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Schutz vor der Schweinepest
Irritation über dänischen Grenzzaun

Dänemark will sich gegen die afrikanische Schweinepest schützen. Und hat deshalb einen 67 Kilometer langen Zaun an der Grenze zu Deutschland gezogen. Doch in der Region sorgt das Projekt für Irritationen - auch auf dänischer Seite.

Von Johannes Kulms | 18.11.2019
An der deutsch-dänischen Landgrenzen wird Ende November der neue Grenzzaun fertig werden.
An der deutsch-dänischen Landgrenzen wird Ende November der neue Zaun fertig werden. (Deutschlandfunk/ Johannes Kulms)
Mitten im Nirgendwo des deutsch-dänischen Grenzlands haben Aktivisten kürzlich eine kleine Freiluftgalerie eröffnet. Auf einem Gemälde hält ein Affe einen roten Telefonhörer in der Hand. Daneben prangt der Slogan "Kopenhagen, wir haben ein Problem".
Ein Zaun zum Schutz der Landwirte
Die Werke hängen an jenem Zaun, der schon in wenigen Tagen die gesamte 67 Kilometer lange deutsch-dänische Grenze abschließen soll. Mit der 1,40 m hohen Barriere will die dänische Regierung Wildschweine aus dem Land halten. Und damit auch die für Tiere tödliche afrikanische Schweinepest. Eine Maßnahme, um dänische Landwirte vor finanziellen Einbußen zu schützen. Und den für das Land bedeutenden, weltweiten Export von Schweinefleisch.
"Das ist natürlich viel Geld und viele Arbeitsplätze und das ist natürlich auch wichtig. Aber für uns, die betroffen werden, da ist es nicht so schön."
Ärger über den Zaun in der deutsch-dänischen Grenzregion
Lars Christian Jensen ist Jäger und Landwirt in der Gemeinde Frøslev. Nur wenige Schritte von der Gemäldesammlung entfernt hat er seinen Hof, baut hier zum Beispiel Mais an für Biogasanlagen. Wie viele Menschen in der deutsch-dänischen Grenzregion stört er sich an dem Zaun. Nicht nur, weil es mit der Ruhe im Grenzgebiet jetzt vorbei ist und laut Jensen neuerdings Busse mit Touristen vorfahren, um den Zaun zu besichtigen. Sondern auch, weil hier nun für Tiere ein gefährliches Hindernis entstanden sei. Er greift zu seinem Handy und zeigt ein kurzes Video.
"Das ist vom Reh, was hier am Zaun verunglückt ist, was ich dann erschießen musste, hier an dieser Stelle."
Die dänische Regierung bietet Landbesitzern, über deren Grund der Zaun läuft, eine Entschädigung. Doch die von Kopenhagen angesetzte Summe sei viel zu niedrig ärgert sich Lars Christian Jensen. Vor allem geht es ihm um das Symbol in einer Region, die auch wegen der Aussöhnung nach vielen blutigen Konflikten als Vorbild in Europa gilt. Im kommenden Jahr wird das 100-jährige Bestehen des heutigen Grenzverlaufs gefeiert.
"Ja, das ist wohl ein kleiner Zufall jetzt. Und auch mit der Mauer in Berlin. Also, das Ganze stürzt hier zusammen jetzt gerade."
Für Dänemark ist der Verkauf von Schweinefleisch ein Milliardengeschäft. Käme die afrikanische Schweinepest ins Land müssten die Exporte in Staaten außerhalb der EU über Nacht eingestellt werden.
1,5 Milliarden Euro Schaden würde das bedeuten und 35.000 Dänen könnten dann ihre Jobs verlieren sagt Thomas Andresen. Er ist der Bürgermeister der Grenzkommune Apenrade. Andresen ist für den Zaun: "Weil wir das Signal an die Umwelt senden müssen, dass wir die Lebensmittelsicherheit und Kontrollen sehr ernst nehmen in Dänemark. Und dass wir auch keine Unkosten scheuen und keine Kontrolle scheuen, um die durchzuführen."
Der Zaun als Signal?
Andresen weiß, dass es hier vor allem um ein Signal geht. Denn Kritiker sagen, dass die neue Barriere nutzlos sei. Denn als Hauptüberträger der afrikanischen Schweinepest gilt der Mensch.
Dass der Zaun womöglich das Verhältnis zwischen Deutschen und Dänen verschlechtert, glaubt der Bürgermeister von Apenrade auch nicht. Er findet…
"… das ist eigentlich mehr die Souveränität, die uns zusteht in Dänemark, dass die Entscheidung dänisch ist. Und da glaube ich auch, also, dass man auch im groben sagen kann, dass auf höherer politischer Ebene in Deutschland das auch nicht so diskutiert wird."
Die Schweinezüchterin Charlotte Christensen.
Für die Schweinezüchterin Charlotte Christensen laufen die Geschäfte sehr gut. (Deutschlandfunk / Johannes Kulms)
Im fernen China tobt schon länger die afrikanische Schweinepest. Viele Millionen Tiere mussten deswegen getötet werden. Damit steigt auch die Nachfrage nach dänischem Fleisch. Für die Schweinezüchterin Charlotte Christensen laufen die Geschäfte gerade sehr gut.
"Ja, die Preise sind sehr hoch und Dänemark exportiert sehr viel."
Seit zehn Jahres führt sie den Hof ihres Vaters. nahe der deutschen Grenze. Sie hofft darauf, dass die afrikanische Schweinepest ihre Existenz nicht gefährdet. Auch wenn die 49-Jährige das größte Risiko beim Menschen sieht - zum Beispiel bei den dänischen Jägern, die zur Wildschweinjagd nach Polen fahren – meint sie: Der Zaun hat einen Zweck.
"Ich glaube, das hilft. Ich glaube, das ist nicht eine hundertprozentige Lösung und das sieht nicht gut aus. Aber das hilft!"