Dirk Müller: Vielleicht hat das Schlechte auch etwas Gutes. Die miserable Lage auf dem Arbeitsmarkt, die Forderungen nach sozialen Kürzungen und Abbau der Arbeitnehmerrechte, zum Beispiel beim Kündigungsschutz, oder die Forderung nach längeren Arbeitszeiten, nach weniger Urlaub. Die Parteien rüsten für die Neuwahlen, doch viele Fragen sind noch ungeklärt. Gut könnte es für die gebeutelten Gewerkschaften sein. Sie wollen massiv kämpfen für ihre Klientel, für die Belange der Beschäftigten, gegen den neoliberalen Zeitgeist, wenn dieser denn tatsächlich so existiert. Ein Engagement, das den Gewerkschaften wieder neue Mitglieder bringen könnte. Aber was verlangen sie von einer neu gewählten Regierung und von den Parteien? An welcher Stelle sind sie bereit zu Kompromissen und wo hört der Spaß auf? - Das wollen wir nun wissen von Hubertus Schmoldt, Chef der IG Bergbau, Chemie und Energie. Guten Morgen!
Hubertus Schmoldt: Guten Morgen Herr Müller!
Müller: Herr Schmoldt, wann haben Sie davon erfahren, dass die SPD wieder eine Linkspartei ist?
Schmoldt: Das ist sie ja dem Parteispektrum nach immer gewesen. Die SPD hat in der Regierungsverantwortung einige ihrer Programmpunkte so in die Richtung Neoliberalismus verschoben. Dagegen haben wir uns gewehrt und nun werden wir mit hohem Interesse lesen, was die SPD in ihr Wahlmanifest für die Bundestagswahl schreiben wird.
Müller: Jetzt freuen Sie sich nach Zeiten der Reformen wieder auf die "alte" SPD?
Schmoldt: Herr Müller, das kann ja keiner wirklich wollen. Wir haben veränderte Rahmenbedingungen. Das haben alle zur Kenntnis zu nehmen. Darauf müssen wir Antworten suchen. Die Antworten, die die Bundesregierung gesucht hat, sind ja nicht nur ihre eigenen gewesen, sondern immer im Zusammenwirken mit der CDU/CSU im Bundesrat und im Vermittlungsausschuss. Da gab es einige sehr kritische Punkte, die ja auch nicht die gewünschte Wirkung erzielt haben, wenn ich an die Arbeitsmarktreformen denke. Darüber muss geredet werden und da muss wo notwendig und erkennbar nachgebessert werden.
Müller: Was ist denn aus Sicht der Gewerkschaften besonders schief gegangen unter Gerhard Schröder?
Schmoldt: Das ist insbesondere der Teil, der sich mit Hartz IV verbindet. Der Ansatz ist ja richtig, die Menschen möglichst schnell wieder in den ersten Arbeitsmarkt zurückzuvermitteln. Das Wort "fördern und fordern" hat auch bei den Gewerkschaften Unterstützung gefunden. Das Problem liegt nur darin, wenn man keine Arbeitsplätze hat, auf die jemand aus der Arbeitslosigkeit vermittelt werden kann, dann darf man ihn nicht bestrafen und das hat die Regierung getan.
Müller: Und jetzt ist die Regierung offenbar bereit, das wieder zu korrigieren. Es hat ja die erste Revision beim Arbeitslosengeld I gegeben.
Schmoldt: Das ist ja das Bedauerliche, dass wir immer gesagt haben, wer ein so umfassendes Reformpaket auf den Weg bringt, der muss auch gleich deutlich machen, um den Menschen die Angst zu nehmen, was auf sie zukommt. Da hat es ja auch viele Behauptungen gegeben, die hinterher gar nicht Realität geworden sind, aber die Menschen hatten Angst, sie hatten Sorge. Den einen oder anderen hat es auch tatsächlich negativ getroffen. Wenn man dann nicht früh genug sagt, wir sind bereit, über die Wirkung und die Zielgenauigkeit nachzudenken, dann hat das bei den Menschen die Wirkung, die wir nun leider in den letzten Monaten mehr als deutlich erleben mussten.
Müller: Herr Schmoldt, Sie gelten ja gemeinhin als pragmatischer Realist, als Gewerkschafter. Müssen die Beschäftigten sich darauf einstellen, dass man in Zukunft mehr arbeitet und dafür das gleiche Geld bekommt?
