Christine Scheel: Guten Tag, Herr Probst.
Probst: Lob von nahezu allen Seiten, jedenfalls soweit, wie es im Bericht von Kollege Steinhage anklang. Auch von Ihnen?
Scheel: Ja, auch von uns Lob, ich finde es sehr, sehr erfreulich. Wenn man die Reaktionen alle zusammennimmt, gibt es überhaupt niemanden - weder in der Wissenschaft noch in der Politik - der sagen würde, dass es hier irgendwelche Probleme gäbe, sondern im Gegenteil. Es ist ein unabhängiger Kandidat, der aus der Wissenschaft kommt, das ist auch etwas bemerkenswert Positives. Er ist parteilos, was es etwas einfacher macht, um auch die Akzeptanz aller Fraktionen hinter sich zu wissen, er steht außerhalb der Parteienlandschaft und hat damit natürlich auch den Status, dass er die Unabhängigkeit der Bundesbank durch seine Person repräsentieren kann.
Probst: Das fiel ja in den ersten Stellungnahmen gleich gestern Abend auf; die kamen alle aus dem Unionslager. Bei der Koalition Rot-Grün herrschte Schweigen. Da muss man sich also nichts bei denken?
Scheel: Nein, das hat überhaupt keine Bedeutung. Er ist ja vorgeschlagen worden, auch von Hans Eichel und dem Bundeskanzler, und wir wissen, dass er an den Finanzmärkten gut ankommt. Er hat sich sehr, sehr viel Verdienste erworben als Direktor des Instituts für Finanzstudien an der Goethe-Uni in Frankfurt. Was gerade in der heutigen Zeit besonders wichtig ist, ist, dass er ein undogmatischer und auch pragmatischer Ökonom ist. Das, denke ich, ist auch für den Standort Deutschland gut. Er wird frischen Wind in der internationalen Zusammenstellung einbringen, und er hat auch eine sehr, sehr gute internationale Reputation in der Forschungslandschaft. Das ist natürlich auch für Deutschland sehr wichtig.
Probst: Den wissenschaftlichen Hintergrund, Background, Werdegang haben Sie schon angesprochen. Wenn man sich die Reihe der bisherigen Bundesbankpräsidenten - sieben glaube ich an der Zahl - anschaut, waren das alles Leute der Praxis, zumindest mit politischer Erfahrung. Da sehen Sie kein Defizit, wenn jetzt so ein Seiteneinsteiger kommt?
Scheel: Nein, ich denke, dass jemand, der mit beiden Füßen auf dem Boden steht, der so pragmatisch ist und der so eine gute Reputation im wirtschaftspolitischen insgesamt hat, währungspolitisch viel Erfahrung hat, der wird es auch schaffen, als Behördenchef agieren zu können. Der Umstrukturierungsprozess der Bundesbank, der ja am Laufen ist, hat ja bereits begonnen. Er muss ihn weiterführen, und ich gehe davon aus, dass jemand wie er das auch sehr gut bewältigen kann. Man muss natürlich auch sehen, jemand, der jetzt Chef wird, Präsident wird, der hat natürlich auch andere Aufgaben, als er vorher hatte. Das ist bei jedem so, der diese Aufgabe übernimmt. Irgendwo wird man immer sagen können, an der und der Stelle, das hat man in dieser Form noch nie im Leben bewältigen müssen. Das ist völlig klar; aber das wird er schon schaffen.
Probst: Aber bei allem Lob, Frau Scheel, wenn man mal kurz zurückblickt auf die parteipolitische Auseinandersetzung im Zusammenhang mit dem Rücktritt von Hans Welteke und auch auf die Suche nach einem Nachfolger, dann war das, was jetzt präsentiert wurde, natürlich parteipolitisch gesehen, ein sehr geschickter Schachzug der Bundesregierung.
Scheel: Ja, ich würde sagen, es war ein guter Befreiungsschlag aus einer etwas schwierigen Debatte heraus, denn es macht ja keinen Sinn, wenn von vorne herein ein Kandidat parteipolitisch zugeordnet wird.
Probst: Aber das war doch in der Vergangenheit auch immer so.
