Donnerstag, 02. Mai 2024

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"Sie ist eine gestandene Frau"

Barbara Stamm traut Ursula von der Leyen das Amt der Bundespräsidentin zu. Sie sei eine Frau mit Sachverstand, die Konsens herbeiführen könne. Vor allen Dingen habe sie eine positive Ausstrahlung.

Barbara Stamm im Gespräch mit Dirk Müller | 02.06.2010
    Dirk Müller: Alle schauen vor allem nun auf die Union. Wen werden die beiden Schwesterparteien als neuen Kandidaten für die Nachfolge von Horst Köhler ins Rennen schicken? Wird die CSU nicht vielleicht eigene Vorschläge machen? – Darüber sprechen wollen wir nun mit der stellvertretenden CSU-Vorsitzenden Barbara Stamm. Guten Morgen!

    Barbara Stamm: Schönen guten Morgen!

    Müller: Frau Stamm, haben Sie eine Idee?

    Stamm: Eine Idee? – Ideen habe ich natürlich sehr viele und die muss man ja haben, wenn man in politischer Verantwortung ist. Wenn Sie meinen, dass ich jetzt mit Ihnen Namen austausche, da kann ich Ihnen jetzt keine Idee bieten, Herr Müller.

    Müller: Also haben Sie keine Namensidee?

    Stamm: Nein, die habe ich jetzt zumindest nicht bei Ihnen am Mikrofon.

    Müller: Aber so ein bisschen im Hinterkopf gibt es einige?

    Stamm: Ja, natürlich! Ich meine, ganz, ganz wichtig ist es jetzt vor allen Dingen, dass wir hier nicht in große politische Kontroversen kommen. Ich würde mir also sehr wünschen, wenn wir innerhalb der Koalition, also innerhalb der Union und natürlich auch in der FDP, hier uns jetzt in den nächsten Tagen zu guten Gesprächen einfinden werden und uns auch darauf verständigen könnten, auf welche Persönlichkeit wir uns einigen, und sie auch dann vorschlagen. Aber ich habe auch Interesse daran, Herr Müller, das sage ich auch ganz offen, eventuell uns auch nach einer Persönlichkeit umzusehen, die eine breite Zustimmung hat. Ich glaube, das tut uns allen gut in dieser schwierigen Zeit.

    Müller: Kann ein CDU-Politiker breite Zustimmung finden?

    Stamm: Ja. Warum nicht? – Warum nicht?

    Müller: Wer denn?

    Stamm: Sie locken mir keine Namen raus. Sie wissen ja selbst, welche Namen zurzeit im Spiel sind. Wer mich kennt weiß: Ich habe auch eine Verantwortung, auch als stellvertretende Parteivorsitzende. Die Parteigremien innerhalb der CSU haben noch nicht getagt. Wir haben uns selbst noch nicht verständigt, wie wir die nächsten Tage gestalten, und daran möchte ich mich auch halten.

    Müller: Peter Altmaier (CDU) hat vor rund einer Stunde hier im Deutschlandfunk gesagt, es wird ein CDU-Kandidat. Können Sie das jetzt schon unterstützen?

    Stamm: Ja, gut! Wenn das so gesagt wird? Es haben ja gestern auch schon Gremien getagt. Mir ist es ganz, ganz wichtig, dass wir in dieser schwierigen Zeit eine Persönlichkeit haben, die eine hohe Akzeptanz bei den Menschen hat. Das scheint mir überhaupt das Wichtigste zu sein, weil wir brauchen wieder Vertrauen in die politisch Handelnden und da gehört das Staatsoberhaupt auch mit dazu, und wir sind ja momentan in einer so schwierigen Zeit. Wir können uns alles andere leisten, nur keinen Streit zum jetzigen Zeitpunkt. Wir haben genügend Persönlichkeiten innerhalb der Union, hier uns jetzt richtig aufzustellen und die Weichen zu stellen.

    Müller: Frau Stamm, jetzt könnte man aber etwas zynisch sagen, sehr, sehr großzügig von Ihnen, dass Sie sagen, wir brauchen eine Persönlichkeit mit breiter Zustimmung, aber sie muss von der CDU sein.

