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Saubere Luft für Europas Städte

Die Luft in Europas Städten soll sauberer werden. Vor allem Feinstaub belastet die Gesundheit vieler Bürger, Atemwegserkrankungen können die Folge sein. Die EU sammelt Konzepte dagegen bei der "European Green Week" - wo eine Stadt bei der Klimafreundlichkeit herausragt.

Von Eva Raisig | 07.06.2013
    Letztes Jahr war es Wasser, dieses Jahr ist Luft das große Thema der Green Week – und das aus gutem Grund. Denn in vielen europäischen Städten ist die Luft alles andere als sauber, nicht selten werden die festgelegten Grenzwerte für Stickstoffdioxid oder Feinstaub überschritten. Gleichzeitig, so erläutert EU-Umweltkommissar Janez Potocnik, geht es hier aber auch um die langfristige Vorsorge.

    "Es ist sehr viel besser, vorzubeugen, statt zu heilen. Denn wenn du erst heilen musst, sind zwei Sachen sicher. Erstens: Heilung ist sehr viel teuer als Krankheit vorzubeugen. Und zweitens: Du bist krank. Wer will das schon?"

    Nicht nur bildlich, sondern auch tatsächlich macht viele Stadtbewohner die schlechte Luft krank. Drei von vier Europäern leben mittlerweile in der Stadt, ein Großteil der Schadstoffemissionen wird dem urbanen Raum zugeschrieben. Studien belegen, dass allein die Luftverschmutzung durch Kohlekraftwerke EU-weit jährlich für mehr als 18.000 vorzeitige Todesfälle verantwortlich ist. Unternehmen beunruhigen außerdem die immensen Zusatzkosten krankheitsbedingter Ausfälle.

    Viele Städte und Kommunen versuchen daher Konzepte zu entwickeln, die Umweltschutz, nachhaltiges Wachstum und Lebensqualität insgesamt in Einklang bringen – allen voran die Umwelthauptstädte. Stockholm, Hamburg und Vitoria-Gasteiz haben diesen Titel schon gehabt, dieses Jahr ist es Nantes. Als erste französische Stadt hat Nantes vor 25 Jahren seine Straßenbahn wieder in Betrieb genommen und ein Verkehrskonzept vorgelegt, das sich für Radfahrer und den Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel einsetzt. Xavier Bares leitet das Team rund um die diesjährige Umwelthauptstadt.

    "Ich glaube, die lokalen Regierungen sind sich immer mehr ihrer Verantwortung bewusst und sind mehr und mehr dazu entschlossen, zu handeln und die Lösungen und Erfahrungen, die sich auf ihrem Gebiet entwickelt haben, umzusetzen."

    Diese Überzeugung findet auch Ausdruck in europäischen Initiativen wie dem "Konvent der Bürgermeister" oder "Eurocities", in denen Städte und Kommunen Pläne vorlegen, wie sie klimaschädliche Emissionen verringern und die Lebensqualität in den Städten verbessern können.

    Auch Charlotte Korsgaard setzt sich dafür ein. Sie ist die Leiterin der Umweltabteilung von Kopenhagen, das im nächsten Jahr den Titel der europäischen Umwelthauptstadt trägt. Überzeugt hat die Expertenjury vor allem das ausgefeilte Klimakonzept der dänischen Hauptstadt: Windräder wurden gebaut, öffentliche Verkehrsmittel klimafreundlich umgerüstet, Umweltzonen eingerichtet und Fahrradwege ausgebaut. In der Bevölkerung kommt das an. Zum Arbeits- oder Ausbildungsplatz radelt schon jetzt mehr als ein Drittel der Kopenhagener.

    "Unser Klimaplan ist schon etwas Besonderes. Einerseits, weil er sehr ambitioniert ist, er hat das Ziel, dass wir bis 2025 CO2-neutral sind. Es ist genau festgelegt, was getan werden muss und bezieht auch die Wirtschaft mit ein, also was wir als Stadt zahlen müssen, und wie andere daran teilhaben."

    Gerade der Konflikt zwischen wirtschaftlichen Interessen einerseits und ökologischen Überlegungen andererseits ist immer wieder ein Thema. Doch für EU-Umweltkommissar Potocnik gehört beides zusammen.

    "Ich glaube fest daran, dass, wenn wir Umwelt- und Wirtschaftspolitik verbinden, doppelt gewinnen. Wirtschaftspolitik würde sicherlich hinsichtlich neuer Wachstumsmöglichkeiten profitieren und die Umweltpolitik würde nicht in eine Glaubwürdigkeitskrise geraten, wie es im Moment im Finanzsektor der Fall ist."

    Diese Verbindung versuchen auch die vier Finalisten zu erreichen, die im Rennen um den Titel der "Grünen Hauptstadt 2015" übrig sind: Bristol, Glasgow, Ljubljana und Brüssel. Wer den Zuschlag der EU-Kommission am Ende bekommt, wird heute in einer Woche in Nantes bekannt gegeben.