Montag, 20. Mai 2024

"Weiße Flagge hissen"
Scholz widerspricht Papst-Aussagen zum Krieg in der Ukraine

Die Kritik an den Aussagen von Papst Franziskus zum Krieg in der Ukraine reißt nicht ab. Ein Regierungssprecher sagte in Berlin, die Meinung, dass Kiew im Abwehrkampf gegen Russland eine "weiße Fahne" hissen müsse, werde von Bundeskanzler Scholz nicht geteilt. Russland sieht sich hingegen bestätigt.

12.03.2024
    Papst Franziskus winkt mit der rechten Hand.
    Papst Franziskus' Aussage zieht viel Kritik nach sich. (picture alliance / ZUMAPRESS.com / Stefano Costantino)
    Der Papst hatte von der Ukraine unter anderem "Mut zum Verhandeln" gefordert und angeregt, die "weiße Fahne" zu hissen. Regierungssprecher Hebestreit betonte, die Ukraine wehre sich gegen einen Aggressor.
    Gestern Abend hatte bereits Außenministerin Baerbock ihr Unverständnis zum Ausdruck gebracht. Die Grünen-Politikerin sagte im ARD-Fernsehen, wenn es eine minimale Chance gebe, dass das russische Regime Gesprächsbereitschaft zeige, "dann wäre die ganze Welt da und würde reden". Nur leider sehe man jeden Tag das Gegenteil.

    Kritik aus der Union

    Führende Politiker von CDU und CSU nutzten eine Präsidiumssitzung in Berlin, um ihre Haltung deutlich zu machen. Hessens Regierungschef Rhein sagte vor Beginn der Sitzung, durch das Hissen von weißen Flaggen sei in der Ukraine nichts gelöst. Ihm falle es als gläubiger Katholik schwer, die Aussagen des Papstes nachzuvollziehen. CSU-Landesgruppenchef Dobrindt meinte, Franziskus' Äußerungen sollten "von gegebener Seite" eingeordnet werden.
    Sachsens Ministerpräsident Kretschmer, ebenfalls CDU, vertritt dagegen einen anderen Standpunkt. Er sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, er teile den Aufruf des Papstes zu Verhandlungen. Es sei klar, dass die Ukraine unterstützt werden müsse und Russland der Aggressor in diesem Krieg sei, betonte der CDU-Politiker. "Dennoch müssen wir uns mehr anstrengen, das Sterben im Krieg zu beenden", fügte er hinzu.

    Stoltenberg warnt vor russischer Besatzung der Ukraine

    NATO-Generalsekretär Stoltenberg forderte unterdessen, die Ukraine weiter militärisch zu unterstürzten. Im Deutschlandfunk kritisierte Stoltenberg die Äußerung des Papstes. Aufzugeben bedeute keinen Frieden für die Ukraine, sondern russische Besatzung. Ziel von Verhandlungen müsse aber eine Lösung sein, die die Ukraine als souveränes, unabhängiges Land erhalte.

    Russland sieht sich bestätigt

    Russland sah sich durch die Aussagen des Papstes bestätigt. Außenamtssprecherin Sacharowa sagte der italienischen Nachrichtenagentur Insa: "So wie ich es sehe, bittet der Papst den Westen, seine Ambitionen beiseite zu legen und zuzugeben, dass er falsch lag."
    Die Vorsitzende der BSW-Partei, Wagenknecht, nannte die Kritik an Franziskus "respektlos". Auch sie plädierte für einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen "statt immer neuer Waffenlieferungen", die auch dem deutschen Steuerzahler nicht mehr zuzumuten seien, sagte sie den Zeitungen der Funke- Mediengruppe.
    Die Deutsche Bischofskonferenz hat die Äußerungen von Papst Franziskus zum Ukraine-Krieg als "unglücklich" bezeichnet. Ihr Sprecher sagte der Deutschen Presse-Agentur, der Papst habe der Ukraine nicht die Kapitulation nahegelegt. Es sei ein Appell für Verhandlungen gewesen. Aus der Sicht der deutschen Bischöfe müsse die Ukraine selbst abwägen, wann der Moment für Friedensverhandlungen gekommen sei, betonte der Sprecher.
    Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken forderte Franziskus dazu auf, einen Appell an Russland zu richten, den Krieg gegen das Nachbarland zu beenden.

    Mehr zum Thema

    Hören Sie hier Einschätzungen unserer Ukraine-Expertin Sabine Adler zu dem Thema.
    Diese Nachricht wurde am 12.03.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.