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Schulbiologiezentrum Hannover
Regenwald im Gurkenglas

Im Schulbiologiezentrum in Hannover sollen Kinder spielend den Umgang mit der Umwelt erlernen. Im Kontakt mit Hunden, bei einem Spaziergang durch den Wald oder mithilfe eines Regenwalds im Gurkenglas versuchen Pädagogen, ihnen zu vermitteln, dass wir unsere Natur schützen müssen.

Von Alexaner Budde |
    Herbst in der Monbachtal-Schlucht im Nord-Schwarzwald
    Immer häufiger nutzen Lehrer den Wald für pädagogische Zwecke: Im Unterholz gibt es viel zu entdecken. (picture alliance / dpa / Ronald Wittek)
    "Vom Wolf zum Dackel", so lautet das Thema im Schulbiologiezentrum Hannover. Ein Lernziel ist auch, die Körpersprache von Motte richtig einzuschätzen. Rose Pettit schaut zu, wie eine Meute aus Fünftklässlern immer dichter an den gutmütigen Dackel herandrängt. Es ist zum Heulen - doch Motte bleibt ganz gelassen.
    "Ich bin seit Kinderbeinen begeisterte Biologin, Naturfreundin! Das macht einfach Freude, wenn ich die Kinder beobachte, wie sie dann doch - obwohl sie eigentlich Ängste hatten - auf die Hunde zugehen, die Hunde anfassen, mit den Hunden arbeiten."
    Ein Berufsleben lang hat Pettit Biologie und Chemie am Gymnasium gelehrt. Formal im Ruhestand will sie Natur buchstäblich "begreifbar" machen.
    "Ich glaube, dass vieles hinten runterfällt, weil die Ausbildung der Lehrer heute in der Hinsicht auch schlechter ist als früher. Sie bekommen sehr wenig praktische Ausbildung, es werden kaum noch Exkursionen gemacht, es wird eben ganz viel theoretisch in der Universität gearbeitet - aber den Lehrern fehlt eben, was wir hier vermitteln - und deswegen kommen sie ja auch so gern zu uns!"
    40 Mitarbeiter, die sich als Dienstleister für Schulen und Kitas verstehen
    Terrarien stehen auf den Ablagen ringsum: Schaben krabbeln, eine Kettennatter döst gut verborgen im Geäst. Anke Malethan führt den Reporter zu einem großen Glasbecken, gefüllt mit Erde, Gestein und allerhand Pflanzen. Vor 20 Jahren haben sie ihre "Biosphäre" versiegelt, erzählt die Projektleiterin. Den "Regenwald im Gurkenglas" gibt es auch zum Mitnehmen. Die Umweltpädagogin späht durch die Glashülle und beobachtet ...
    "... ein schönes Gleichgewicht zwischen absterbenden Pflanzen und wieder nachwachsenden Pflanzen. Was global passiert, simuliert hier diese Biosphäre lokal im Klassenraum auch. Da kann man ganz viel Kreisläufe auch ansprechen mit den Schülern - so wie CO2 Kreislauf und Bodenbildung. Und was wäre auch die Konsequenz bei einem Klimawandel für solche Biotope?"
    Wildwuchs auf 16 Hektar Fläche rund um Wald, Weiher und Wiese: Regine Leo und ihre 40 Mitarbeiter im Zentrum verstehen sich als Dienstleister für die umliegenden Kitas und Schulen, sie verleihen Pflanzensortimente, schulen Lehrkräfte, entwickeln Module für erlebnis- und handlungsorientierten Unterricht.
    "Was passiert eigentlich, wenn sich ein Eisberg im Wasser befindet und wenn der erwärmt wird? Was passiert denn, wenn das Eis schmilzt? Wie viel steigt dann zum Beispiel das Wasser? Das kann man alles im Experiment mit relativ einfachen Hausmitteln ausprobieren!"
    Entdeckungen im Unterholz
    Die Besucher müssen sich gut vorbereiten. Forschendes Lernen zu einem so komplexen Phänomen wie dem Klimawandel setzt penible Absprachen voraus, sagt Leo, die Leiterin:
    "Das ist natürlich schwierig, weil es konkurriert mit vielen anderen Themen und Fächern. Ich denke, was einfach wichtig ist, dass die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit haben, eben auch außerschulische Lernorte aufzusuchen. Weil wir eben nicht so diesen Ausflugscharakter uns wünschen hierher, sondern dass wir wirklich ernsthaft eingebaut in den Unterricht und passgenau auch an die curriculare Anbindung dann eben dieses Thema aufbereiten. Nach dem Motto: Nur was wir kennen und schätzen können wir später auch schützen!"
    Noch ganz beglückt tritt Antje Burmester mit ihren Viertklässlern aus dem Unterholz. Die Besucher von der Maximilian-Kolbe-Schule in Kleefeld präsentieren die Fundstücke ihrer Wald-Expedition: allerhand Blätter und Zweige, eine Gänsefeder, ein Yoghurtbecher:
    "Ich renn durch den Wald – und dann sieht man auch fast immer mal so Sachen, die da rumliegen und gar nicht hierher gehören, wie hier zum Beispiel. Ist ja Plastik, das können die nicht verdauen ...."
    "Ich glaube das Interesse ist nicht unbedingt so da - aber es wäre wichtig, es zu wecken - dass wir halt mit unseren Ressourcen gut umgehen! Die Kinder können hier rumlaufen, die dürfen das ganze Totholz das hier liegt hin und herschleppen, die können Buden bauen, die dürfen auf die Bäume klettern – und das hat man in der Stadt ja sonst nicht!"
    Antje Burmester, die Lehrerin, erlebt ihre Schüler als konsumfreudige Generation, von komplizierter Technik und von drängenden Problemen umstellt.