Andreas Mehler: Guten Tag.
Remme: Herr Mehler, wir haben gehört, es ist die erste große Afrikareise des Bundeskanzlers. War sie schlicht fällig oder aber ist diese Reise Ausdruck der Tatsache, dass die Bedeutung Afrikas gewachsen ist?
Mehler: Also, einerseits war sie natürlich fällig, damals wurde sie ja nur aus Versehen verschoben. Man kann sagen, ja, es gibt ein paar Gründe, wieso es jetzt etwas mehr Aufmerksamkeit für den Kontinent gibt. Es ist kein Zufall, wenn nach der Entwicklungshilfeministerin und dem Außenminister auch der Kanzler kommt, denn gerade diese eine Thematik Sicherheitspolitik und was für Sicherheitsrisiken birgt der Nachbarkontinent, der steht immer stärker auf der Agenda.
Remme: Wir haben von der deutschen Afrika-Politik gehört. Nun gibt es durchaus in den verschiedenen Ministerien, die da befasst sind, unterschiedliche Strömungen, was die Zukunft dieser Politik angeht. Worin bestehen die Unterschiede?
Mehler: Es gibt zahlreiche Unterschiede. Natürlich kann man sagen, dass die zwei wichtigsten Ministerien hier das BMZ, das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ist, und das Auswärtige Amt. Daneben gibt es aber auch andere Ministerien, die ihre eigene Afrika-Politik betreiben. Problem ist also erst einmal, dass an verschiedenen Stellen konzipiert wird. Inhaltlich kann man sagen, dass es auf der einen Seite etwas mehr Entwicklungsoptimismus gibt und zwar, glaube ich, mehr als sich rechtfertigt. Das gilt also für die Entwicklungspolitiker. Und auf der anderen Seite etwas mehr sicherheitspolitischer Realismus, das wäre wohl eher die Position des Auswärtigen Amtes.
Remme: Was heißt Entwicklungsoptimismus?
Mehler: Ja, es ist immer der Verweis darauf, was für Potentiale denn afrikanische Länder tatsächlich besitzen, Verweis auf die mineralischen Ressourcen, die Afrika besitzt, auf die natürlichen anderen und schließlich auch die menschlichen Kapazitäten, und man wundert sich aber trotzdem, dass also diese Potenziale, die man seit Jahrzehnten ja auch kennt, sich nie in tatsächliche Entwicklung umsetzen lassen. Insofern scheint es ja doch ein Problem zu geben.
Remme: Was überwiegt denn Ihrer Meinung nach, die Chancen oder die Risiken?
Mehler: Die Risiken sind insgesamt größer, aber man muss es etwas differenziert betrachten. Es gibt in jeder Subregion des Kontinents Länder, die besser funktionieren und Länder, die schlechter funktionieren, insofern ist es immer schwierig, pauschal über den gesamten Kontinent zu urteilen.
Remme: Dann nennen Sie doch im Bezug auf Chancen und Risiken regionalspezifisch doch zwei Bereiche.
Mehler: Es ist durchaus so, dass die Liste der Reiseziele von Herrn Schröder eher Erfolgsfälle mit einschließt. Äthiopien würde ich vielleicht ein bisschen anders klassifizieren, aber in Kenia und Ghana kann man zum Beispiel sagen, dass hier demokratische Regierungen endlich an die Macht gekommen sind. Späte demokratische Transitionen wurden auf friedliche Weise möglich, und das sind auch die guten Voraussetzungen für Entwicklungen am Ende. Hier könnte man also etwas Positives herausheben. In den gleichen Zonen in den Nachbarländern, die man dann gleich anschließen kann, weiß man, dass es sehr viel schlechter steht. Kenia hat ein Nachbarland Somalia und Ghana hat ein Nachbarland Côte d´Ivoire, wo eben auch Staatszerfallsprozesse zu beobachten sind.
Remme: Neben der Entwicklungspolitik, die ja als Tagesordnungspunkt eigentlich in allen Ländern dieser Reise nicht verwundert, ist es vor allem die Sicherheitspolitik, die prominent vertreten ist. Ist dieses Gewicht zurecht gelegt?
Mehler: Meiner Ansicht nach ist es sehr zurecht gelegt und es ist ganz wichtig, dass dieser Akzent auch weiter betont wird. Das ist einerseits in den Interessen Deutschlands, aber man muss auch umgekehrt sehen, diese Sicherheitsprobleme sind zunächst einmal Probleme der Afrikaner. Also, zunächst ist es die lokale Bevölkerung, die auch unter Staatszerfallsprozessen leidet. Es ist also nicht nur unsere Agenda, die wir da aufzwingen, sondern es ist durchaus eine reale Angelegenheit in diesen Staaten.
Remme: Und wenn wir auf die deutsche Rolle in diesem Dialog spielen, welches Bild spiegelt sich in Deutschland beziehungsweise in Afrika von Deutschland, welche Rolle, eine unbelastete Rolle, die Berlin da spielen kann?
Mehler: Na ja, unbelastet nicht ganz, wie man sieht, gibt es im Moment auch eine Diskussion noch einmal über die Kolonialvergangenheit, Stichwort Namibia, Herero-Aufstand, aber dennoch kann man sagen, zum Beispiel die Position, die Deutschland im Irakkrieg eingenommen hat, ist sehr populär in Afrika. Und da kann man Nutzen daraus ziehen, gerade in so multilateralen Zusammenhängen, UN-Reform, wo man Unterstützung braucht seitens afrikanischer Partner. Hier hat Deutschland auf jeden Fall auch ein Plus.
Remme: Andreas Mehler war das, der Leiter des Instituts für Afrika-Kunde in Hamburg. Herr Mehler, ich bedanke mich für das Gespräch.
