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Schattenwirtschaft schrumpft

Die gute Nachricht: Die Schwarzarbeit ist in Deutschland auf den niedrigsten Stand seit 20 Jahren gesunken. Doch mit 13 Prozent ist der Anteil der Schattenwirtschaft immer noch hoch. Großer Verlierer der illegalen Arbeit ist der Staat.

Von Gudula Geuther | 06.02.2013
    Die gute Nachricht: Die Schattenwirtschaft schrumpft. Der Umsatz von Schwarzarbeit, illegaler Beschäftigung oder krimineller Tätigkeit soll im laufenden Jahr laut einer Modellrechnung sinken, um 2,7 Milliarden auf gut 340 Milliarden Euro. Seit zehn Jahren errechnet der Ökonom Friedrich Schneider von der Universität Linz der Anteil der Schattenwirtschaft. Und seit 2003 sinkt er fast kontinuierlich.

    "Der wichtigste Faktor ist die offizielle Konjunkturentwicklung, die Entwicklung der offiziellen Wirtschaft,"

    erläutert Schneider.

    "die hat die letzten Jahre geboomt. Wenn ich in der offizielle Wirtschaft einen guten Job habe, mir leicht etwas dazuverdienen kann, muss ich nicht schwarzarbeiten und dann sinkt die Schattenwirtschaft."

    Dazu kommen zwei Faktoren, die die finanzielle Schere zwischen legaler und Schwarzarbeit vermindern: Die geringeren Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung – 18,9 statt 19,6 – tragen dazu bei, in geringerem Umfang auch die höhere Verdienstgrenze bei den Minijobs – 450 statt 400 Euro im Monat. Solche Anreize, die mal konjunkturell, mal politisch gesetzt sind, spielen eine Rolle bei den Modellrechnungen. Dazu kommen Befragungen und andere Faktoren wie der – aus der Umlaufmenge ersichtliche - Anteil der bar abgewickelten Geschäfte.

    Und eine Rolle spielt auch die Steuermoral. Und da sind die Nachrichten weniger gut. Nach Schneiders Erkenntnissen ergibt sich die Steuermoral vor allem aus einer Vorstellung des Bürgers von Geben und Nehmen auch gegenüber dem Staat.

    "Wenn dieser Kontrakt, dieses Verhältnis gestört ist, wenn die Leute enttäuscht sind vom Staat. Wenn sie sagen, da werden öffentliche Investitionsgelder verschwendet, dann steigt bei Ihnen die Bereitschaft zusätzlich schwarz zu arbeiten."

    und das sei vielfach der Fall. Die andere schlechte Nachricht: Mit etwa 13 Prozent ist der Anteil der Schattenwirtschaft immer noch hoch. Dabei warnt der Schwarzarbeitsexperte vor der Vorstellung, im Schatten arbeiteten vor allem illegale Einwanderer oder Frühpensionäre. Mit 7 bis 9 Millionen bildeten die Nebenerwerbsschwarzarbeiter, wie er sie nennt, die größte Gruppe. Also der Durchschnitt von Arbeitnehmern und Selbstständigen, in Bau, Handwerk, Dienstleistungen. Ganz abgesehen von den haushaltsnahen Dienstleistungen, also vor allem der Putzhilfe. Da liege der Schattenanteil bei 95 Prozent.

    "Der große Verlierer der Schattenwirtschaft ist der Staat und hier insbesondere der Sozialversicherungsträger, weil Beitragseinnahmen fehlen auf der einen Seite und andere durch zusätzliche Krankheiten, zusätzliche Kosten entstehen zum Beispiel Rückenerkrankungen. Wenn ich offiziell am Bau 40 Stunden oder 38 Stunden arbeite und dann noch 10, 12 schwarz. Dem Staat entgehen Steuereinnahmen, die Wirtschaft und wir selber häufig profitieren von der Schwarzarbeit. Wir können uns den höheren Lebensstandard leisten. Das schwarz verdiente Geld wird sofort wieder in der offizieller Wirtschaft ausgegeben, also profitieren die davon."

    Die Folgen zweier derzeit diskutierter Maßnahmen versuchten die Experten – neben Schneider das Institut für angewandte Wirtschaftsforschung – vorherzusagen. Erstens: Würden Minijobs abgeschafft, würde die Schattenwirtschaft um sieben Milliarden Euro steigen. Allerdings nur, wenn es gleichzeitig beim Ehegattensplitting bliebe, denn nur da gibt es relevante steuerliche Anreize bei geringfügiger Beschäftigung. Ein Mindestlohn in den derzeit überwiegend diskutierten Höhen dagegen würde eine weit geringere Abwanderung in den Schatten mit sich bringen. Schon weil es in den besonders gefährdeten Branchen wie der Bauwirtschaft jetzt schon Mindestlöhne gebe.

    Eine ungewöhnliche Entdeckung machten die Wissenschaftler in Südeuropa. In Griechenland und Spanien wächst die Schattenwirtschaft trotz Krise nicht. Schneiders ernüchternde Erklärung lautet: Dort sei die Krise so einschneidend, dass für gar keine Aufträge mehr Geld da sei, auch nicht für solche, die am Fiskus vorbeigehen.