Schmoldt: Nein, das müssen sie nicht. Das ist eine Frage, die wir von Betrieb zu Betrieb sehr unterschiedlich handhaben müssen. Wir haben in der letzten Woche sehr unterschiedliche Tarifabschlüsse erlebt, beispielsweise bei der chemischen Industrie. Da haben wir für zwei weitere Jahre die Wochenarbeitszeiten mit 37,5 Stunden festgeschrieben. Natürlich gibt es Korridore. Es gibt betriebliche Spielräume. Aber eine generelle und grundsätzliche Verlängerung der Wochenarbeitszeit ist volkswirtschaftlich und betriebswirtschaftlich dummes Zeug.
Müller: Also in der Bauindustrie ist das ja jetzt gerade geschehen. Nun geht es der nicht besonders gut, jedoch der chemischen Industrie immer noch recht vernünftig. Aber die Branchen, die Schwierigkeiten haben, die müssen Federn lassen?
Schmoldt: Herr Müller, das haben wir in der Vergangenheit auch in den betrieblichen Bündnissen getan. Die Beschäftigten haben ein großes Maß an Belastung auf sich genommen, immer mit der Zielrichtung, möglichst Entlassungen zu vermeiden, auch dann wieder zu besseren Konditionen und Bedingungen zu kommen. Das wird wohl noch eine Weile anhalten, solange jedenfalls die Konjunktur nicht anspringt. In der Bauindustrie ist die Verlängerung der Wochenarbeitszeit ja ein richtiger Schritt, um die Beschäftigungsverhältnisse über das Jahr stabil zu halten, was ja gerade für die Bauindustrie immer ein riesiges Problem war.
Müller: Wenn ein Gewerkschaftsmitglied zu Ihnen kommt und Sie ganz offen fragt, müssen wir uns darauf einstellen, den Gürtel in den kommenden Jahren noch enger zu schnallen, was antworten Sie ihm?
Schmoldt: Dann antworte ich zunächst, dass wir uns genau insbesondere die Wahlprogramme ansehen müssen. Das was man von einigen Parteien hört geht in die Richtung, aber darüber haben die Wähler voraussichtlich am 18. September zu entscheiden. Jeder Weiß, was die Parteien für Programme haben. Jeder weiß, was das im Einzelnen auch bedeutet. Also kann man jedem nur empfehlen, guckt es euch genau an, zieht daraus die Schlussfolgerungen und dann macht ihr das Kreuz hoffentlich auch an der richtigen Stelle.
Müller: Das heißt es gibt Parteien die sagen, es wird besser?
Schmoldt: Nein, das gibt es nicht. Nur die Fragen, welche Belastungen man welcher Bevölkerungsgruppe aufdrückt, die sind sehr unterschiedlich. Da gibt es Parteien, die wollen natürlich immer wieder bei den Beschäftigten, bei den Arbeitslosen, bei den Rentnern, bei den Kranken abkassieren, und dann gibt es Parteien, die tun das nicht in diesem Ausmaß. Die Zeiten sind heute leider so, dass ohne Opfer es nicht gehen wird. Insoweit sind natürlich auch all die Dinge, was Gysi und Lafontaine versprechen, Luftschlösser. Das sind Rezepte aus den 70er Jahren. Die helfen uns nicht im 21. Jahrhundert.
Müller: Loben Sie den neuen Vorstoß der Grünen und der SPD, die eine Millionärssteuer fordern?
Schmoldt: Wir haben ja gesagt, dass die höheren Einkommen stärker belastet werden müssen. Was viel, viel wichtiger ist als der Steuersatz - das ist manchmal eher ein Symbolthema -, dass das, was es an Steuersätzen gibt, auch effektiv gezahlt wird. Wir haben leider heute noch eine Reihe von Schlupflöchern, so dass sich Reiche nach wie vor doch noch einigermaßen arm rechnen können. Das ist ungerecht und das wissen die Menschen und da wollen sie, dass das abgeschafft wird.
Müller: Das wissen die Menschen schon seit Jahrzehnten. Vor allem im vergangenen Jahrzehnt ist es ja immer wieder auf die Agenda gekommen. Auch die Gewerkschaften haben es verlangt. Warum ist die Regierung nicht in der Lage, das zu lösen?
