Friedbert Meurer: Aspirin, Ibuprofen, Diclofenac – noch bekommt jeder von uns, der unter Kopfschmerzen leidet oder Zahnweh hat, diese gängigen Schmerzmittel problemlos ohne Rezept in jeder Apotheke. Aber das könnte vielleicht demnächst anders werden. Zwar soll es weiterhin Aspirin und Co. ohne Rezept geben, aber nur noch in kleinen Packungsgrößen. Dann könnte es vorbei sein mit der Frage, möchten Sie die Tabletten in der 10er-, 20er- oder 50er-Packung haben. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte schlägt vor, es ist ein Vorschlag, Schmerzmittel nur noch in kleinen Packungsgrößen rezeptfrei in den Apotheken verkaufen zu lassen. – Christian Floto, Moderator unserer Sendung "Sprechstunde" aus der Abteilung Wissenschaft und Bildung, warum soll man große Packungen Aspirin und andere nur noch mit ärztlicher Hilfe bekommen?
Christian Floto: Die Idee dahinter ist, dass nicht unnötig durch die Vielzahl vorhandener Medikamente der Eindruck vermittelt wird, das ist auch harmlos, ich kann da ruhig ordentlich davon essen und kann auch an die Maximaldosis heran und kann das über viele Tage tun. Der Bedenkenlosigkeit, mit der diese Medikamente vielfach eingenommen werden, der soll ein Riegel vorgeschoben werden, eine Art Warnschild also auch schon beim Kauf: Diese Packungsgrößen gibt es nicht mehr.
Meurer: Es soll angeblich Tausende von Vergiftungen jährlich geben und 3000 Menschen werden ins Krankenhaus eingeliefert, weil sie sich selbst zu viele Schmerzmittel gekauft und dann auch eingenommen haben. Stimmen diese Zahlen?
Floto: Nicht, denn sie sind untertrieben. Man rechnet bei all diesen Zahlen etwa mit dem Faktor mindestens zehn, das heißt, wo jemand dann unter einem Krankheitsbild ins Krankenhaus kommt und möglicherweise die eigentliche Ursache gar nicht oder erst im weiteren Verlauf erkannt wird, also unter ganz anderen Krankheitsbildern wie einer schweren Blutung beispielsweise eingeliefert wird, und man weiß gar nicht, woher das kommt, und nachher ahnt man erst, das ist Folge dieses Arzneimittelkonsums. Denken Sie bitte, wenn Sie ein Präparat nehmen, gerade aus der Gruppe der Acetylsalicylsäure, beispielsweise das Aspirin in einer kleinen Dosierung – wir wissen das aus den Studien zu den Anlässen, wo Blutverdünnung gewünscht ist, also bei Gefäßerkrankungen, Schlaganfall-, Herzinfarktvorbeugung -, was es für Situationen geben kann, in denen schwere Blutungen auch entstehen können unter einer geringen Dosierung und das auch schon sehr rasch, also nach wenigen Tagen. Sie brauchen sich nur den Kopf ordentlich zu stoßen und schon haben Sie eine Hirnblutung.
Meurer: Nun kann ja theoretisch oder auch praktisch jeder Patient hingehen und kriegt in der einen Apotheke zehn Tabletten Aspirin, dann geht er eben in die nächste Apotheke und die drittnächste Apotheke, oder er sagt einem Freund, bring mir bitte eine 500er-Pulle aus den USA mit. Was brächte denn eine solche Maßnahme zu sagen, es werden nur noch kleine Verpackungsgrößen verkauft?
Floto: Es ist eigentlich ein symbolischer Akt, das muss man ganz klar sagen. Viel wichtiger ist die begleitende Information über derartige Risiken und ein wenig in den Vordergrund getreten sind die Risiken beispielsweise jetzt von Paracetamol, nämlich die Leberschäden, die da entstehen können schon bei relativ geringen Überdosierungen. Es werden dort unterschiedliche Mengen genannt. Wenn Sie überlegen: Ein Zäpfchen ist fiebersenkend, das ist die besondere Wirkung von Paracetamol, fiebersenkend, weniger entzündungshemmend und ein wenig schmerzstillend. Die Menge ist etwa bei einem Gramm. Bei vier Gramm, wird gesagt, ist das schon die Oberdosis, es gibt aber auch welche, die sagen, man sollte eigentlich höchstens zwei Gramm innerhalb von 24 Stunden dort nehmen. Mit acht Gramm können Sie sich problemlos schon umbringen, das heißt über ein Leberversagen dann letztlich in eine nicht mehr rettbare Situation kommen. Und die Problematik, die dahinter steckt, ist, dass viele andere Medikamente, die ich auch noch nehme, auch schon eine erhebliche Leberbelastung machen, und das kommt dann on top drauf.
