Freitag, 19. April 2024

Archiv

Schottland-Referendum
Gedankenspiele zur Währung

Sollte Schottland sich für die Unabhängigkeit entscheiden, dann dürfte das für Unruhe an den Finanzmärkten sorgen. Die mögen Unsicherheit nicht. Und deshalb dürfte bald eine Frage diskutiert werden: In welcher Währung wird abgerechnet und bezahlt? Dafür gibt es vier Optionen.

Von Brigitte Scholtes | 18.09.2014
    Schottische Pfundscheine und Münzen
    Befürworter und Gegner der Unabhängigkeit streiten um das schottische Pfund (AFP / ANDY BUCHANAN)
    Option 1: Eine neue Währung
    Die Einführung einer eigenen Währung ist wohl die unwahrscheinlichste Variante. Denn sie wäre mit hohen Kosten für die Umstellung und für die Refinanzierung verbunden, weil Schottland nicht mit der guten Bonität Englands bewertet würde. Und solange es die alte Währung, also das Pfund Sterling noch gibt, solange ist das Risiko hoch, dass die Schotten ihre Gelder in Pfund anlegen, sagt Christian Apelt, Devisenexperte der Helaba, der Landesbank Hessen-Thüringen:
    "Es würde zu einer Kapitalflucht kommen, das Risiko besteht durchaus. Und dann hängt es dann von der Politik ab, wie sie das macht: Will sie einen flexiblen Wechselkurs? Dann ist die Gefahr relativ hoch. Sie könnte allerdings auch, wie andere Länder das schon gemacht haben, ihren Wechselkurs fest binden, zum Beispiel eins zu eins an das britische Pfund, dann wäre die Gefahr einer Kapitalflucht zumindestens deutlich geringer. Dann hätte Schottland mit einer eigenen Währung indirekt auch das britische Pfund."
    Option 2: Das Pfund in einer Währungsunion mit England
    Das ist die Option, für die sich die Unabhängigkeitsbewegung einsetzt. Die britische Regierung lehnt eine Währungsunion zwar ab, sie fürchtet, dass die schottische Regierung dann die gute Bonität Großbritanniens ausnutzen und sich zu viel Geld am Kapitalmarkt leihen würde. Ulrich Leuchtmann, Devisenexperte der Commerzbank hielte jedoch diese Lösung einer Währungsunion von Schottland mit England, Nordirland und Wales, also "Rest-UK", für sinnvoll:
    "Das wäre dann ein Ergebnis, welches die Konsequenzen minimieren würde. Ich glaube, deshalb wäre es auch im beiderseitigen Interesse, sowohl im Interesse der Schotten, die nicht die Risiken anderer Alternativen wählen müssten, aber auch im Interesse von Rest-UK, weil letztendlich die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Schottland und Rest-UK dann am wenigsten belastet würden und es deshalb am wenigsten Verwerfungen und Anpassungskosten geben würde."
    Option 3: Das Pfund ohne Währungsunion
    Die britische Regierung könnte den Schotten nicht verbieten, das Pfund Sterling weiter zu nutzen. Sie hätten dann zwar weiter eine stabile Währung, aber sie müssten auch entscheidende Nachteile in Kauf nehmen, sagt Christian Apelt von der Helaba:
    "Zum einen hat das Land keinerlei Einfluss auf die Geldpolitik, auch wenn es vielleicht nützlich wäre, die Zinsen zu senken, zu erhöhen. Der andere Faktor ist: Notenbanken bestimmen nicht nur die Zinspolitik, sondern sie stehen auch bereit, im Notfall den großen Banken auszuhelfen. Wenn dieser Sicherheitsschirm fehlen würde, gäbe es erhöhte Risiken für die Banken, und das wäre noch ein Argument mehr für die schottischen Banken, ihren Hauptsitz nach England zu verlagern."
    Das planen die Finanzinstitute ohnehin im Fall der Unabhängigkeit.
    Option 4: Der Euro
    Der steht derzeit nicht zur Diskussion, das war vor fünf Jahren noch anders. Aber die Erfahrungen der Europäischen Währungsunion in der Finanz- und Schuldenkrise haben die Schotten da umdenken lassen. Christian Apelt von der Helaba:
    "Erstens sind die wirtschaftlichen Verflechtungen zu Großbritannien doch wesentlich stärker, mehr als die Hälfte der Exporte gehen derzeit nach Großbritannien. Von daher dürfte das ökonomische Interesse eher am Pfund liegen."
    Und was noch zu bedenken wäre: Die EU-Mitgliedschaft
    Für die nächsten 18 Monate bleibt erst einmal alles beim Alten – solange währt die Übergangsfrist. Ob Schottland dann wieder das übliche zeitintensive Beitrittsverfahren durchlaufen müsste, ist fraglich – schließlich gilt schon das EU-Recht. Das kann Schottland nicht allein entscheiden. Aber es könnte neue politische Entwicklungen geben,
    sagt Ulrich Leuchtmann von der Commerzbank:
    "Eine Einführung des Euro wäre dann wahrscheinlich, wenn Rest-UK sich dann irgendwann mal entscheiden würde, aus der EU auszutreten. Die Wahrscheinlichkeit ist ja höher ohne Schottland. Und dann ist die Frage für die Schotten: Ist es dann nicht einfacher, in der EU zu verbleiben und dann einfach den Euro zu übernehmen."