Scheel: Ja, das war in der Vergangenheit so, was nicht heißt, dass es immer gut war. Ich meine, die Präsidenten vorher, auch Herr Tietmeyer, Herr Schlesinger und viele andere, die da ja bereits in diesem Amt waren, haben alle ihre Arbeit gut gemacht. Jetzt ging es aber darum, dass gerade, weil die Bundesbank angeschlagen ist, und weil man gerade natürlich jetzt auch ein gutes Signal braucht, jemand kommt, der unabhängig ist. Dass es nicht parteipolitisch diskutiert wird, sondern, dass es diskutiert wird an dem Punkt: Ist er ein guter Geld- und Währungswissenschaftler, ist er als Notenbankchef, der ja auch automatisch dem Rat der EZB angehören wird und die Geldpolitik in der Währungsunion mitbestimmt, ist er da geeignet? Da gibt es nur ein klares "Ja" und ich finde, das ist ein sehr, sehr gutes Signal insgesamt auch an die EZB, und wir sind da als Deutsche, finde ich, sehr gut aufgestiegen.
Probst: Stichwort "Signal". Frau Scheel, zum Schluss vielleicht die Frage: Könnte man das unter dem Stichwort "Seiteneinsteiger" dann so sehen, dass wenn man den Kandidaten der Union für das Amt des Bundespräsidenten nimmt, man für solche Ämter vielleicht mehr Seiteneinsteigern das Feld öffnen sollte?
Scheel: Ich finde es nicht automatisch so, dass man sagt, für solche Positionen sind grundsätzlich jetzt nur noch Personen geeignet, die parteilos sind.
Probst: Das nicht.
Scheel: Das wäre auch falsch. Es hängt schon an den Personen selbst, und es hängt auch an der Debatte, die in dem Umfeld stattfindet. Es kommt auf die Situation an. Ich würde es situationsabhängig entscheiden und nicht sagen, generell ist das Eine oder das Andere besser.
Probst: Christine Scheel von den Bündnis-Grünen war das. Ich danke Ihnen Frau Scheel.
Probst: Lob von nahezu allen Seiten, jedenfalls soweit, wie es im Bericht von Kollege Steinhage anklang. Auch von Ihnen?
Scheel: Ja, auch von uns Lob, ich finde es sehr, sehr erfreulich. Wenn man die Reaktionen alle zusammennimmt, gibt es überhaupt niemanden - weder in der Wissenschaft noch in der Politik - der sagen würde, dass es hier irgendwelche Probleme gäbe, sondern im Gegenteil. Es ist ein unabhängiger Kandidat, der aus der Wissenschaft kommt, das ist auch etwas bemerkenswert Positives. Er ist parteilos, was es etwas einfacher macht, um auch die Akzeptanz aller Fraktionen hinter sich zu wissen, er steht außerhalb der Parteienlandschaft und hat damit natürlich auch den Status, dass er die Unabhängigkeit der Bundesbank durch seine Person repräsentieren kann.
Probst: Das fiel ja in den ersten Stellungnahmen gleich gestern Abend auf; die kamen alle aus dem Unionslager. Bei der Koalition Rot-Grün herrschte Schweigen. Da muss man sich also nichts bei denken?
Scheel: Nein, das hat überhaupt keine Bedeutung. Er ist ja vorgeschlagen worden, auch von Hans Eichel und dem Bundeskanzler, und wir wissen, dass er an den Finanzmärkten gut ankommt. Er hat sich sehr, sehr viel Verdienste erworben als Direktor des Instituts für Finanzstudien an der Goethe-Uni in Frankfurt. Was gerade in der heutigen Zeit besonders wichtig ist, ist, dass er ein undogmatischer und auch pragmatischer Ökonom ist. Das, denke ich, ist auch für den Standort Deutschland gut. Er wird frischen Wind in der internationalen Zusammenstellung einbringen, und er hat auch eine sehr, sehr gute internationale Reputation in der Forschungslandschaft. Das ist natürlich auch für Deutschland sehr wichtig.
