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Schluss mit teuren Servicenummern

Warten und zahlen, bis sich endlich ein Berater meldet, damit dürfte Schluss sein. Künftig wird erst bei Leistung bezahlt. Ein vom Bundestag verabschiedetes Gesetz sieht vor, dass Warteschleifen ab Januar 2012 kostenfrei sein sollen. Doch mit der Umsetzung könnte es Probleme geben.

Von Verena Herb | 23.11.2011
    "... Bitte warten Sie. Ich verbinde ..."

    Die altbekannte Warteschleife: Minutenlang hängt man als Kunde darin fest, bevor man zu einem Gesprächspartner durchgestellt wird. Man hört Musik von Mozart über Computermusik bis Rock – und häufig muss man für diesen besonderen Musikgenuss schon bezahlen. Abhängig, ob vom Festnetz oder Mobiltelefon zwischen 9 Cent und 2,99 Euro. Annika Voß von der Verbraucherzentrale Hamburg:

    "Das sind 0900-Nummern, die ja besonders teuer sein können. Aber auch 0180, die eben im Moment was kosten und wo natürlich nicht so seriöse Anbieter das momentan zum Geschäftsmodell machen, die Leute in der Warteschleife zu lassen, damit sie schon bezahlen, obwohl noch gar nichts, keine Beratungsleistung erfolgt."

    Die Novelle zum Telekommunikationsgesetz, die im Bundestag bereits verabschiedet und Ende der Woche im Bundesrat debattiert wird, soll das ändern. Künftig sollen Warteschleifen kostenfrei sein, besonders die, bei denen man wartet, bevor man überhaupt einen Kundenberater an der Strippe hat. Christian Kühl vom Deutschen Verband für Telekommunikation und Medien DVTM gibt zu: Warteschleifen sind ein ärgerliches Thema – doch das Gesetz weist einige Mängel auf:

    "Das Gesetz sagt aber nicht nur: Diese Warteschleife soll kostenlos sein, wofür wir vollstes Verständnis haben. Sondern: Wenn jetzt der Agent eine Auskunft gegeben hat, kann aber nicht abschließend die Auskunft geben, sondern Sie brauchen noch eine Weiterleitung zum Beispiel zu einem technischen Experten, dann muss er ja auf einen Knopf drücken, Sie weiterleiten zu dem technischen Experten. Auch diese 15 oder 20 Sekunden, die Sie dann warten müssten, bis der frei ist, auch die sollen kostenlos sein."

    Nach Meinung des Verbandsexperten spricht man dann nicht mehr von einer Warteschleife, sondern von einer Weiterleitung. Und diese kostenfrei zu veranschlagen, sei technisch noch gar nicht möglich.

    "Was jetzt auf diesem Firmenteil mit Rückfragen und Weiterleitungen stattfindet, wird heute so nicht gemessen. Und deshalb ist es heute noch nicht abrechenbar. Und das ist die Herausforderung, vor der die Industrie steht."

    Ab dem Zeitpunkt der Verabschiedung des Gesetzes läuft die Uhr für die Unternehmen, ihre Telekommunikations-Abrechnungssysteme und Kundennummern neu zu ordnen. Phase 1: Nach drei Monaten greift eine Übergangslösung, in der eine mögliche Wartezeit von 120 Sekunden für den Anrufer kostenfrei ist und auch die genaue Wartezeit mitgeteilt wird. Schon die Übergangsregelung ist eine gute Nachricht für die Verbraucherinnen und Verbraucher, findet Annika Voß von der Hamburger Verbraucherzentrale. Schon, weil man über die genaue Wartezeit informiert wird.

    "Und dann kann man sich ohnehin überlegen: Möchte ich jetzt wirklich sieben Minuten warten? Oder versuche ich es lieber zu einer Zeit, wo die Hotline weniger frequentiert wird."

    Doch das Gesetz geht weiter: Nach den drei Monaten müssen Unternehmen innerhalb der verbleibenden neun Monate dafür sorgen, dass auch die nachgelagerten Warteschleifen – also die Weiterleitungen, wie Christian Kühl sagt – auch kostenfrei sind. Nach Meinung des Branchenverbandes ist diese Umsetzungszeit viel zu kurz. Schon bei der Übergangsregelung komme es zu Schwierigkeiten, die das Gesetz so nicht beachtet. Christian Kühl:

    "Was ist denn genau 120 Sekunden? Wann soll ich meine Ansage abbrechen von der durchschnittlichen Wartezeit? Was soll ich noch vorsetzen? Kann ich noch eine Musik spielen? Oder wenn zum Beispiel kein Agent das Gespräch nimmt nach den 120 Sekunden, bricht dann das Gespräch ab? Und so sieht es heute aus."

    Eine weitere Schwäche des Gesetzes, da sind sich der Branchenverband und die Verbraucherzentrale einig: Mobilfunkanbieter sind nicht verpflichtet, Servicenummern durchzulassen. Das heißt, es könnte sein: Will man per Handy eine Servicenummer erreichen, könnte man künftig keinen Anschluss mehr haben. Auch darauf hätten die Gesetzgeber achten müssen.

    Wann genau das Gesetz verabschiedet wird, steht noch nicht fest. Kommenden Freitag wird sich der Bundesrat damit befassen. Doch rechnen Unternehmen und Verbraucherschützer nicht mit einer ersten Umsetzung ab April oder Mai 2012.