Schmoldt: Wir sind ja nicht Regierung. Wir können ja nur diese Punkte benennen. Wir können die Regierung auch warnen, dass dies zu bestimmten Wahlverhalten führen wird, was es ja auch getan hat. Wenn die Regierung daraus nicht rechtzeitig die notwendigen Schlussfolgerungen zieht, dann werden sie bei den Wahlen abgestraft.
Müller: Es gibt ja auch Themen, die da diskutiert werden: Liberalisierung im Kündigungsschutz beispielsweise. Ist das ein Thema, über das man mit den Gewerkschaften reden kann?
Schmoldt: Nein. Wir haben ja eine so weitgehende Lockerung des Kündigungsschutzes in den letzten Jahren erlebt, dass dies nun wirklich nicht die Hürde ist. Ich finde Norbert Blüm, der ehemalige Arbeitsminister, hat ja Recht, der _96 den Kündigungsschutz erstmals dramatisch verschlechtert hat, wenn er sagt, ich warte heute noch auf die zugesagten 500.000 Arbeitsplätze. Das heißt die Frage ob jemand einstellt oder nicht ist heute keine Frage des Kündigungsschutzes, ist eher eine Frage, wie Arbeitsgerichte mit Arbeitsverhältnissen umgehen, und ist natürlich insbesondere eine Frage, ist genügend Nachfrage vorhanden, damit ein Arbeitsplatz sich einrichten lässt und damit auch im Unternehmen wettbewerbsfähig ist.
Müller: Herr Schmoldt, wenn die neue künftige Regierung eine arbeitnehmerfeindliche Politik auf den Weg bringt, was werden die Gewerkschaften dann machen?
Schmoldt: Die Gewerkschaften haben Wahlergebnisse zu akzeptieren und dann müssen sie der Regierung deutlich sagen, wo die Grenzen liegen. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten der Mobilisierung, aber so weit sind wir noch nicht, Herr Müller. Zunächst einmal müssen wir die Parteien auf ihre Aussagen hin abklopfen. Wir werden als Gewerkschaften keine Empfehlung geben. Wir werden nur sagen, welche Konsequenzen das für jeden Einzelnen in der Zukunft hat und was das auch für die Zukunft Deutschlands bedeutet. Wir wollen eine soziale Marktwirtschaft mit den Elementen, die uns erfolgreich gemacht haben, und darum werden wir ringen.
Müller: Hubertus Schmoldt war das, Chef der IG Bergbau, Chemie und Energie. Vielen Dank für das Gespräch!
Schmoldt: Ich bedanke mich auch.
Hubertus Schmoldt: Guten Morgen Herr Müller!
Müller: Herr Schmoldt, wann haben Sie davon erfahren, dass die SPD wieder eine Linkspartei ist?
Schmoldt: Das ist sie ja dem Parteispektrum nach immer gewesen. Die SPD hat in der Regierungsverantwortung einige ihrer Programmpunkte so in die Richtung Neoliberalismus verschoben. Dagegen haben wir uns gewehrt und nun werden wir mit hohem Interesse lesen, was die SPD in ihr Wahlmanifest für die Bundestagswahl schreiben wird.
Müller: Jetzt freuen Sie sich nach Zeiten der Reformen wieder auf die "alte" SPD?
Schmoldt: Herr Müller, das kann ja keiner wirklich wollen. Wir haben veränderte Rahmenbedingungen. Das haben alle zur Kenntnis zu nehmen. Darauf müssen wir Antworten suchen. Die Antworten, die die Bundesregierung gesucht hat, sind ja nicht nur ihre eigenen gewesen, sondern immer im Zusammenwirken mit der CDU/CSU im Bundesrat und im Vermittlungsausschuss. Da gab es einige sehr kritische Punkte, die ja auch nicht die gewünschte Wirkung erzielt haben, wenn ich an die Arbeitsmarktreformen denke. Darüber muss geredet werden und da muss wo notwendig und erkennbar nachgebessert werden.
Müller: Was ist denn aus Sicht der Gewerkschaften besonders schief gegangen unter Gerhard Schröder?