    Stamm: Ich habe Ihnen nicht gesagt, dass sie von der CDU sein muss. Ich habe Ihnen nur gesagt, dass wir innerhalb der Union – ich sage jetzt mal, innerhalb der Union – Persönlichkeiten haben, die in der Lage sind, in dieser schwierigen Zeit das Amt des Bundespräsidenten, oder das Amt der Bundespräsidentin wahrzunehmen, und ich könnte mir auch sehr, sehr gut vorstellen, dass wir Persönlichkeiten haben, die auch auf eine breite Zustimmung stoßen: einmal auf eine einstimmige Zustimmung innerhalb der Koalition, aber auch mit großer Sympathie innerhalb derjenigen, die dann wählen in der Bundesversammlung, aber auch vor allen Dingen bei den Menschen. Ich bitte, Herr Müller, nicht zu übersehen, dass ich großen Wert darauf lege, wir haben hier auch die breite Bevölkerung ins Blickfeld zu nehmen. Wir können uns das nicht mehr leisten, dass wir meinen, hier nur noch untereinander, vor allen Dingen wenn es um Personalfragen geht, in Konfrontationen zu geraten, sondern wir haben alle dafür Sorge zu tragen – und das ist meine größte Sorge und auch meine größte Bitte und auch meine größte Forderung, die ich in diesen Tagen habe -, einen breiten Konsens zu finden. Wir können uns das nicht mehr leisten, dass die Menschen sich immer mehr abkehren von der Politik.

    Müller: Frau Stamm, auch wenn Sie das nicht so gerne wollen – das verstehe ich ja -, aber einen Namen muss ich jetzt mal nennen: Ursula von der Leyen. Wäre das die Richtige?

    Stamm: Ich muss sagen, wenn Sie jetzt den Namen nennen, dann glaube ich mit großer Übereinstimmung, dass Ursula von der Leyen eine Persönlichkeit ist, die in der Lage ist, ein solches Amt auszuführen. Sie hat es bewiesen in ihrer Verantwortung als Familienministerin, sie hat es bewiesen, wie schnell sie ihre neue Aufgabe jetzt wahrgenommen hat, sie ist eine gestandene Frau und sie ist auch eine Frau, die Konsens herbeiführen kann, und sie ist eine Frau, die einen Riesen Sachverstand hat, aber dennoch und vor allen Dingen auch eine hohe Ausstrahlung hat.

    Müller: Dann würde Theo Waigel auf dem Alterssitz bleiben?

    Stamm: Wissen Sie, wenn Sie jetzt sagen, es muss hier jetzt die CSU da rankommen, weil das auch Verlautbarungen sind – Theo Waigel weiß, wie sehr ich ihn schätze, und ich verschließe mich auch nicht einem Theo Waigel, wenn hier ein breiter Konsens dafür da ist. Ich finde es einfach nicht gut, dass wir – und gestatten Sie, wenn ich Ihnen das jetzt auch sage – immer wieder gezwungen werden, auch in solchen Interviews, denen wir uns ja gerne zur Verfügung stellen, hier auch Konfrontationen innerhalb unserer eigenen Reihen aufzubauen. Ich tue das nicht. Ich schätze Theo Waigel. Er hat hohe Verdienste, er ist eine enorme Persönlichkeit. Aber ich lasse mich hier nicht am Mikrofon dazu hergeben, dass ich hier jetzt wieder Persönlichkeiten untereinander ausspiele. Das haben die Persönlichkeiten auch nicht verdient. Ich glaube, dass uns der Rücktritt des Bundespräsidenten auch ein Stück Ermahnung geben sollte, wie wir auch in der Öffentlichkeit mit Autoritäten umgehen, wie wir auch mit politischen Verantwortlichen umgehen, wie wir auch Menschen, die in öffentlichen Ämtern sich befinden, wie wir deren Autorität auch schützen und uns hier auch verantwortlich zeigen.

    Müller: Bei uns im Deutschlandfunk die stellvertretende CSU-Vorsitzende Barbara Stamm.