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Schavan bleibt im Etatstreit hart

Im Streit um den Bundeshaushalt besteht Forschungsministerin Annette Schavan weiterhin auf einer Ausweitung des eigenen Etats. Drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes sollen danach 2009 für Bildung und Forschung ausgegeben werden. Was Bildung stärke und die Kraft der Forschung in Deutschland befördere, müsse innerhalb der verschiedenen Haushalte Vorrang haben, sagte die CDU-Politikerin.

Moderation: Philipp Krohn |
    Philipp Krohn: Bundesforschungsministerin Annette Schavan stand gestern gleich mehrfach im Mittelpunkt. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück bekräftigte seine Kritik an ihrem Ministerium, das sich nach seiner Auffassung nicht an die gemeinsamen Sparziele der Bundesregierung hält. Im Notfall, so hatte er schon am Donnerstag wissen lassen, werde er Schavan und drei weiteren Ministern einen Etat zuweisen.

    Erfolgreicher war die Forschungsministerin im Bundestag, dort warb die CDU-Politikerin dafür, Forschern den Umgang mit embryonalen Stammzellen zu erleichtern, und die Abgeordneten folgten ihrem Rat. Künftig dürfen auch solche Zelle verwendet werden, die bis zum ersten Mai 2007 gewonnen wurden. Jetzt begrüße ich die Ministerin am Telefon, guten Morgen, Frau Schavan.

    Anette Schavan: Guten Morgen, Herr Krohn.

    Krohn: Frau Schavan, ist es vermeidbar nach diesem Beschluss des Bundesstages, dass in wenigen Jahren erneut der Stichtag verschoben wird?

    Schavan: Ich bin sehr zuversichtlich, dass die Forschung an ethisch unbedenklichen Alternativen sehr zügig voranschreiten wird. In den letzten Monaten deutete alles darauf hin, so dass die jetzige Entscheidung wirklich tragfähig ist.

    Krohn: Aber heißt nicht, den Stichtag verschieben auch, ihn abzuschaffen?

    Schavan: Nein, überhaupt nicht, denn das war die Alternative heute, ihn abzuschaffen. Entscheidend ist, dass im Gesetz klar wird, wir wollen keinen Anreiz schaffen für die Herstellung von Embryonen und für den Verbrauch von Embryonen, und deshalb muss es eben halt einen Stichtag in der Vergangenheit geben, alles andere kann Anreiz setzen.

    Krohn: Sie haben ja im Bundestag darauf hingewiesen, dass Sie darauf hoffen, die Forschung mit embryonalen Stammzellen solle auch Erkenntnisse liefern, die Sie letztendlich überflüssig macht. Was ist, wenn das in den nächsten fünf Jahren nicht passiert?

    Schavan: Es deutet nach allem, was die Forscher uns sagen, alles darauf hin, dass sie den Vergleich brauchen, wenn sie etwa die somatische Körperzelle zurückentwickeln und etwa im Blick auf die Steuerungsgene, dann mit qualitativ guten Stammzellen Erkenntnisse darüber gewinnen, wie dieser Prozess geht. Das ist uns zigfach bestätigt, und da habe ich keinen Grund, den Aussagen derer, die es tun, nicht zu glauben.

    Krohn: Sie glauben also nicht, dass man den Stichtag 1. Mai 2007 dann noch mal verschieben muss?

    Schavan: Ich glaube das nicht, weil ich weiß, wie rasant die Entwicklung bei den ethisch unbedenklichen Alternativen ist.

    Krohn: Sie haben ja von einem schmalen Korridor gesprochen, der jetzt geöffnet werden sollte. Andere sprechen von Dammbruch. Ist diese Metapher nicht etwas überzeugender?

    Schavan: Nein, sie überzeugt mich nicht, denn wir steigen nicht aus der Logik des Gesetzes aus. Wir haben vor fünf Jahren viel diskutiert über medizinische Therapien, wir sprechen heute sehr viel mehr über Grundlagenforschung, und Dammbruch bedeutet eine völlig andere Gesetzgebung, die embryonale Stammzellenforschung fördert. Der Schwerpunkt bei uns mit 97 Prozent aller Mittel übrigens liegt bei den Alternativen.

    Krohn: Nun ist im Bundestag auch ja schon angeklungen, dass eventuell über das Embryonenschutzgesetz neu verhandelt werden müsse. Ist dieser Gedanke richtig?

    Schavan: Nein, der ist völlig falsch. Ich habe in beiden Debatten klar gemacht, dass wir nicht über das Embryonenschutzgesetz sprechen, vielmehr, das Embryonenschutzgesetz die Grundlage ist für alles, was im Kontext des Stammzellengesetzes steht. Und ich habe auch keinen Redner oder Rednerin im Deutschen Bundestag gehört, die sich mit dem Embryonenschutzgesetz beschäftigen oder gar es in Frage stellen.

    Krohn: Lassen Sie uns auf ein anderes Thema schauen. Im Mittelpunkt stehen Sie ja auch in einer anderen Auseinandersetzung. Bundesfinanzminister Steinbrück will Ihnen zur Not auch einen Etat für das Bundesforschungsministerium zuweisen. Nun ist Steinbrück ja eher als ein Finanzminister bekannt, der mit dem Haushalt auch politisch gestalten will, also trotz des Sparens auch für gezielt höhere Ausgaben zum Teil eintritt. Wie ist es Ihnen denn gelungen, Steinbrück so gegen sich aufzubringen?