Meurer: Das hört sich jetzt ehrlich gesagt ziemlich dramatisch an, oder wird manche Hörerin und Hörer jetzt so empfinden, Herr Floto. Müsste man dann nicht sogar konsequenterweise sagen, diese Schmerzmittel, über die wir gerade reden, die sollte es nur noch auf Rezept geben?
Floto: Es gibt welche aus der Medizinerschaft, die sehr ernst zu nehmen sind, die sagen, ja, das sollte so sein, und ich erkenne auch ganz gute Gründe, vorausgesetzt natürlich, die Ärzte, die das dann wiederum verschreiben müssen, auch diese geringen Mengen, wissen ganz genau über diese unerwünschten Wirkungen bescheid und wissen auch, welche anderen Medikamente, die sie nämlich jeden Tag auch verordnen, ob es bestimmte Antibiotika sind, oder Cholesterinsenker und so weiter, sind hoch problematisch für die Leber und können also dann durch wenig von diesen Medikamenten obendrauf erhebliche Probleme machen.
Meurer: Heute tagt ein Sachverständigenausschuss. Rechnen Sie damit, dass es tatsächlich zu einer solchen Entscheidung kommt, Schmerzmittel nur noch in kleinen Packungsgrößen?
Floto: Das steht ja schon öfter auf der Tagesordnung. Fifty Fifty, es liegt an der Zusammensetzung, wer ist da heute in der Runde, wer ist nicht da. Ich würde sagen 50:50.
Meurer: Also hängt davon ab, ob die Vertreter der Pharmaindustrie da sind?
Floto: Es gibt unterschiedliche Positionen auch in der Ärzteschaft. Die am häufigsten zu hörende ist, "ja, aber". Das heißt also, mit einer Beschränkung der Freiverkäuflichkeit können die meisten leben. Aber es wird noch über die Größenordnung diskutiert, ob es eine Menge sein soll jetzt für vier Tage, sieben Tage, zehn Tage.
Meurer: Wie finden Sie die Idee unseres Bundesgesundheitsministers, die Pharmavertreter, ich sage mal salopp, aus diesem Ausschuss hinauszukomplimentieren?
Floto: Ach man könnte sie ja immer noch mal hören, damit man die Positionen auch dort hat. Aber die Frage ist, welchen Anteil und welche Wertigkeit sie dort bekommen.
Meurer: Christian Floto, Medizinredakteur des Deutschlandfunks, zur Diskussion, ob es Schmerzmittel wie Aspirin nur noch in kleinen Verpackungsgrößen ohne Rezept in der Apotheke geben sollte. Danke schön für Ihren Besuch im Studio.
Christian Floto: Die Idee dahinter ist, dass nicht unnötig durch die Vielzahl vorhandener Medikamente der Eindruck vermittelt wird, das ist auch harmlos, ich kann da ruhig ordentlich davon essen und kann auch an die Maximaldosis heran und kann das über viele Tage tun. Der Bedenkenlosigkeit, mit der diese Medikamente vielfach eingenommen werden, der soll ein Riegel vorgeschoben werden, eine Art Warnschild also auch schon beim Kauf: Diese Packungsgrößen gibt es nicht mehr.
Meurer: Es soll angeblich Tausende von Vergiftungen jährlich geben und 3000 Menschen werden ins Krankenhaus eingeliefert, weil sie sich selbst zu viele Schmerzmittel gekauft und dann auch eingenommen haben. Stimmen diese Zahlen?
Floto: Nicht, denn sie sind untertrieben. Man rechnet bei all diesen Zahlen etwa mit dem Faktor mindestens zehn, das heißt, wo jemand dann unter einem Krankheitsbild ins Krankenhaus kommt und möglicherweise die eigentliche Ursache gar nicht oder erst im weiteren Verlauf erkannt wird, also unter ganz anderen Krankheitsbildern wie einer schweren Blutung beispielsweise eingeliefert wird, und man weiß gar nicht, woher das kommt, und nachher ahnt man erst, das ist Folge dieses Arzneimittelkonsums. Denken Sie bitte, wenn Sie ein Präparat nehmen, gerade aus der Gruppe der Acetylsalicylsäure, beispielsweise das Aspirin in einer kleinen Dosierung – wir wissen das aus den Studien zu den Anlässen, wo Blutverdünnung gewünscht ist, also bei Gefäßerkrankungen, Schlaganfall-, Herzinfarktvorbeugung -, was es für Situationen geben kann, in denen schwere Blutungen auch entstehen können unter einer geringen Dosierung und das auch schon sehr rasch, also nach wenigen Tagen. Sie brauchen sich nur den Kopf ordentlich zu stoßen und schon haben Sie eine Hirnblutung.
