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Umweltzonen sind "ein Schritt in die richtige Richtung"

Die Einrichtung von Umweltzonen ist eine wichtige Maßnahme zur Emissionsminderung, sagt Arno Graff vom Bundesumweltamt. Allerdings haben auch ungünstige Witterungsbedingungen wie im Jahr 2011 Einfluss auf die Feinstaubbelastung.

Arno Graff im Gespräch mit Georg Ehring | 11.01.2012
    Georg Ehring: Seit 2007 gibt es Umweltzonen in deutschen Städten. Sie sollen dafür sorgen, dass sich die Belastung mit gesundheitsgefährlichem Feinstaub in Grenzen hält. Vor allem Fahrer älterer Dieselautos dürfen seitdem nicht mehr in die betroffenen Innenstädte fahren. Zum Jahresanfang wurden die Regeln weiter verschärft und neue Umweltzonen wurden eingerichtet. Für die Autofahrer ist das eine erhebliche Belastung. Wer auf sein Fahrzeug angewiesen ist, musste sich vielleicht vorzeitig ein neues kaufen. Heute berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung", dass die Belastung mit Feinstaub trotzdem gewachsen ist. Dies hätten Zahlen des Umweltbundesamtes ergeben. – Am Telefon begrüße ich Arno Graff. Er ist der Experte für Feinstaub beim Bundesumweltamt. Guten Tag, Herr Graff.

    Arno Graff: Schönen guten Tag, Herr Ehring.

    Ehring: Herr Graff, gibt es heute wirklich mehr Feinstaub in den Städten als vor fünf Jahren?

    Graff: Als vor fünf Jahren nicht. Es ist eine höhere Belastung im Vergleich zum Vorjahr und zum vorletzten Jahr. Gemessen an den letzten zehn Jahren hat die Feinstaubbelastung abgenommen.

    Ehring: Sind die Umweltzonen damit erfolglos, oder haben sie einen Erfolg gebracht?

    Graff: Man muss grundsätzlich sagen, dass keine Emissionen auch keine Luftbelastung erzeugen. Mit anderen Worten: Jede Maßnahme, die zur Emissionsminderung führt – und dazu gehören auch die Umweltzonen -, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Was wir immer wieder erkennen ist, dass von Jahr zu Jahr auch die Witterung ihren Anteil an der Belastung hat, weil ungünstige Witterungsbedingungen auch eine negative Randbedingung sind für höhere Luftschadstoffbelastungen.

    Ehring: Wenn die Feinstaubbelastung also im Vergleich zwischen einzelnen Jahren gewachsen ist, liegt das wirklich am Wetter?

    Graff: Es gibt witterungsbedingte Einflüsse. Gleichwohl: ohne Emission keine Immission.

    Ehring: Und wie ist das jetzt insgesamt zu erklären? Ist die Witterung jetzt der Haupteinflussfaktor, oder woran liegt es vor allem?

    Graff: Nein, die Witterung ist nicht der Haupteinflussfaktor. Es gibt zahlreiche Emissionsminderungsmaßnahmen, dazu gehören auch die Umweltzonen, und dann wird dieses Problem der Feinstaubbelastung mit moduliert durch die meteorologischen Randbedingungen. Und wenn wir dann so ein Jahr hatten wie das Jahr 2011, mit relativ starken Feinstaubepisoden im Februar und März und die Episode im November, dann führt das dazu, dass auf die normal zu erwartende Belastung noch etwas heraufkommt, und das macht dann quasi diese zwischenjährliche Schwankung aus und kann auch dazu führen, dass die Belastung in einem Jahr höher ist als in einem Vorjahr, ohne dass man damit sagen kann, dass es einen ansteigenden Trend hätte.

    Ehring: Sie sprachen von einzelnen Episoden, zum Beispiel im November. Ist damit die Trockenheit gemeint?

    Graff: Das war im Grunde so eine Art winterliche Hochdruckwetterlage mit geringen Windgeschwindigkeiten und vor allen Dingen mit sehr niedrigen Inversionshöhen. Da handelt es sich um eine Temperaturumkehr. Die Temperatur nimmt mit der Höhe zu und das wirkt in der Atmosphäre wie ein Deckel und behindert die Schadstoffausbreitung in der Vertikalen, sodass der Raum, in dem sich die Schadstoffe entwickeln können oder ausbreiten können, relativ stark begrenzt ist. Dadurch führt dies temporär zu einer Akkumulation von Schadstoffen, von Feinstaub in dem konkreten Fall, und damit verbunden zu höheren Konzentrationswerten.

    Ehring: Wie groß ist denn der Anteil der Autos am Feinstaub in den Städten?

    Graff: Der Anteil der Autos? Vielleicht um es so zu sagen: Städtisch verkehrsnah werden die Grenzwertüberschreitungen weit überwiegend gemessen. Insofern: Ohne den Autoverkehr wäre die Überschreitung von Grenzwerten deutlich geringer, als sie heutzutage ist.

    Ehring: Sind die Umweltzonen denn aus Ihrer Sicht eine Erfolgsgeschichte?

    Graff: Ob sie eine Erfolgsgeschichte sind, vermag ich nicht zu sagen. Allerdings denke ich, in einer Situation, wo wir doch zahlreiche Grenzwertüberschreitungen haben, ist auch die Umweltzone eine Maßnahme, die man unbedingt braucht, weil jede Maßnahme, die zur Verringerung der Belastung führt, eine gute Maßnahme ist.

    Ehring: Wo kann man denn noch ansetzen? Gibt es weitere Wege, die Feinstaubbelastung zu senken?

    Graff: Ja. Ich denke, die Fortschreibung der Abgasstandards ist sicherlich ein wichtiger Punkt, also weiterhin ansetzen auch an den Emissionen des Kraftfahrzeugverkehrs. Fortschrittliche Kleinfeuerungsanlagen, also bei der Holzverbrennung zum Beispiel, die dann auch entsprechend geringe Feinstaubemissionen zur Folge haben, das ist auch ein wichtiger Punkt. Und viele wissen es: Feinstaub entsteht auch durch sekundäre Bildung, also durch Vorläuferstoffe, nämlich so etwas wie Schwefeldioxid, flüchtige Kohlenwasserstoffe, Stickstoffoxide und durch Ammoniak. Zum Beispiel wäre ein ganz wichtiger Punkt, auch die Ammoniakemissionen der Landwirtschaft zu verringern.

    Ehring: Herzlichen Dank! – Das war Arno Graff vom Umweltbundesamt. Wir sprachen über Feinstaub in deutschen Städten.


    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.