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Schuldenbremse
Die saarländische Hochschullandschaft wird umgebaut

Die Schuldenbremse zwingt das Saarland zum Sparen und davon werden auch die beiden großen Hochschulen des Landes nicht ausgenommen. Für Studierende und Beschäftigte wird es drastische Einschnitte geben.

Von Tonia Koch | 11.06.2014
    Eine Künstlergruppe, die sich der gegenständlichen Kunst in ironischer Brechung verschrieben hat. Eines der bekanntesten Werke von Johannes Grützke ziert die Frankfurter Paulskirche, ein Wandfresko von 3 mal 32 Meter Umfang. Auch davon erzählt Johannes Gr
    Annegret Kramp-Karrenbauer spricht lieber von Attraktivitätssteigerung und Profilbildung als von einem Verlust an Studienplätzen. (picture-alliance / dpa / Oliver Dietze)
    Eine verbindliche Rechnung kann im Moment keiner der Beteiligten aufstellen, denn wie die finanzielle Ausstattung der saarländischen Hochschulen aussehen wird, darüber entscheidet auch der Bund, wenn fest steht, wie viele Hochschulpaktmittel künftig zugeteilt werden. Aber wenn, wie bereits beschlossen, die Landesmittel für die Hochschulen bis zum Jahr 2020 nicht nur eingefroren, sondern verringert werden, dann bedeutet das, dass vor allem die Universität kräftig abspecken muss, daran lässt Universitätspräsident Volker Linneweber keinen Zweifel.
    "Wir rechnen in der Tat damit, dass dann, wenn wir das umgesetzt haben, wir in etwa 4.700 Studierende weniger haben könnten als gegenwärtig. Aber das wäre in sieben bis acht Jahren, weil jeder, der da ist, kann sein Studium ordentlich zu Ende machen."
    Die Ministerpräsidentin, Annegret Kramp-Karrenbauer, spricht lieber von Attraktivitätssteigerung und Profilbildung als von einem Verlust an Studienplätzen.
    "Ob das die Zahl ist, die der Universitätspräsident für die UDS errechnet hat, ist aus meiner Sicht ein worst-case-Szenario."
    Zusammenlegung der Fakultäten
    Die Universität denkt trotzdem darüber nach, sich vor dem Hintergrund des Spardiktates neu aufzustellen. Die Zahl der Fakultäten soll von heute acht auf fünf verkleinert werden. Die Naturwissenschaften, der Schwerpunkt Informatik und die Medizin bleiben in unveränderter Form erhalten. Die Rechtswissenschaften, die bislang mit den Wirtschaftswissenschaften eine Fakultät bildete, werden den Geisteswissenschaften zugeschlagen und die Wirtschaftswissenschaften sollen zukünftig bei den empirischen Humanwissenschaften angesiedelt werden. Volker Linneweber:

    "Das ist nicht so außergewöhnlich, das findet sich etwa in Mannheim eine solche Konstellation. Aber die Kombination der Rechtswissenschaft mit den Kulturwissenschaften finde ich unheimlich spannend und erhoffe mir sehr viel davon, insbesondere im Hinblick auf den Europa-Schwerpunkt."
    Der Wissenschaftsrat hatte empfohlen, Jura in Saarbrücken zugunsten einer Kooperation etwa mit der Universität Trier aufzugeben. Dieser Empfehlung werde das Land jedoch nicht folgen, sagt die Ministerpräsidentin, die im Saarland auch für die Hochschulpolitik zuständig ist.
    "Der Wissenschaftsrat hat uns ja gesagt, dass wir im Bereich der Rechtsinformatik, des Europa-Institutes und des 'Centre Juridique' gut aufgestellt sind und wir haben lange mit den Experten gesprochen, sind solche Einrichtungen zu halten, ohne einen grundständigen Staatsexamensstudiengang und die Experten haben gesagt, es geht nicht."
    Trotzdem werden die Rechtswissenschaften Federn lassen müssen und Professorenstellen streichen. Lange nicht so stark jedoch wie die Lehramtsstudiengänge. Noch keine Strategie wurde für die Wirtschaftswissenschaften gefunden. Auf die vom Wissenschaftsrat empfohlene Business-Schoo, in der die Betriebswirtschaftsstudiengänge der Uni und der Fachhochschule gebündelt werden sollten, konnten sich die beiden Hochschulen nicht verständigen, die Wirtschaftswissenschaftler der Universität lehnen diese Lösung ab. Im Rahmen der Ingenieurswissenschaften konnte allerdings zwischen den beiden Hochschulen eine intensive Zusammenarbeit vereinbart werden. Die sogenannte Kooperationsplattform eröffnet insbesondere der Fachhochschule neue Möglichkeiten, bis hin zu einem gemeinsam geführten Promotionsstudiengang. Wolrad Rommel, Rektor der Hochschule für Technik und Wirtschaft.
    "Wir können nicht alles doppelt und dreifach aufbauen. Forschung beruht auf Forschungsinfrastruktur, Man muss kritische Masse aufbauen und deshalb sind wir als kleine Hochschule auf Kooperationen angewiesen, damit wir auch sichtbar werden, gerade im Forschungsbereich."
    Noch gelten alle diese Überlegungen als Vorschläge, die bis zur Sommerpause diskutiert werden sollen. Aber dass daran noch viel zu rütteln sein dürfte, daran glaubt zumindest die AStA–Vorsitzende Charlotte Dahlem nicht mehr.
    "Natürlich sagt die Staatskanzlei, es ist alles ein Diskussionsprozess, allerdings sind die Vorschläge jetzt schon da und man arbeite die jetzt ab."
    Landesregierung und Hochschulleitungen hatten nach eigenen Angaben bewusst auf eine frühzeitige Befassung der studentischen Gremien mit dem Reformprozess verzichtet.