Schmoldt: Das ist insbesondere der Teil, der sich mit Hartz IV verbindet. Der Ansatz ist ja richtig, die Menschen möglichst schnell wieder in den ersten Arbeitsmarkt zurückzuvermitteln. Das Wort "fördern und fordern" hat auch bei den Gewerkschaften Unterstützung gefunden. Das Problem liegt nur darin, wenn man keine Arbeitsplätze hat, auf die jemand aus der Arbeitslosigkeit vermittelt werden kann, dann darf man ihn nicht bestrafen und das hat die Regierung getan.
Müller: Und jetzt ist die Regierung offenbar bereit, das wieder zu korrigieren. Es hat ja die erste Revision beim Arbeitslosengeld I gegeben.
Schmoldt: Das ist ja das Bedauerliche, dass wir immer gesagt haben, wer ein so umfassendes Reformpaket auf den Weg bringt, der muss auch gleich deutlich machen, um den Menschen die Angst zu nehmen, was auf sie zukommt. Da hat es ja auch viele Behauptungen gegeben, die hinterher gar nicht Realität geworden sind, aber die Menschen hatten Angst, sie hatten Sorge. Den einen oder anderen hat es auch tatsächlich negativ getroffen. Wenn man dann nicht früh genug sagt, wir sind bereit, über die Wirkung und die Zielgenauigkeit nachzudenken, dann hat das bei den Menschen die Wirkung, die wir nun leider in den letzten Monaten mehr als deutlich erleben mussten.
Müller: Herr Schmoldt, Sie gelten ja gemeinhin als pragmatischer Realist, als Gewerkschafter. Müssen die Beschäftigten sich darauf einstellen, dass man in Zukunft mehr arbeitet und dafür das gleiche Geld bekommt?
Schmoldt: Nein, das müssen sie nicht. Das ist eine Frage, die wir von Betrieb zu Betrieb sehr unterschiedlich handhaben müssen. Wir haben in der letzten Woche sehr unterschiedliche Tarifabschlüsse erlebt, beispielsweise bei der chemischen Industrie. Da haben wir für zwei weitere Jahre die Wochenarbeitszeiten mit 37,5 Stunden festgeschrieben. Natürlich gibt es Korridore. Es gibt betriebliche Spielräume. Aber eine generelle und grundsätzliche Verlängerung der Wochenarbeitszeit ist volkswirtschaftlich und betriebswirtschaftlich dummes Zeug.
Müller: Also in der Bauindustrie ist das ja jetzt gerade geschehen. Nun geht es der nicht besonders gut, jedoch der chemischen Industrie immer noch recht vernünftig. Aber die Branchen, die Schwierigkeiten haben, die müssen Federn lassen?
Schmoldt: Herr Müller, das haben wir in der Vergangenheit auch in den betrieblichen Bündnissen getan. Die Beschäftigten haben ein großes Maß an Belastung auf sich genommen, immer mit der Zielrichtung, möglichst Entlassungen zu vermeiden, auch dann wieder zu besseren Konditionen und Bedingungen zu kommen. Das wird wohl noch eine Weile anhalten, solange jedenfalls die Konjunktur nicht anspringt. In der Bauindustrie ist die Verlängerung der Wochenarbeitszeit ja ein richtiger Schritt, um die Beschäftigungsverhältnisse über das Jahr stabil zu halten, was ja gerade für die Bauindustrie immer ein riesiges Problem war.
Müller: Wenn ein Gewerkschaftsmitglied zu Ihnen kommt und Sie ganz offen fragt, müssen wir uns darauf einstellen, den Gürtel in den kommenden Jahren noch enger zu schnallen, was antworten Sie ihm?
Schmoldt: Dann antworte ich zunächst, dass wir uns genau insbesondere die Wahlprogramme ansehen müssen. Das was man von einigen Parteien hört geht in die Richtung, aber darüber haben die Wähler voraussichtlich am 18. September zu entscheiden. Jeder Weiß, was die Parteien für Programme haben. Jeder weiß, was das im Einzelnen auch bedeutet. Also kann man jedem nur empfehlen, guckt es euch genau an, zieht daraus die Schlussfolgerungen und dann macht ihr das Kreuz hoffentlich auch an der richtigen Stelle.
Müller: Das heißt es gibt Parteien die sagen, es wird besser?