Mehler: Bitte sehr.
Remme: Herr Mehler, wir haben gehört, es ist die erste große Afrikareise des Bundeskanzlers. War sie schlicht fällig oder aber ist diese Reise Ausdruck der Tatsache, dass die Bedeutung Afrikas gewachsen ist?
Mehler: Also, einerseits war sie natürlich fällig, damals wurde sie ja nur aus Versehen verschoben. Man kann sagen, ja, es gibt ein paar Gründe, wieso es jetzt etwas mehr Aufmerksamkeit für den Kontinent gibt. Es ist kein Zufall, wenn nach der Entwicklungshilfeministerin und dem Außenminister auch der Kanzler kommt, denn gerade diese eine Thematik Sicherheitspolitik und was für Sicherheitsrisiken birgt der Nachbarkontinent, der steht immer stärker auf der Agenda.
Remme: Wir haben von der deutschen Afrika-Politik gehört. Nun gibt es durchaus in den verschiedenen Ministerien, die da befasst sind, unterschiedliche Strömungen, was die Zukunft dieser Politik angeht. Worin bestehen die Unterschiede?
Mehler: Es gibt zahlreiche Unterschiede. Natürlich kann man sagen, dass die zwei wichtigsten Ministerien hier das BMZ, das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ist, und das Auswärtige Amt. Daneben gibt es aber auch andere Ministerien, die ihre eigene Afrika-Politik betreiben. Problem ist also erst einmal, dass an verschiedenen Stellen konzipiert wird. Inhaltlich kann man sagen, dass es auf der einen Seite etwas mehr Entwicklungsoptimismus gibt und zwar, glaube ich, mehr als sich rechtfertigt. Das gilt also für die Entwicklungspolitiker. Und auf der anderen Seite etwas mehr sicherheitspolitischer Realismus, das wäre wohl eher die Position des Auswärtigen Amtes.
Remme: Was heißt Entwicklungsoptimismus?
Mehler: Ja, es ist immer der Verweis darauf, was für Potentiale denn afrikanische Länder tatsächlich besitzen, Verweis auf die mineralischen Ressourcen, die Afrika besitzt, auf die natürlichen anderen und schließlich auch die menschlichen Kapazitäten, und man wundert sich aber trotzdem, dass also diese Potenziale, die man seit Jahrzehnten ja auch kennt, sich nie in tatsächliche Entwicklung umsetzen lassen. Insofern scheint es ja doch ein Problem zu geben.
Remme: Was überwiegt denn Ihrer Meinung nach, die Chancen oder die Risiken?
Mehler: Die Risiken sind insgesamt größer, aber man muss es etwas differenziert betrachten. Es gibt in jeder Subregion des Kontinents Länder, die besser funktionieren und Länder, die schlechter funktionieren, insofern ist es immer schwierig, pauschal über den gesamten Kontinent zu urteilen.
Remme: Dann nennen Sie doch im Bezug auf Chancen und Risiken regionalspezifisch doch zwei Bereiche.
Mehler: Es ist durchaus so, dass die Liste der Reiseziele von Herrn Schröder eher Erfolgsfälle mit einschließt. Äthiopien würde ich vielleicht ein bisschen anders klassifizieren, aber in Kenia und Ghana kann man zum Beispiel sagen, dass hier demokratische Regierungen endlich an die Macht gekommen sind. Späte demokratische Transitionen wurden auf friedliche Weise möglich, und das sind auch die guten Voraussetzungen für Entwicklungen am Ende. Hier könnte man also etwas Positives herausheben. In den gleichen Zonen in den Nachbarländern, die man dann gleich anschließen kann, weiß man, dass es sehr viel schlechter steht. Kenia hat ein Nachbarland Somalia und Ghana hat ein Nachbarland Côte d´Ivoire, wo eben auch Staatszerfallsprozesse zu beobachten sind.
Remme: Neben der Entwicklungspolitik, die ja als Tagesordnungspunkt eigentlich in allen Ländern dieser Reise nicht verwundert, ist es vor allem die Sicherheitspolitik, die prominent vertreten ist. Ist dieses Gewicht zurecht gelegt?
Mehler: Meiner Ansicht nach ist es sehr zurecht gelegt und es ist ganz wichtig, dass dieser Akzent auch weiter betont wird. Das ist einerseits in den Interessen Deutschlands, aber man muss auch umgekehrt sehen, diese Sicherheitsprobleme sind zunächst einmal Probleme der Afrikaner. Also, zunächst ist es die lokale Bevölkerung, die auch unter Staatszerfallsprozessen leidet. Es ist also nicht nur unsere Agenda, die wir da aufzwingen, sondern es ist durchaus eine reale Angelegenheit in diesen Staaten.
Remme: Und wenn wir auf die deutsche Rolle in diesem Dialog spielen, welches Bild spiegelt sich in Deutschland beziehungsweise in Afrika von Deutschland, welche Rolle, eine unbelastete Rolle, die Berlin da spielen kann?
Mehler: Na ja, unbelastet nicht ganz, wie man sieht, gibt es im Moment auch eine Diskussion noch einmal über die Kolonialvergangenheit, Stichwort Namibia, Herero-Aufstand, aber dennoch kann man sagen, zum Beispiel die Position, die Deutschland im Irakkrieg eingenommen hat, ist sehr populär in Afrika. Und da kann man Nutzen daraus ziehen, gerade in so multilateralen Zusammenhängen, UN-Reform, wo man Unterstützung braucht seitens afrikanischer Partner. Hier hat Deutschland auf jeden Fall auch ein Plus.
Remme: Andreas Mehler war das, der Leiter des Instituts für Afrika-Kunde in Hamburg. Herr Mehler, ich bedanke mich für das Gespräch.
Mehler: Bitte sehr.