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Sinkende Mieten in Frankreich
La Mietpreisbremse?

In Deutschland steigen die Mieten in vielen Großstädten rasant an. Die Mietpreisbremse scheint einfach nicht zu greifen. In vielen französischen Städten sinken die Mieten dagegen - sogar in Paris. Hat Frankreich vielleicht wirklich wirksame Maßnahmen gefunden?

Von Marcel Wagner | 13.09.2017
    "Mietenwahnsinn stoppen, Lärmdemo und Kundgebung gegen Verdrängung und Zwangsräumungen" steht am 26.03.2014 auf einem Plakat im Bezirk Kreuzberg in Berlin.
    Gegen steigende Mieten hat Deutschland noch kein wirksames Mittel gefunden. Und Frankreich? (dpa / picture-alliance / Wolfram Steinberg)
    Frankreichs Präsident Emmanuel Macron meint es ernst - und daran wollte er keinen Zweifel lassen. Noch bevor seine Regierung vorstellt, wie sie das Problem der immens hohen Mietbeihilfen in Frankreich unter Kontrolle kriegen will, kündigte er an, dass sämtliche Beihilfen ab Oktober pauschal um fünf Euro gesenkt werden. Ein symbolischer Akt, der vor allem für die Ärmsten oder auch Studierende trotzdem schwere Folgen hat. Den wohl kalkulierten Sturm der Empörung konterte der Präsident mit einer erstaunlichen Feststellung:
    "Ich war überrascht von der allgemeinen Ruhe, davon, dass niemand die Vermieter aufgefordert hat, die Miete einfach um fünf Euro zu senken. Das würde doch bedeuten, Verantwortung für die Gesellschaft zu übernehmen. Das muss ab dem ersten Oktober passieren. Ich rufe alle Vermieter auf, die Mieten um fünf Euro im Monat zu senken. Der Staat muss doch nicht alles zahlen!"
    Deutscher Mietspiegel als Vorbild
    Tatsächlich ist Emmanuel Macron nicht der erste, dem die hohen Mieten in Frankreich ein Dorn im Auge sind. Seit Jahren versuchen allen voran Paris, aber auch andere große Städte, die Mietpreise irgendwie an die Kette zu legen. Und hatten dabei immer auch Deutschland im Blick, erläutert Professor Jean-Claude Driant von der Pariser Hochschule für Städtebau:
    "Der deutsche Mietspiegel, das war immer ein bisschen das Modell, das man benutzt hat. Die Mieten zu beobachten, um dann die Vermieter zu verpflichten, Mieten zu nehmen, die irgendwie innerhalb der Bandbreite dieses Mietspiegels liegen."
    Ebenfalls nach deutschem Vorbild haben deshalb zuerst Paris und zuletzt auch Lyon zusätzlich zum Mietspiegel eine Art Mietpreisbremse eingeführt. Ganz wie in Deutschland mit mäßigem Erfolg:
    "Einige besonders hohe Mieten sind gesunken, aber das große Problem etwa in Paris ist, dass der Staat keine einfach geeigneten Mittel hat, um zu überprüfen, ob die Gesetze wirklich eingehalten werden."
    Maximale Mieten erreicht
    Und trotzdem zeigen die allerletzten Zahlen, dass nicht nur in Paris, sondern auch in anderen französischen Großstädten die Mietpreise im Schnitt leicht nach unten gegangen sind. Hat also Frankreich Maßnahmen gefunden, die vielleicht in deutschen Städten bald als Vorbild dienen können? Professor Driant winkt ab:
    "Ich glaube, wir haben in vielen Städten ganz einfach das Maximum erreicht. Dafür hat also vielmehr der Markt gesorgt, als die Politik."
    Kein Vorbild für Deutschland - und keine Entlastung des Staates
    Dass auch in Deutschland bald eine solche Entwicklung einsetzt, glaubt der Stadtforscher eher nicht. Zum Beispiel sei München als teuerste Stadt noch weit von den durchschnittlich rund 25 Euro pro Quadratmeter entfernt, die in Paris gezahlt würden. Außerdem würden in Frankreich viel mehr Menschen Eigentum bewohnen, seien also nicht auf Mieten angewiesen. Und es gebe in Frankreich auch weniger große Akteure wie etwa Rentenfonds, die mit Wohnraum hohe Gewinne erzielen wollten. Dass die sinkenden Mieten in Frankreich allerdings den Staat bei den hohen Mietzuschüssen entlasten würden, auch das hält der Wissenschaftler für unwahrscheinlich:
    "Die Mieten, die am meisten fallen, sind die der großen Wohnungen. Aber bei den kleinen Wohnungen, den Studentenwohnungen, da bleiben die Mieten auf einem sehr hohen Niveau."
    Und das wiederum seien genau die Wohnungen, die der Staat am meisten bezuschusse.