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Schadstoffe
Vorsicht vor Gift in Elektronik-Zubehör

Viele Zubehörteile für Computer, Handys oder andere Elektronik enthalten gesundheitsschädliche Substanzen, wie eine Untersuchung des Technikmagazins "c’t" ergeben hat. Vor allem Ohrhörer seien belastet, sagte Jan-Keno Janssen im Deutschlandfunk. Verbraucher sollten sich nicht allein auf ihren Geruchssinn verlassen, denn nicht alle Gifte riechen unangenehm.

Jan-Keno Janssen im Gespräch mit Stefan Römermann |
    Stefan Römermann: Manchmal kann man es schon riechen, dass mit der neuen Handy-Hülle oder der Computer-Tastatur möglicherweise etwas nicht in Ordnung ist, denn viele Zubehörteile für Computer und SmartPhone stinken tatsächlich zum Himmel und enthalten nicht selten gesundheitsschädliche Stoffe. Das hat jetzt auch eine aktuelle Untersuchung des Technikmagazins "c’t" belegt. Getestet wurden unter anderem Handy-Hüllen, Kopfhörer, Computer-Mäuse, Kabel und anderes Zubehör. - Ich bin jetzt verbunden mit "c’t"-Redakteur Jan-Keno Janssen. Herr Janssen, in was für Produkten haben Sie denn besonders häufig gefährliche Stoffe gefunden?
    Jan-Keno Janssen: Erstaunlicherweise gar nicht in denen, die so schlimm gestunken haben, sondern in Ohrhörern. Da haben wir so gut wie alles gefunden, was wir gesucht haben, PAK, SCCP und DEHP, alles sehr unschöne Sachen.
    Römermann: Vielleicht erklären Sie kurz: Was sind das für Stoffe, ohne jetzt zu weit auszuholen?
    Janssen: Die PAK waren vor Jahren schon mal groß in den Medien. Das war dann auch so ein kleiner Skandal. Da gab es so einen Baumarkt-Hammer, der hatte so viel PAK drin, das hat dem entsprochen, was ein Raucher in einem Jahr durch seine Zigaretten aufnimmt. Das sind sogenannte polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe, die sind zum Teil krebserregend. Das sind übrigens auch die einzigen, die man riecht. Die beiden anderen Stoffe, das DEHP und SCCP, das sind beides meistens PVC-Weichmacher, und die riecht man gar nicht, und die sind fruchtbarkeitsschädigend. Das heißt, bei einer schwangeren Frau können sie den Embryo schädigen, und bei Männern können sie zu Unfruchtbarkeit führen.
    Betroffen sind vor allem No-Name-Produkte
    Römermann: Das klingt tatsächlich etwas unschön. - Haben Sie diese Stoffe in allen Produkten gefunden, oder ist das besonders häufig in No-Name-Produkten, die halt besonders billig auf dem Wühltisch angeboten worden sind, oder auch bei Markenprodukten?
    Janssen: Das waren vor allem die No-Name-Sachen. Bei den Markenherstellern haben wir so gut wie gar nichts gefunden, nur Spuren. Das ist eigentlich alles sauber gewesen. Das schlimmste waren wirklich zum Beispiel die Ohrhörer, die bei so billigen MP3-Playern einfach dazugelegt werden. Die waren wirklich unter aller Kanone sozusagen.
    Das Problem ist: Zum Beispiel bei den USB-Kabeln haben wir auch überall was gefunden, und da gibt es ja gar keine Markensachen. So normale billige Peripherie-Artikel wie so ein einfaches USB-Kabel oder so, das ist ja meistens irgendwie No Name, und das ist natürlich schon problematisch.
    Ein Besucher des 27. Congresses des Chaos Computer Clubs (CCC) 2010 in Berlin arbeitet an einem Laptop.
    Auch in PC-Mäusen und USB-Kabeln wurde Gift gefunden. (picture alliance / dpa / Tim Brakemeier)
    Römermann: Was kann ich denn als Verbraucher machen, um so was im Zweifelsfall vorher schon zu erkennen? Daran schnüffeln, haben wir jetzt schon erfahren, hilft nur in den allerwenigsten Fällen.
    Janssen: Hilft nur in den allerwenigsten Fällen, ist aber immer ein Zeichen dafür, dass da bei der Produktion nicht ganz sauber gearbeitet wird. Auch wenn das, was da riecht, nicht so schlimm ist, das bedeutet aber, dass die Produktion einfach nicht sauber ist. Man sollte das dann ein paar Tage auslüften lassen, und wenn es dann immer noch riecht, dann sollte man überlegen, ob man das Produkt nicht einfach zurückbringt.
    Eine andere Möglichkeit ist die sogenannte Reach-Auskunft. Da sind die Händler gesetzlich zu verpflichtet, innerhalb von 45 Tagen darauf zu antworten, ob so Sachen wie DEHP drin sind in den Produkten. Bloß es dauert leider 45 Tage. Wir haben das auch bei zwölf Händlern ausprobiert, und wir haben nur von einem eine Antwort bekommen. Das heißt, dieses System ist noch ein bisschen verbesserungsdürftig.
    Mit Wasser und Spülmittel waschen
    Römermann: Wenn ich schon ein Produkt gekauft habe und das müffelt, oder ich habe da vielleicht andere Bedenken, gibt es da noch Tipps? Ich habe da was von Abspülen gelesen. Das klingt jetzt ein bisschen interessant.
    Janssen: Genau. Das sollte man natürlich nicht bei seinem Handy machen oder bei seiner Tastatur. Aber zum Beispiel bei diesen Kunststoff-Hüllen, die man ums Handy macht, da ist ja keine Elektronik drin. Die kann man durchaus unter lauwarmem Wasser abspülen, ein bisschen Spüli dazu ist wichtig, sagten mir die Experten, und dann lässt man sie ein bisschen auslüften, auf dem Balkon oder so.
    Römermann: Und das bringt tatsächlich was?
    Janssen: Das bringt in vielen Fällen gerade bei den Lösungsmitteln was.
    Römermann: Ganz kurz: Müssen auch im Zweifelsfall noch gesetzliche Vorschriften nachgebessert werden?
    Janssen: Da gibt es natürlich Stimmen, die sagen, ja. Ich bin Journalist, ich bin kein Chemiker. Aber was zum Beispiel problematisch war, dass wir SCCP in vielen Produkten gefunden haben, und das ist tatsächlich verboten. Da gibt es eine Ausnahmeregel, wenn die Produkte vor dem 10.12.2012 hergestellt sind, dann dürfen sie weiter verkauft werden. Das können wir natürlich immer schlecht herausfinden, wann die Sachen hergestellt werden.
    Römermann: Jan-Keno Janssen vom Computermagazin "c’t". Vielen Dank nach Hannover.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.