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Schavan: Forschungscampus bringt Kapazitäten zusammen

Ziel des "Forschungscampus" sei es, das Zusammenspiel zwischen Universtitäten und Unternehmen zu verbessern, sagt die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Annette Schavan. Gemeinsam sollen im Rahmen des neuen Förderprojekts an einem Ort die Technologien und Dienstleistungen von morgen entwickelt werden.

Annette Schavan im Gespräch mit Manfred Götzke | 19.08.2011
    Manfred Götzke: Public Private Partnerships waren in den 90ern mal modern, auch in der Wissenschaft, Stiftungsprofessuren zum Beispiel – von der Wirtschaft gesponsert, den Studierenden zum Wohle. Oder eben nicht. Denn in den letzten Monaten sind von der Wirtschaft gesponserte Professuren immer wieder als Werkbank der Industrie kritisiert worden. Ausgerechnet in dieser Situation startet die Bundesforschungsministerin Annette Schavan ein neues Förderprojekt, den Forschungscampus, bei dem Kooperationen von Wissenschaft und Wirtschaft mit Millionen gefördert werden sollen vom Staat. Ich hab vor der Sendung mit der Ministerin selbst über das Projekt gesprochen. Vorher habe ich sie allerdings noch gefragt, wie sie die Entscheidung des Bundesfinanzhofs findet – der hat am Mittwoch entschieden, dass Studienkosten auch nach dem Studium steuerlich abgesetzt werden können. Frau Schavan, freuen Sie sich mit den Absolventen und Studierenden über das Urteil?

    Annette Schavan: Nun, wir haben ja im Koalitionsvertrag schon anvisiert, dass wir uns mit der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Ausbildungskosten beschäftigen werden, und jetzt wird das Finanzministerium dieses Urteil auswerten und dann einen Vorschlag machen, und aus den Fraktionen ist ja schon gesagt, dass sie dieses Anliegen unterstützt. Klar ist, dass die Bildungs- und Forschungsministerin es begrüßt, wenn auch die privaten Investitionen in Bildung auch in dieser Weise wahrgenommen werden.

    Götzke: Das heißt, das Urteil wird eins zu eins umgesetzt?

    Schavan: Das Urteil wird jetzt, die Begründung des Urteils wird jetzt geprüft. Es geht ja um die Frage eines existierenden Gesetzestextes. Es geht um zwei konkrete Klagen, und inwieweit daraus neue allgemeine Regelungen werden, das ist jetzt zunächst zu prüfen, denn wir sprechen im Zweifelsfall auch über erhebliche Summen.

    Götzke: Dann kommen wir jetzt auf das zweite Thema zu sprechen. Frau Schavan, Sie haben den Forschungscampus ins Leben gerufen, ein Förderprogramm, das Kooperationen zwischen Wirtschaft und Hochschulen unterstützt. Es gibt von der Wirtschaft gesponserte Stiftungsprofessuren, es gibt Möglichkeiten der Auftragsforschung, warum brauchen wir ein weiteres Programm, das die Kooperation zwischen Wirtschaft und Hochschulen fördert?

    Schavan: Weil wir wollen, dass alle Institutionen, die an Innovationen arbeiten, noch besser zusammenarbeiten. Das ist ja Ergebnis jeder Analyse über das Innovationssystem in Deutschland, dass es heißt, es gibt die Universitäten, die außeruniversitären Forschungseinrichtungen, viele innovative Unternehmen mit ihren Entwicklungsabteilungen, aber das Zusammenspiel ist noch nicht so, wie es sein sollte. Deshalb Hightech-Strategie. Deshalb haben wir im ersten Schritt mit der Exzellenzinitiative zum Beispiel dafür gesorgt, dass eben universitär und außeruniversitär besser zusammenkommen – das größte Beispiel dafür ist das Karlsruher Institut für Technologie. Und jetzt ist der nächste Schritt dran, innovative Unternehmen, die mit Universitäten einen Forschungscampus bilden. Das hilft der Beschleunigung in der Wertschöpfungskette, das hilft, Kapazitäten zusammenzubringen und ist attraktiv für beide Akteure.

    Götzke: Um welche Fördersummen reden wir?

    Schavan: Wir reden über Förderung über mindestens fünf Jahre bis zu 15 Jahre und dabei jährlich um Zuwendungen von eins bis zwei Millionen, und wir werden bis zu zehn solcher Projekte auswählen.

    Götzke: In welchen Bereichen kann denn ausgewählt werden?

    Schavan: Das ist völlig offen und wird im Zweifelsfall entlang sein an den großen Innovationsfeldern, wie sie auch in der Hightech-Strategie stecken. Da gibt es keine Vorgaben, keine thematischen, keine, die im Blick auf bestimmte Technologieentwicklungen bezogen sind, sondern ganz breit angelegt.

    Götzke: Die Unternehmen profitieren von der Infrastruktur und vom Know-how der Hochschulen und Forschungszentren, was aber hat die Wissenschaft von solchen Kooperationen?

    Schavan: Die Wissenschaft profitiert von den Kapazitäten in den Unternehmen, die im Blick auf ihre Entwicklungsabteilungen an ganz konkreten Aufgaben, Lösungsstrategien arbeiten. Es ist ein Geben und Nehmen, und wichtig für das Konzept ist, dass die Partner dieser öffentlich-privaten Partnerschaft gleichberechtigt sind, auf Augenhöhe arbeiten und darüber auch am Beginn eine Vereinbarung treffen. Das ist der zentrale Punkt in dem Ganzen: Gleichberechtigt, also die Hochschulen als verlängerte Werkbank des Unternehmens, und auch nicht nur Vereinnahmung des Unternehmens durch die Universität, sondern Kompetenzen zusammenlegen und vorab vereinbaren, an was wird wie gearbeitet, einschließlich natürlich auch der interessanten Frage, wie sieht die Vereinbarung zur Verwertbarkeit oder zur Verwertung der Ergebnisse aus.

    Götzke: Öffentlich-private Partnerschaften in der Wissenschaft waren jetzt immer mal wieder in die Kritik geraten, wir hatten den Skandal an den Berliner Hochschulen mit der Deutschen Bank, wo ein Vertrag veröffentlicht wurde, bei dem dann deutlich wurde, dass die Universitäten Forschungsergebnisse zunächst der Deutschen Bank vorlegen mussten. Das hat für sehr viel Kritik gesorgt. Wie wollen Sie solche Skandale verhindern bei dem neuen Projekt?

    Schavan: Deshalb ist zum einen wichtig, dass mit dieser Partnerschaft jetzt auch mal Erfahrung gesammelt wird, also nicht nur das Einzelprojekt, wo irgendwer auf irgendwen zugeht, sondern als eine wirklich institutionalisierte Partnerschaft. Das Zweite ist, es existieren Mustervereinbarungen für Forschungs- und Entwicklungskooperationen beim Bundeswirtschaftsministerium, die können helfen, zu entsprechenden gleichberechtigten Kooperationen zu kommen. Und das Dritte ist, im Rahmen des Wettbewerbs, zur Begleitung des Wettbewerbs gehört natürlich auch dieses, eine Kultur der Kooperation zu entwickeln, die gleichberechtigt ist und nicht einseitige Vor- und Nachteile produziert.

    Götzke: Frau Schavan, ich danke Ihnen für das Interview!

    Schavan: Bitte schön!

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