    Schavan: Ich gehe sehr davon aus, dass selbstverständlich auch über diesen Haushalt gesprochen wird. Das ist übrigens gestern im Laufe des Tages ja auch schon seitens des Finanzministeriums so besprochen worden. Natürlich ist Kollege Steinbrück in der schwierigen Situation, Gestalten und Konsolidieren miteinander zu verbinden angesichts von Beschlüssen, die wir schon gefasst haben, angesichts von Zielen dieser Koalition. Aber das ändert nichts daran, dass wir, wie in jedem Jahr, geordnete Haushaltsberatungen brauchen, miteinander sprechen müssen, um zu sehen, wie wir das eine mit dem anderen verbinden können.

    Krohn: Sie haben sich empört gezeigt über den Ton und fanden auch die Reaktionen überzogen. Hat Steinbrück trotzdem inhaltlich einen Punkt?

    Schavan: Ich habe über die Art der Auseinandersetzung gesprochen, dabei bleibe ich auch. Ich bin aber zuversichtlich, dass wenn wir dann die Gespräche aufnehmen auch zu einem Ergebnis kommen, dass beidem gerecht wird, einerseits der Konsolidierung, das ist ja nicht nur die Aufgabe des Finanzministers, und andererseits den politischen Prioritäten, die nicht nur Sache der Fachminister, sondern ebenso des gemeinsamen Kabinetts sind.

    Krohn: Hieße das unter Umständen auch Abstand zu nehmen von Ihrem Ziel, drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Bildungs- und Forschungsmittel auszugeben.

    Schavan: Nein, denn ich bin der festen Überzeugung, dass das Drei-Prozent-Ziel sich im Haushalt 2009 niederschlagen muss. Das ist ja nicht irgendein Ziel, dass nur mit mehr oder weniger Forschungsprojekten verbunden ist, sondern die jetzige Forschungspolitik zeigt schon, dass damit Geld auch in den Unternehmen mobilisiert wird, Wachstum und Beschäftigung gefördert werden, und das gehört nun wirklich zu den Hauptzielen dieser Regierung.

    Krohn: Nun ist aus dem Bundesfinanzministerium aber zu hören, unter Umständen müsse von diesem Ziel, drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Forschungsausgaben, Abstand genommen werden, denn die Haushaltkonsolidierung ist das übergeordnete Ziel. Ist das für Sie auch so?

    Schavan: Das steht für mich nicht am Beginn der Gespräche. Wir haben schon in den letzten Jahren eine jeweils behutsame Steigerung vereinbart, nochmals, eine Steigerung, die sich äußerst positiv auf Wachstum und Beschäftigung auswirkt und deshalb kann man nicht in die Verhandlungen gehen und zwischen zwei Ministern vereinbaren, ein Ziel aufzugeben, dass das Ziel ist der gesamten Regierung ist.

    Krohn: An welchen Stellen sollte denn gespart werden, wenn nicht im Forschungsministerium? Muss man vielleicht auf den Sozialetat stärker abstellen?

    Schavan: Ich denke, eine wichtige Grundentscheidung ist die, die übrigens Kollege Steinbrück auch immer betont, die Aufgaben müssen sich konzentrieren auf das, was Investitionen sind im Vergleich zu den Konsumausgaben und da haben wir das Problem, dass einerseits alle sagen, Bildung und Forschung seien bedeutsam, sie andererseits als Konsumausgabe gelten. Wir müssen stärker zum Ausdruck bringen, dass das für uns in Wirklichkeit Investitionen sind, und dass alles, was ich da nicht ausgebe im Zweifelsfall auch die positiven Effekte, denken Sie nur auch an die Qualität des Bildungssystems, beeinträchtigt.

    Krohn: Sind Sie also mit anderen Worten, verärgert darüber, dass Bundessozialminister Scholz nicht mit auf dieser Liste der vier Ministerien steht?

    Schavan: Ich beschäftige mich jetzt nicht mit Kollegen, auch Herrn Scholz ist ja gesagt worden, dass etwa was die Instrumente der Arbeitsmarktpolitik angeht hier auch Konzentration notwendig ist. Ich konzentriere mich darauf, deutlich zu machen, dass innerhalb der verschiedenen Haushalte das Vorrang haben muss, was Zukunftsaufgaben ausmacht, was Bildung stärkt und die Kraft der Forschung in Deutschland befördert.

    Krohn: Passt in diese Argumentation auch eine Rentenerhöhung überplanmäßig ab Sommer 2008?

    Schavan: Wir stehen in einer Situation, in der es viel Dynamik in der Wirtschaft gibt. Davon profitieren diejenigen, die von Tarifabschlüssen betroffen sind, davon profitieren übrigens unsere Studentinnen und Stundenten mit der Bafög-Erhöhung und von daher ist nachvollziehbar, dass Senioren davon nicht ausgeschlossen bleiben, denn es sind die Alten, die viel für dieses Land getan haben und deshalb auch erwarten können, dass sie in einem gewissen Umfang Anteil am Aufschwung haben.

    Krohn: Dass diese Rentenerhöhung beschlossen worden ist, zunächst ohne die Unionsfraktion darüber zu informieren, ist nicht schlimm?

    Schavan: Es ist darüber gesprochen worden, dass die Kommunikation auch verbesserungsbedürftig ist, aber im Vordergrund steht die Sachfrage und die ist von der Fraktion voll mitgetragen.

    Krohn: Bundesforschungsministerin Annette Schavan im Gespräch mit dem Deutschlandfunk, vielen Dank dafür.

    Schavan: Bitte schön.