Donnerstag, 28. März 2024

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"Schwarze Liste" nach Paradise Papers
Die Versäumnisse Brüssels

Nach den Enthüllungen der Paradise Papers wurde beim Treffen der EU-Finanzminister über Folgen und Ahndungen diskutiert. Auf konkrete Sanktionen wurde sich noch nicht festegelegt, doch wieder tauchte das Vorhaben einer "Schwarzen Liste" auf. Denn "die schärfste Sanktion ist, wenn man überhaupt auf dieser Liste erscheint".

Von Thomas Otto | 07.11.2017
    Eine Hand auf einem Tablet - auf dem Dislplay steht "Paradise Papers"
    Vor zwei Jahren ist sie gescheitert, doch nach den Paradise Papers könnte es sie bald geben: Die Schwarze Liste (MAXPPP / dpa / Jean-François Fre)
    Mehrmals schon ist in der EU der Versuch gescheitert, sich auf eine Schwarze Liste von Steueroasen zu einigen. Zwar hatte die EU-Kommission bereits vor über zwei Jahren solch eine Liste vorgelegt. Die war von vielen aber als unvollständig kritisiert worden. Im Februar hatte die Kommission dann die Steuergesetze von 92 Ländern kritisiert und von 60 Staaten bis Mitte November Reformen gefordert. Vor dem heutigen Treffen der EU-Finanzminister kündigte Währungskommissar Pierre Moscovici an:
    "Es ist wichtig, dass die Schwarze Liste noch 2017 fertig wird. Wir brauchen angemessene Sanktionen für die Länder, die auf der Liste der Steuerparadiese stehen. Länder der EU werden nicht auf der Liste stehen, denn ein Steuerparadies ist ein Land, das nicht die Standards verantwortungsvoller Regierungsführung kennt."
    Noch keine konkreten Sanktionen
    Auch Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire forderte konkrete Konsequenzen für Länder auf der Schwarzen Liste. So könnten für diese Staaten Hilfen des IWF und der Weltbank gestrichen werden. Noch haben sich aber die EU-Staaten nicht auf konkrete Sanktionen verständigt, erklärte der geschäftsführende Bundesfinanzminister Peter Altmaier nach dem Treffen mit seinen EU-Kollegen:
    "Ich persönlich bin da offen für gute Vorschläge, will allerdings auch sagen, dass einer der Kollegen gesagt hat, die schärfste Sanktion ist, wenn man überhaupt auf dieser Liste erscheint. Und deshalb ist es für mich vor allen Dingen wichtig, dass die Liste zustande kommt."
    Neue Kritik an der Rolle einzelner Mitgliedsstaaten
    Beim nächsten Treffen der Finanzminister im Dezember soll das nun passieren.
    Aus dem EU-Parlament wird derweil neue Kritik an der Rolle einzelner Mitgliedsstaaten laut, unter anderem vom CSU-Angeordnete Markus Ferber und dem Grünen Sven Giegold. So spiele Großbritannien eine zentrale Rolle beim globalen Steuerdumping, so Giegold. Der linke Bundestagsabgeordnete Fabio De Masi – bis vor kurzem ebenfalls Mitglied des EU-Parlaments – bezweifelte im ZDF, dass internationale Abkommen im Kampf gegen Steuervermeidung ausreichten:
    "Wir haben natürlich immer viele Veto-Spieler. Ob das karibische Inseln sind oder mitten in Europa Luxemburg, Malta, die Niederlande, Irland – Da gibt es genug. Und deswegen reicht es nicht, dass man sagt, wir müssen uns auf internationale Regeln verständigen. Das wird nicht passieren."
    Nachgewiesene Mitverantwortung
    De Masi fordert deshalb, dass die Bundesrepublik unabhängig von anderen EU-Staaten aktiv werde und beispielsweise Strafsteuern auf Finanzflüsse in Steueroasen erhebe.
    Zuletzt hatte die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Irland eingeleitet. Das Land weigert sich bisher, 13 Milliarden Euro an zu Unrecht gewährten Steuernachlässen vom IT-Riesen Apple einzuziehen.
    Nach den Luxleaks-Enthüllungen 2014 und den Panama-Papers im vergangenen Jahr hatten mehrere Untersuchungs- und Sonderausschüsse des EU-Parlaments aufgearbeitet, wie auch die EU-Kommission und EU-Staaten beim Kampf gegen Steuervermeidung versagt hatten. Unter anderem war den Regierungen von Malta, Luxemburg, Zypern und Großbritannien eine Mitverantwortung für Steuerdumping nachgewiesen worden.