwindigkeit von Winden an der Erdoberfläche ableiten. Die Messungen sind absolut phantastisch!"
Fünf Jahre Vorbereitung hatte die Europäische Raumfahrtbehörde ESA für die Mission ursprünglich eingeplant. Am Ende wurden 14 daraus! Denn der Bau des Lasers gestaltete sich viel schwieriger als ursprünglich gedacht.
14 Mal am Tag um die Erde
Doch offenbar hat sich das lange Warten gelohnt. Die viermonatige Testphase im All ist inzwischen vorüber, und das Europäische Zentrum für Mittelfristige Wettervorhersagen in England hat bereits eines seiner Modelle probeweise mit Aeolus-Daten gefüttert. Erfolgreich, wie es heißt. Ende März steht nun das erste Treffen der künftigen Nutzer auf dem Programm. Das sind in erster Linie Wetterdienste. Auch der DWD, der deutsche:
"Die haben auch ihre Wettermodelle vorbereitet, so dass sie sofort, wenn die Daten von uns kommen, dass sie die direkt benutzen können in ihrer Wettervorhersage", sagt Anne Staumer Lindner, Wissenschaftliche Leiterin der Mission bei der ESA.
Einen Nutzen versprächen sich die Wetterdienste vor allem für ihre mittelfristigen Prognosen über mehrere Tage und Wochen, so die norwegische Meteorologin: "Und die erhoffen sich auch viele neue Daten, die die Wettervorhersage in Deutschland verbessern können."
Aeolus fliegt auf einer polaren Umlaufbahn in rund 320 Kilometern Höhe. 14 Mal am Tag umrundet der Satellit die Erde in dünnen Streifen. Sieben Tage braucht er, um die Atmosphäre einmal komplett abzulichten. Aeolus erfasst also Luftströmungen auf dem ganzen Globus. Darin liegt der besondere Nutzen der neuen Mission.
Der spanische Physiker Juan Pineiro aus dem Europäischen Satelliten-Kontrollzentrum in Darmstadt: "Es ist eine sehr nützliche Mission! Wenn man sich auf der Weltkarte anschaut, wo Wind überall gemessen wird, sei es vom Ballon aus, von Schiffen oder von Flugzeugen - dann sind das nur sehr wenige Gebiete. Einen Satelliten im All zu haben, der Winde auf der ganzen Welt misst, ist da schon ein großer Fortschritt!"
Nicht klar, wie gut die Daten von Aeolus sein werden
ESA-Experten und Wetterdienste müssen sich aber noch immer in Geduld üben. Aeolus ist zwar jetzt schon ein halbes Jahr lang im Einsatz. Alle Systeme an Bord funktionieren. Doch wie gut die Daten aus dem All tatsächlich sind - diese Qualitätsprüfung wird laut Anne Staume Lindner noch das ganze Jahr lang dauern:
"Es gibt die Wetterzentren in den USA, in China, Japan, in Australien. Die werden alle die Daten benutzen. Und wenn die alle sagen: Das hier sind sehr interessante Daten, die die Wettervorhersage deutlich verbessern, dann werden die ganzen Raumfahrtagenturen gucken, ob das Satelliten sind, die man in der Zukunft operationell haben sollte."
Denn auch diese Idee steckt hinter dem Projekt: Wenn sich Aeolus bewährt, soll er nicht der einzige Windwächter im All bleiben. "Wenn wir zwei, drei, vier Satelliten in einen Orbit bringen von der Art von Aeolus und die sogar in verschiedene Richtungen gucken werden, dann erwarten sich die meteorologischen Institute auch einen sehr großen Impact" - also einen großen Fortschritt.
Heute habe die 7-Tage-Vorhersage für Europa eine Trefferquote von 80 Prozent. Aeolus und seine globalen Windmessungen sollen helfen, sie noch genauer zu machen.