Schmoldt: Nein, das gibt es nicht. Nur die Fragen, welche Belastungen man welcher Bevölkerungsgruppe aufdrückt, die sind sehr unterschiedlich. Da gibt es Parteien, die wollen natürlich immer wieder bei den Beschäftigten, bei den Arbeitslosen, bei den Rentnern, bei den Kranken abkassieren, und dann gibt es Parteien, die tun das nicht in diesem Ausmaß. Die Zeiten sind heute leider so, dass ohne Opfer es nicht gehen wird. Insoweit sind natürlich auch all die Dinge, was Gysi und Lafontaine versprechen, Luftschlösser. Das sind Rezepte aus den 70er Jahren. Die helfen uns nicht im 21. Jahrhundert.
Müller: Loben Sie den neuen Vorstoß der Grünen und der SPD, die eine Millionärssteuer fordern?
Schmoldt: Wir haben ja gesagt, dass die höheren Einkommen stärker belastet werden müssen. Was viel, viel wichtiger ist als der Steuersatz - das ist manchmal eher ein Symbolthema -, dass das, was es an Steuersätzen gibt, auch effektiv gezahlt wird. Wir haben leider heute noch eine Reihe von Schlupflöchern, so dass sich Reiche nach wie vor doch noch einigermaßen arm rechnen können. Das ist ungerecht und das wissen die Menschen und da wollen sie, dass das abgeschafft wird.
Müller: Das wissen die Menschen schon seit Jahrzehnten. Vor allem im vergangenen Jahrzehnt ist es ja immer wieder auf die Agenda gekommen. Auch die Gewerkschaften haben es verlangt. Warum ist die Regierung nicht in der Lage, das zu lösen?
Schmoldt: Wir sind ja nicht Regierung. Wir können ja nur diese Punkte benennen. Wir können die Regierung auch warnen, dass dies zu bestimmten Wahlverhalten führen wird, was es ja auch getan hat. Wenn die Regierung daraus nicht rechtzeitig die notwendigen Schlussfolgerungen zieht, dann werden sie bei den Wahlen abgestraft.
Müller: Es gibt ja auch Themen, die da diskutiert werden: Liberalisierung im Kündigungsschutz beispielsweise. Ist das ein Thema, über das man mit den Gewerkschaften reden kann?
Schmoldt: Nein. Wir haben ja eine so weitgehende Lockerung des Kündigungsschutzes in den letzten Jahren erlebt, dass dies nun wirklich nicht die Hürde ist. Ich finde Norbert Blüm, der ehemalige Arbeitsminister, hat ja Recht, der _96 den Kündigungsschutz erstmals dramatisch verschlechtert hat, wenn er sagt, ich warte heute noch auf die zugesagten 500.000 Arbeitsplätze. Das heißt die Frage ob jemand einstellt oder nicht ist heute keine Frage des Kündigungsschutzes, ist eher eine Frage, wie Arbeitsgerichte mit Arbeitsverhältnissen umgehen, und ist natürlich insbesondere eine Frage, ist genügend Nachfrage vorhanden, damit ein Arbeitsplatz sich einrichten lässt und damit auch im Unternehmen wettbewerbsfähig ist.
Müller: Herr Schmoldt, wenn die neue künftige Regierung eine arbeitnehmerfeindliche Politik auf den Weg bringt, was werden die Gewerkschaften dann machen?
Schmoldt: Die Gewerkschaften haben Wahlergebnisse zu akzeptieren und dann müssen sie der Regierung deutlich sagen, wo die Grenzen liegen. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten der Mobilisierung, aber so weit sind wir noch nicht, Herr Müller. Zunächst einmal müssen wir die Parteien auf ihre Aussagen hin abklopfen. Wir werden als Gewerkschaften keine Empfehlung geben. Wir werden nur sagen, welche Konsequenzen das für jeden Einzelnen in der Zukunft hat und was das auch für die Zukunft Deutschlands bedeutet. Wir wollen eine soziale Marktwirtschaft mit den Elementen, die uns erfolgreich gemacht haben, und darum werden wir ringen.
Müller: Hubertus Schmoldt war das, Chef der IG Bergbau, Chemie und Energie. Vielen Dank für das Gespräch!
Schmoldt: Ich bedanke mich auch.