Freitag, 19. April 2024

Archiv

Saure Ozeane
Korallen widerstandsfähiger als gedacht

Die Ozeane werdem durch die Aufnahme von Kohlendioxid in den nächsten Jahrzehnten immer saurer - eine Herausforderung für Korallen. Denn die können in einer sehr sauren Umgebung nicht überleben. Nun haben US-amerikanische Wissenschaftler im Westpazifik jedoch Korallenriffe entdeckt, die sich sehr gut an den niedrigen pH-Wert angepasst haben.

Von Tomma Schröder | 08.06.2015
    Korallen im Great Barrier Reef (Australien)
    Sogar unter sauren Bedingungen haben die Korallen jede Farbe des Regenbogens, von Taublenblau bis zum leuchtenden Rot oder Orange. (picture alliance / dpa - AUSTRALIAN INSTITUTE OF MARINE )
    Wenn die Ozeane durch die Aufnahme von Kohlendioxid in den nächsten Jahrzehnten immer saurer werden, könnte es für eines der wichtigsten Ökosysteme im Meer eng werden: Korallen, so haben bereits unzählige Studien gezeigt, können in einer sehr sauren Umgebung nicht überleben. Und doch haben amerikanische Wissenschaftler im Westpazifik Korallenriffe entdeckt, die sich anscheinend sehr gut an den dort vorherrschenden niedrigen pH-Wert angepasst haben.
    Palmen, weißer Sandstrand, türkis funkelndes Wasser - der Südseestaat Palau sieht schon auf den ersten Blick verlockend aus. Doch der eigentliche Schatz der Inselgruppe liegt unter Wasser, schimmert in den unterschiedlichsten Farben und dürfte der Theorie zufolge eigentlich gar nicht existieren:
    "Es ist diese unglaubliche Vielfalt, die einen überwältigt. Diese fantastischen Farben und das vibrierende Leben dort. Sogar unter diesen sauren Bedingungen haben die Korallen jede Farbe des Regenbogens, von Taublenblau bis zum leuchtenden Rot oder Orange. Wir haben tatsächlich die ersten Korallenriffe gefunden, denen es anscheinend auch bei einem niedrigen pH-Wert im Wasser gut geht. Das ist wirklich ein Fund, der hoffen lässt."
    Das Meer als eine Art Zeitmaschine
    Hannah Barkeley von der Woods Hole Oceanographic Institution in Massachusetts, hat die Korallen von Palau genauestens untersucht. Schließlich herrschen hier Bedingungen, wie sie im Rest der Ozeane am Ende des Jahrhunderts erwartet werden. Das Meer, das die Inselgruppe umgibt, ist also eine Art Zeitmaschine, die einen Blick in die Zukunft ermöglicht:
    "Wir sehen gar keine Änderung in der Dichte des Korallenriffs. Im Gegenteil: Die größte Dichte sehen wir in den Gebieten mit dem niedrigsten pH-Wert. Wir sehen keine Änderung bei der Anzahl der Algen, oder bei der Vielfalt der Arten. Es sind einfach unglaublich vielfältige Ökosysteme."
    Doch dieses Ökosystem, so gibt die Meereswissenschaftlerin zu bedenken, hatte vermutlich sehr viel mehr Zeit sich an die saure Umgebung anzupassen, als es bei der von den Menschen verursachten Ozeanversauerung der Fall sein wird.
    "Der pH-Wert ist in Palau so niedrig, weil es sehr wenig Wasseraustausch gibt. Und das Wasser, das in den Lagunen steht, wird durch bestimmte Prozesse wie das Atmen oder die Kalzifizierung von Meereslebewesen immer saurer. Diese natürliche Versauerung gibt es wahrscheinlich schon Hunderte bis Tausende Jahre lang so. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass die Korallen sehr viel Zeit hatten, um sich an diese Bedingungen zu gewöhnen."
    Diese Anpassung scheint aber auch Grenzen zu haben. Die sogenannte Bioerosion, also der Angriff auf Korallen durch Würmer, Schwämme oder Algen, ist in den sauren Meeresgebieten in Palau sehr viel stärker als gewöhnlich. Sie führt zwar nicht dazu, dass die Dichte der Korallen abnimmt, aber sie verleiht ihnen teilweise das Aussehen eines Schweizer Käses und könnte ein Anzeichen sein, dass die Welt der Korallen auch in Palau nicht ganz in Ordnung ist. Insofern meint Hannah Barkley, sollte Palau Hoffnungsschimmer und Warnung zugleich sein.
    "Die Wahrheit ist, dass Palau ein ungewöhnlicher Fall ist. Wir glauben nicht, dass die meisten Korallenriffe unter der zukünftigen Ozenaversauerung überleben können. Aber weil wir nun diese eine Artengemeinschaft gefunden haben, versuchen wir mehr zu finden. Wir wollen diese pH-toleranten Gemeinschaften beschützen, weil sie die besten Chancen haben, in sauren Ozeanen zu überleben."