Der Aufruf kam in diesem Frühjahr. "Die FN bittet Betroffene um Unterstützung". Das hatte es bis dahin im deutschen Sport nicht gegeben. Als erster Dachverband geht die Reiterliche Vereinigung aktiv auf Betroffene zu:
"Mein Eindruck aus den Gesprächen mit der FN ist, dass die Menschen, die dort arbeiten, ehrlich, wahrhaftig daran interessiert sind, dass Betroffene ihnen berichten, was ihnen hätte helfen können, wie man Betroffenen heute helfen kann, dass sie ehrlich daran interessiert sind, Betroffene zu beteiligen und ihnen eine Stimme zu geben", beschreibt Julia von Weiler, die Psychologin vom Verein Innocence in Danger.
Sie hat bereits Betroffenenräte in anderen Bereichen unterstützt. Als externe Expertin hat sie den Prozess der Betroffenenbeteiligung im Reitsportdachverband angestoßen und begleitet.
Betroffenen eine Stimme geben
Bis zum Ende der Bewerbungsfrist im April waren elf Personen dem Aufruf der FN gefolgt. Erste Kontakte der Interessierten gab es in den Wochen danach bei persönlichen Gesprächen mit Julia von Weiler und Personen aus der FN.
Letztendlich haben sich neun Frauen und ein Mann für eine ehrenamtliche Mitarbeit in dem neuen Gremium entschieden. Seit wenigen Tagen ist das Ganze nach einer konstituierenden Sitzung jetzt auch offiziell.
Bei dieser Zusammenkunft haben sich die zehn Personen das erste Mal persönlich kennengelernt, nun beginnt die Arbeit. Laut einer schriftlichen Stellungnahme der FN werden sich die Betroffenen in den ersten Sitzungen entscheiden, mit welchen Themen sie sich in den kommenden vier Jahren befassen wollen.
Zuhören und lernen
Maria Schierhölter-Otte, die sich beim Dachverband um das Thema Kinderschutz kümmert, wird die Gruppe vonseiten der FN unterstützen. In der Entstehungsphase des Projektes hatte sie sich im Hinblick auf die Sensibilisierung etwa der Eltern für das Thema sexualisierte Gewalt gefragt:
"Wie erkennt man's, dass da was schiefläuft. Ich glaube, da sind wir sehr auf die Betroffenen angewiesen, dass die uns ihre Sichtweise und das, was sie selber erlebt haben sagen und dann zuhören, ganz viel zuhören und lernen, was wir für die Zukunft daraus machen können."
Auch Psychologin Julia von Weiler von Innocence in Danger wird laut FN den Betroffenenrat in seiner Arbeit weiter begleiten. Die Mitglieder selbst werden zunächst anonym bleiben, heißt es in einer Stellungnahme der FN.
Erstes Betroffenen-Netzwerk im Sport
Sie sind die erste Gruppe Betroffener aus dem Sport, die sich zu gemeinsamer Arbeit zusammengefunden hat. In anderen Kontexten, etwa der Kirche, gibt es schon seit längerem Organisationen, in denen sich Betroffene zusammengeschlossen haben. Im Sport waren sie bisher als Einzelkämpferinnen und -Kämpfer unterwegs.
Das muss nicht so bleiben. Von einem "Betroffenennetzwerk" und einer "Interessenvertretung für andere Betroffene sexualisierter Gewalt in der Öffentlichkeit", schreibt etwa der Landessportbund NRW auf seiner Internetseite. Auch der größte der 16 Landessportbünde in Deutschland ruft Betroffene sexualisierter Gewalt im Sport zur Mitarbeit auf.