Meurer: Nun kann ja theoretisch oder auch praktisch jeder Patient hingehen und kriegt in der einen Apotheke zehn Tabletten Aspirin, dann geht er eben in die nächste Apotheke und die drittnächste Apotheke, oder er sagt einem Freund, bring mir bitte eine 500er-Pulle aus den USA mit. Was brächte denn eine solche Maßnahme zu sagen, es werden nur noch kleine Verpackungsgrößen verkauft?
Floto: Es ist eigentlich ein symbolischer Akt, das muss man ganz klar sagen. Viel wichtiger ist die begleitende Information über derartige Risiken und ein wenig in den Vordergrund getreten sind die Risiken beispielsweise jetzt von Paracetamol, nämlich die Leberschäden, die da entstehen können schon bei relativ geringen Überdosierungen. Es werden dort unterschiedliche Mengen genannt. Wenn Sie überlegen: Ein Zäpfchen ist fiebersenkend, das ist die besondere Wirkung von Paracetamol, fiebersenkend, weniger entzündungshemmend und ein wenig schmerzstillend. Die Menge ist etwa bei einem Gramm. Bei vier Gramm, wird gesagt, ist das schon die Oberdosis, es gibt aber auch welche, die sagen, man sollte eigentlich höchstens zwei Gramm innerhalb von 24 Stunden dort nehmen. Mit acht Gramm können Sie sich problemlos schon umbringen, das heißt über ein Leberversagen dann letztlich in eine nicht mehr rettbare Situation kommen. Und die Problematik, die dahinter steckt, ist, dass viele andere Medikamente, die ich auch noch nehme, auch schon eine erhebliche Leberbelastung machen, und das kommt dann on top drauf.
Meurer: Das hört sich jetzt ehrlich gesagt ziemlich dramatisch an, oder wird manche Hörerin und Hörer jetzt so empfinden, Herr Floto. Müsste man dann nicht sogar konsequenterweise sagen, diese Schmerzmittel, über die wir gerade reden, die sollte es nur noch auf Rezept geben?
Floto: Es gibt welche aus der Medizinerschaft, die sehr ernst zu nehmen sind, die sagen, ja, das sollte so sein, und ich erkenne auch ganz gute Gründe, vorausgesetzt natürlich, die Ärzte, die das dann wiederum verschreiben müssen, auch diese geringen Mengen, wissen ganz genau über diese unerwünschten Wirkungen bescheid und wissen auch, welche anderen Medikamente, die sie nämlich jeden Tag auch verordnen, ob es bestimmte Antibiotika sind, oder Cholesterinsenker und so weiter, sind hoch problematisch für die Leber und können also dann durch wenig von diesen Medikamenten obendrauf erhebliche Probleme machen.
Meurer: Heute tagt ein Sachverständigenausschuss. Rechnen Sie damit, dass es tatsächlich zu einer solchen Entscheidung kommt, Schmerzmittel nur noch in kleinen Packungsgrößen?
Floto: Das steht ja schon öfter auf der Tagesordnung. Fifty Fifty, es liegt an der Zusammensetzung, wer ist da heute in der Runde, wer ist nicht da. Ich würde sagen 50:50.
Meurer: Also hängt davon ab, ob die Vertreter der Pharmaindustrie da sind?
Floto: Es gibt unterschiedliche Positionen auch in der Ärzteschaft. Die am häufigsten zu hörende ist, "ja, aber". Das heißt also, mit einer Beschränkung der Freiverkäuflichkeit können die meisten leben. Aber es wird noch über die Größenordnung diskutiert, ob es eine Menge sein soll jetzt für vier Tage, sieben Tage, zehn Tage.
Meurer: Wie finden Sie die Idee unseres Bundesgesundheitsministers, die Pharmavertreter, ich sage mal salopp, aus diesem Ausschuss hinauszukomplimentieren?
Floto: Ach man könnte sie ja immer noch mal hören, damit man die Positionen auch dort hat. Aber die Frage ist, welchen Anteil und welche Wertigkeit sie dort bekommen.
Meurer: Christian Floto, Medizinredakteur des Deutschlandfunks, zur Diskussion, ob es Schmerzmittel wie Aspirin nur noch in kleinen Verpackungsgrößen ohne Rezept in der Apotheke geben sollte. Danke schön für Ihren Besuch im Studio.