Probst: Den wissenschaftlichen Hintergrund, Background, Werdegang haben Sie schon angesprochen. Wenn man sich die Reihe der bisherigen Bundesbankpräsidenten - sieben glaube ich an der Zahl - anschaut, waren das alles Leute der Praxis, zumindest mit politischer Erfahrung. Da sehen Sie kein Defizit, wenn jetzt so ein Seiteneinsteiger kommt?
Scheel: Nein, ich denke, dass jemand, der mit beiden Füßen auf dem Boden steht, der so pragmatisch ist und der so eine gute Reputation im wirtschaftspolitischen insgesamt hat, währungspolitisch viel Erfahrung hat, der wird es auch schaffen, als Behördenchef agieren zu können. Der Umstrukturierungsprozess der Bundesbank, der ja am Laufen ist, hat ja bereits begonnen. Er muss ihn weiterführen, und ich gehe davon aus, dass jemand wie er das auch sehr gut bewältigen kann. Man muss natürlich auch sehen, jemand, der jetzt Chef wird, Präsident wird, der hat natürlich auch andere Aufgaben, als er vorher hatte. Das ist bei jedem so, der diese Aufgabe übernimmt. Irgendwo wird man immer sagen können, an der und der Stelle, das hat man in dieser Form noch nie im Leben bewältigen müssen. Das ist völlig klar; aber das wird er schon schaffen.
Probst: Aber bei allem Lob, Frau Scheel, wenn man mal kurz zurückblickt auf die parteipolitische Auseinandersetzung im Zusammenhang mit dem Rücktritt von Hans Welteke und auch auf die Suche nach einem Nachfolger, dann war das, was jetzt präsentiert wurde, natürlich parteipolitisch gesehen, ein sehr geschickter Schachzug der Bundesregierung.
Scheel: Ja, ich würde sagen, es war ein guter Befreiungsschlag aus einer etwas schwierigen Debatte heraus, denn es macht ja keinen Sinn, wenn von vorne herein ein Kandidat parteipolitisch zugeordnet wird.
Probst: Aber das war doch in der Vergangenheit auch immer so.
Scheel: Ja, das war in der Vergangenheit so, was nicht heißt, dass es immer gut war. Ich meine, die Präsidenten vorher, auch Herr Tietmeyer, Herr Schlesinger und viele andere, die da ja bereits in diesem Amt waren, haben alle ihre Arbeit gut gemacht. Jetzt ging es aber darum, dass gerade, weil die Bundesbank angeschlagen ist, und weil man gerade natürlich jetzt auch ein gutes Signal braucht, jemand kommt, der unabhängig ist. Dass es nicht parteipolitisch diskutiert wird, sondern, dass es diskutiert wird an dem Punkt: Ist er ein guter Geld- und Währungswissenschaftler, ist er als Notenbankchef, der ja auch automatisch dem Rat der EZB angehören wird und die Geldpolitik in der Währungsunion mitbestimmt, ist er da geeignet? Da gibt es nur ein klares "Ja" und ich finde, das ist ein sehr, sehr gutes Signal insgesamt auch an die EZB, und wir sind da als Deutsche, finde ich, sehr gut aufgestiegen.
Probst: Stichwort "Signal". Frau Scheel, zum Schluss vielleicht die Frage: Könnte man das unter dem Stichwort "Seiteneinsteiger" dann so sehen, dass wenn man den Kandidaten der Union für das Amt des Bundespräsidenten nimmt, man für solche Ämter vielleicht mehr Seiteneinsteigern das Feld öffnen sollte?
Scheel: Ich finde es nicht automatisch so, dass man sagt, für solche Positionen sind grundsätzlich jetzt nur noch Personen geeignet, die parteilos sind.
Probst: Das nicht.
Scheel: Das wäre auch falsch. Es hängt schon an den Personen selbst, und es hängt auch an der Debatte, die in dem Umfeld stattfindet. Es kommt auf die Situation an. Ich würde es situationsabhängig entscheiden und nicht sagen, generell ist das Eine oder das Andere besser.
Probst: Christine Scheel von den Bündnis-Grünen war das. Ich danke Ihnen Frau Scheel.
