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Satiriker Dieudonné
Streit um Auftrittsverbot

Der Satiriker Dieudonné sorgt mit seinen antisemitischen Äußerungen und dem umfunktionierten Hitlergruß für Streit in Frankreich. Die juristischen Auseinandersetzungen um seine Auftritte werden von seinen Fans genau verfolgt. Die Politik will keine Fehler machen – eine schwierige Aufgabe.

Von Ursula Welter |
    Der umstrittene französische Komiker Dieudonné
    Der umstrittene französische Komiker Dieudonné (dpa / picture alliance)
    Der Innenminister sagt: "Es ist vorbei." Nicht, weil er an das Ende der juristischen Auseinandersetzungen glaubt, denn die gehen weiter. Die erfahrenen Anwälte des umstrittenen Alleinunterhalters "Dieudonné", zu deutsch des "Gottgegebenen“, sind rege und wild entschlossen, ihrem Mandanten aus der Patsche zu helfen.
    Auch sind die Finanzbehörden mit dem Fall weiterhin befasst, denn der "Komiker" war in der Vergangenheit mehrfach wegen antisemitischer und rassistischer Äußerungen verurteilt worden, Geldstrafen von mehr als 60.000 Euro aber schuldig geblieben.
    "Dieudonné M’bala M’bala“, wie er sich nennt, rechnet die Erträge seines verzweigten Wirtschaftsnetzes offenbar klein, auch den iranischen und afrikanischen Einfluss auf seine Geschäfte. Viele offene Fragen also, auch weiterhin.
    Der Minister freute sich also nicht über das Ende der Schlacht vor Gericht. Er freute sich vielmehr, weil er vermutet, dass "Dieudonné" bald keine Bühne mehr finden werde, dass diese Art von Humor ein Ende habe.
    Aber der Kultstatus des Künstlers ist in den Wochen der Verbotsdebatte noch gewachsen. Der zweifelhafte Teil seines Publikums hält den verkappten Hitlergruß in die vielen Kameras, die nun aufgebaut sind, und ruft zu Ehren des Erfinders der Geste "Quenelle":
    Andere schimpfen auf "das System" und die "Elite", die die Auftritte verhindert hätten. Das Vokabular des rechtsextremen "Front National". Dessen Chefin, Marine Le Pen, schlug sich deshalb auch nicht zufällig auf die Seite der Kritiker und machte eine "tiefgreifende Veränderung der Rechtsordnung" aus:
    Das französische Gesetz könne nach einer Veranstaltung urteilen, ob der Inhalt antisemitisch sei oder nicht, aber nicht im Vorhinein, das sei "Zensur", sagte Frau Le Pen.
    Ein Präzedenzfall für Frankreich
    Der Meinung waren vor ihr schon andere gewesen, auch der Sozialist und frühere Kulturminister, Jacques Lang, hatte gewarnt. Anders als seine Nachfolgerin im Amt, Aurélie Filippetti.
    "Man kann sich nicht hinter künstlerischer Freiheit verstecken, wenn es tatsächlich um ein politisches Meeting geht, die Meinungsfreiheit endet, wo die Leugnung der Shoah beginnt."
    War das also Zensur, Einschränkung der Meinungsfreiheit, ein auffallend schnelles Urteil des Staatsrates, nachdem er vom Minister angerufen worden war? "Nein", sagt der Anwalt am Obersten Verwaltungsgericht, Patrice Spinosi, das war eine regelgerechte Eilentscheidung. Der Hinweis auf die drohende "Verletzung der Menschenwürde", durch die geplanten Auftritte des Alleinunterhalters, werde Bestand haben:
    "Dieser Entscheidung werden alle Verwaltungsgerichte folgen", sagt der Anwalt.
    Der einzige Einspruch, auf den Dieudonné noch hoffen könne, sei der vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Aber dieses Verfahren könne Jahre dauern. Seinen Fans bietet der "Kabarettist" nun das Internet als Plattform an.
    Was wiederum vom rechtsextremen "Front National" begrüßt wird. Marine Le Pen sagte heute noch einmal, dass sie grenzenlose Freiheit im Netz zu Ihrem Wahlkampfschlager 2014 machen werde.
    Dass der Arm der Demokratie da schon deutlich kürzer ist, räumt die Kulturministerin ein. Gegen das millionenfache Interesse auch an zweifelhaften Inhalten und Sketchen von "Dieudonné" und anderen seiner Art sei bislang wenig zu machen:
    "Denn die Seiten sind meist nicht in Frankreich angesiedelt, das ist schwer zu regulieren."
    Sie habe das Thema in Brüssel aber auf die Tagesordnung gesetzt, sagt Filippetti.
    Die Fans des gestoppten "Komikers", die ihre Tickets bereits gekauft hatten und aus allen Schichten und Altersgruppen kommen, interessiert aber nicht, was der Staat meint:
    "Wir können alleine denken, wir brauchen keine Regierung, die uns sagt, was gut oder schlecht ist."