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Sinnhaftigkeit der Elbvertiefung
"Man kann das Wasser nicht herbeibauen"

1,40 Meter Wasserstand braucht die Elbe, damit der Gütertransport möglich ist. Im Hitzejahr 2018 sei dieser Stand an 240 Tagen nicht erreicht worden, sagte Steffi Lemke (Grüne) im Dlf (*). Das sei jedoch kein Ausreißer. „Deshalb muss man darüber nachdenken, wie Schifffahrt auf der Elbe überhaupt in Zukunft aussehen kann.“

Steffi Lemke im Gespräch mit Britta Fecke | 25.01.2019
    Der Bug eines Containerfrachters schiebt am 07.06.2016 in Hamburg vor der Hafeneinfahrt eine große Welle vor sich her.
    Ist der Gütertransport auf der Elbe künftig überhaupt noch möglich? Steffi Lemke von den Grünen hat zumindest an einer Vertiefungslösung Zweifel. (dpa / picture-alliance / Axel Heimken)
    Britta Fecke: In den Auen der Elbe, der Mittelelbe in Sachsen Anhalt leben seltene Pflanzen und Tierarten, hier finden Fisch und sogar Seeadler wieder genug Nahrung und geeignete Brutplätze. Für den Naturschutz wurde viel getan: aufgeforstet und rückgebaut. Den Bemühungen der Naturschützer kam allerdings auch zu Gute, dass in Sachsen-Anhalt keine großen Industrieunternehmen ihre Güter auf der Elbe transportieren. Dennoch gibt es verschiedene Interessenverbände, die trotz rückgehender Transportmengen die Fahrrinne der Elbe vertiefen wollen. Nun haben die Grünen angefragt, wieviel Wasser die Elbe im Schnitt überhaupt noch hat und wie wenig Güter auf ihr Transportiert werden. Ich bin nun verbunden mit Steffi Lemke im Bundestag für Bündnis 90/Grünen, die heute in Dessau unterwegs ist. Der letzte Sommer war extrem trocken, was haben die Ergebnisse über die längere Strecke gezeigt, wie sich der Wasserstand entwickelt hat in der Elbe?
    Steffi Lemke: Der Wasserstand in der Elbe ist seit Jahren auf einem Niveau, der wirtschaftlichen Gütertransport eigentlich nicht möglich macht für größere Transportmengen. Und in dem sehr sehr trockenen Jahr 2018 zeigen die Daten nun, dass an einem Großteil der Tage in diesem Jahr Gütertransport überhaupt nicht machbar gewesen ist. Das heißt an 240 Tagen, das sind die ganz konkreten Zahlen, blieb der Wasserstand unter dem für die Binnenschifffahrt angestrebten Wert von 1,40 Meter. Und das heißt, dass dort überhaupt nicht mehr vernünftig transportiert werden konnte. Das ist aber kein absoluter Ausreißer, sondern reiht sich ein in den Trend, der seit Beginn der 90er Jahre nach unten zeigte: Immer weniger Transport. Wir haben einen Grund genannt, aber verstärkt auch immer wieder durch Trockenheit und niedrige Wasserstände in der Elbe beziehungsweise den Auen.
    Fecke: Das heißt, selbst wenn man vertiefen würde, was soll man vertiefen, wenn kein Waser da ist.
    Lemke: So ist es. Man kann Wasser nicht herbeibauen. Es geht weder mit den Buhnen, die wir jetzt gegenwärtig als Strombauwerke in der Elbe haben, noch ginge das mit Staustufen. Das Wasser kommt aus den Bergen. Und in den letzten Jahrzehnten ist die Elbe begradigt worden, ist der Flusslauf enger gemacht worden, um eine Fahrrinne mit ausreichend Wasser zu erreichen. Und dadurch hat sich natürlich der Wasserfluss massiv beschleunigt, das heißt die gesamte Energie wurde konzentriert. Das Wasser schließt schneller ab, und da die Elbe in weiten Teilen einen Sandunterboden hat, haben wir es mit einer Eintiefung des Flusses zu tun, der teilweise mehrere Dezimeter beträgt seit den letzten hundert Jahren. Und das ist gravierend und hat natürlich extrem negative Auswirkungen auf die Auen aber auch beispielsweise auf das Weltkulturerbe Dessau/Wörlitzer Gartenreich, wenn dieser Eintiefungsprozess nicht gestoppt werden kann. Und dafür liegen bislang noch keine technischen Lösungen vor. Das heißt, das ist eine Dilemma-Situation, in der wir endlich Konzepte brauchen, um die Elbe mit einer noch weiteren Eintiefung, mit den negativen Auswirkungen, die ich beschrieben habe, das zu stoppen, diesen Prozess.
    Illusorisch die Schifffahrt auf dem Rhein mit der auf der Elbe gleichzusetzen
    Fecke: Wer hat denn überhaupt noch Interesse daran, die Elbe zu vertiefen?
    Lemke: Naja, sie steht im Bundesverkehrswegeplan als Bundeswasserstraße mit dem Ausbauziel an und so und so vielen Tagen die 1,40 Meter zu erreichen. Das ist illusorisch, dieses Ziel gibt der Fluss einfach nicht her, geben die natürlichen Bedingungen nicht her. Man muss befürchten, dass das durch Trockenheit durch die Klimakrise immer weiter verstärkt wird und deshalb muss man darüber nachdenken, wie Schifffahrt auf der Elbe überhaupt in Zukunft aussehen kann. Ich glaube, dass wir dort wirklich neue Konzepte brauchen, weil wir keine Gütertransporte von einem bestimmten Punkt zu einem bestimmten Ort in einer gewissen Zeit garantieren können. Auch nicht mit Verzögerungen, mit Verspätungen. Es ist einfach unberechenbar und das ist für Transport tödlich.
    Fecke: Ist denn überhaupt noch so viel Bedarf? Der Rhein ist ja nun wirklich eine Strecke, auf der viel transportiert wird. Aber an der Elbe wird doch gar nicht mehr so viel produziert.
    Lemke: Das ist richtig. Ich kann Ihnen nicht sagen, das gibt die kleine Anfrage an die Bundesregierung nicht her, welcher Art der Gütertransport dort ist. Es sind teilweise Containerschiffe, es sind teilweise Schüttgüter, die Containerschiffe kommen noch etwas besser mit niedrigen Wasserständen klar. Aber auch für die hat es im Großteil des Jahres 2018 nicht mehr ausgereicht. Und ich glaube man muss einen Vergleich von Elbe und Rhein völlig zu den Akten legen. Das sind zwei komplett unterschiedliche Flüsse. Und auch nur annähernd die Schifffahrt die wir auf dem Rhein haben, auf der Elbe erzeugen zu wollen, ist absolute Illusion.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
    (* Anmerkung der Redaktion: In der ursprünglichen Version des Teasers wurde die Aussage falsch wiedergegeben. Das wurde korrigiert.)