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Serie "Lindenstraße"
Das Spektakuläre des Unspektakulären

Tschüss Mutter Beimer, Klausi & Co: Nach fast 35 Jahren wird die Kultserie „Lindenstraße“ eingestellt. Normale Menschen mit normalen Problemen machten den Charme der Serie aus. "Sie war ein Alltagsbegleiter", sagte die Fernsehkritikerin Klaudia Wick im Deutschlandfunk.

Klaudia Wick im Gespräch mit Stephanie Gebert |
Das Bild von 1986 zeigt eine Szene aus der Serie "Lindenstraße": Helga Beimer (Marie-Luise Marjan, hinten rechts) mit ihrem ersten Mann Hans (Joachim Hermann Luger, l) und ihren Kindern (l-r) Marion (Ina Bleiweiß), Benny (Christian Kahrmann) und Klausi (Moritz A. Sachs).
Die "Lindenstraße" im Jahr 1986 (picture-alliance / dpa / WDR)
Nach 34 Jahren und vier Monaten ist Schluss mit der "Lindenstraße". Die Endlosserie um Else Kling, Mutter Beimer, Klausi & Co. genießt in Deutschland Kultstatus. Es gibt kaum ein gesellschaftliches Thema, das nicht bei den Bewohnern der fiktiven Straße vorkam: vom Zölibat über ungewollte Schwangerschaft, Atomkraft und Aids bis hin zu Neonazis.
Der deutsche Regisseur und Filmproduzent Hans W. Geißendörfer ist der Ideengeber der deutschen Soap Opera und rief sie 1985 ins Leben. Während die Quoten in den letzten Jahren rückläufig waren, sind die Fans enttäuscht. Sie kritisieren, dass die Serie immer noch am Puls der Zeit sei und sich auch crossmedial ausprobiert habe.
Gewagtes Experiment
Anfangs hagelte es heftige Kritik für die Serie. "Panoptikum der Piefigkeit" nannte sie das Nachrichtenmagazin der "Spiegel" zum Beispiel. Fernsehjournalistin Klaudia Wick sagte im Deutschlandfunk, dass die Serie das Alltagsleben gezeigt habe. Das sei das Erfolgsrezept gewesen. Wer Mutter Beimer ist, wisse jeder, so Wick: " Ganz Deutschland kennt diese Figuren". Und das sei ein Wert.
Die Lindenstraße sei eine der ersten Vorabendserien überhaupt in Deutschland gewesen, erklärte die Fernsehjournalistin. Als die Serie 1985 anlief, hätten viele gesagt: "Das ist ein gewagtes Experiment. Da versucht jemand jede Woche eine Folge zu drehen – ohne Pause."
Heute würden wir Serien kennen, die jeden Tag eine neue Folge ausstrahlen, so Wick: "Daran sieht man, dass die Lindenstraße auch ein Stück Technikgeschichte ist. Wie schnell kann eigentlich das Fernsehen Geschichten entwickeln, drehen und auf den Sender bringen?"
Themen von gesellschaftlicher Relevanz
In der Lindenstraße wurden Tabus gebrochen. Der erste Kuss zwischen zwei Männern wurde 1990 zum Beispiel gezeigt. So etwas hatte man vorher im deutschen Fernsehen noch nicht gesehen. Man dürfe die Medien nicht überschätzen in ihrer Wirkung, sagte Wick, aber sicher habe die Serie zum Nachdenken angeregt.
Außerdem seien viele Themen von gesellschaftlicher Relevanz in 34 Jahren bundesrepublikanischer Geschichte aufgegriffen worden, meint die Journalistin, und das sehr früh. Neonazitum sei beispielsweise in der Serie thematisiert worden, als es Anfang der 1990er Jahre zu rechtsextremen Auschreitungen in Rostock gekommen ist.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.