Jürgen Zurheide: Wir haben es ja gestern gelesen in großen Lettern: Vor allen Dingen in Amerika gibt es viele Reiche, genauer müsste man wohl sagen: Superreiche, die mindestens die Hälfte ihres Vermögens spenden wollen. Da kommen Milliarden zusammen, so große Beträge, wie sie Staaten kaum noch mobilisieren können. Ist das eigentlich eine wirklich nur schöne Geste, eine gute Geste, gibt es die ein oder andere Frage? Über all das wollen wir jetzt reden mit jemandem, der sich professionell um Hilfe kümmert. Ich begrüße am Telefon die Geschäftsführerin der Aktion Deutschland Hilft, eines Zusammenschlusses von vielen Hilfsbündnissen, Manuela Roßbach. Guten Morgen, Frau Roßbach!
Manuela Roßbach: Guten Morgen, Herr Zurheide!
Zurheide: Zunächst einmal, wenn Sie das hören: Da spenden Menschen ihres Vermögens, da kommen Milliarden. Sind Sie froh? Natürlich sind Sie zunächst mal froh, weil mehr Geld ist immer besser als wenig Geld. Oder sind Sie auch ein bisschen skeptisch, was überwiegt da?
Roßbach: Ja, ich bin tatsächlich geteilter Meinung. Das eine ist, dass es immer gut ist, seine Sympathie zu signalisieren mit Menschen, denen es natürlich nicht so gut geht, und zu spenden. Aber hier reden wir ja von einer Dimension, wenn ich richtig informiert bin, sollen über 600 Milliarden Dollar für wohltätige Zwecke zusammenkommen, und da muss man sich dann schon mal fragen, was sind das für Zwecke? Sind das vielleicht auch Zwecke, die der Staat erfüllen könnte?
Zurheide: In der Tat, das ist es. Man kann ja auch fragen, welche Prioritäten haben solche Menschen, die spenden? Haben die möglicherweise andere? Wissen Sie irgendwas darüber?
Roßbach: Also, es gibt natürlich Bill Gates, der zur Initiative aufgerufen hat und der tatsächlich mit seiner Frau sehr, sehr engagiert ist. Das beobachten wir seit mehreren Jahren, er hat seine große Stiftung und hat sich in dieser Stiftung verpflichtet, für die Gesundheit weltweit sich einzusetzen und tut es auch. Aber er tut es natürlich auch mit dem Wissen, dass er als Geldgeber seine eigenen Regeln aufstellen kann. Er orientiert sich natürlich an den Standards und an den Anforderungen, die es weltweit gibt, aber man muss bedenken: Im Grunde liegen da Millionen in der Hand von zwei Menschen, die sich vorgenommen haben, Gutes zu tun, nicht in der Hand von einem Staat, der doch aus mehreren Personen ..., der eine Regierung hat, die aus mehreren Personen besitzt.
Zurheide: Regierungen oder möglicherweise Hilfsorganisationen – Sie koordinieren ein breites Bündnis, die Aktion Deutschland Hilft, das ist ein Zusammenschluss der Hilfsorganisationen. Kann man natürlich auch fragen: Wie treffen Sie denn Ihre Entscheidungen, welche Prioritäten haben Sie? Oder sagen Sie, wir leben davon, dass wir eben Vielfalt haben, weil wir von bis unter unserem Dach vereinigen?
Roßbach: Ja, bei uns ist eigentlich eine ganz gute Situation: Wir haben über 17 aktive Hilfsorganisationen an Bord und den Vorteil, dass jede in einer bestimmten Nische spezialisiert ist. Beispielsweise jetzt bei Haiti oder auch bei Pakistan können unsere Hilfsorganisationen Wasserversorgung mit sicherstellen, medizinische Nothilfe leisten, Zelte besorgen, Nahrungsmittel besorgen, Hygienepakete verschicken. Also, wir versuchen, Synergien herzustellen und das finde ich ganz wichtig.
Bei einer Katastrophe ist es sowieso auch noch mal eine andere Situation: Bei einer Katastrophe muss schnell gehandelt werden, damit die Menschen überleben können und Verletzten geholfen wird. Also, da ist, glaube ich, schnelle und aktive Hilfe und auch Spenden notwendig. Wenn es aber um Bereiche geht, die langfristig die Basisversorgung sicherstellen sollen von einem Land, da wäre ich dann doch vorsichtiger.
Zurheide: Wo ist staatliche Aufgabe aus Ihrer Sicht und wo ist private Aufgabe? Kann man das so trennen?
Roßbach: Na ja, das kann man schon trennen. Also, in Deutschland zum Beispiel leben wir in einem sozialen Rechtsstaat, ich finde, wir müssen sicherstellen, dass wir die Rahmenbedingungen unseres Grundgesetzes erfüllen, die Menschenrechte erfüllen, dazu gehört ein Recht auf Bildung, dazu gehört aber auch ein Recht auf Nahrung und so weiter. Und das muss natürlich eine Regierung, die sich diesen Werten verpflichtet hat, auch sicherstellen. Und wir wissen selber hier sehr genau, dass genau im sozialen Sektor natürlich einiges noch verbessert werden kann.
Zurheide: Jetzt könnte man sagen, mit dieser Initiative, mit diesen Initiativen wird die Hilfe quasi auch privatisiert, das ist ja so ein Trend, Privat vor Staat, das ist eine Signet, über das wir schon viel diskutiert haben. Ist das so?
Roßbach: Ja, also das kommt bei mir auch so an. Aber nochmals, man muss unterscheiden: Es gibt natürlich gewisse Initiativen, da sollte, finde ich, auch der Staat vorsichtiger agieren. Also beispielsweise noch mal Katastrophenhilfe, auch in vielen Bereichen, wenn es um längerfristige Entwicklungszusammenarbeit geht, da reden wir aber auch hier nur vor drei, vier, fünf Jahren, gibt es manchmal Möglichkeiten, wie man als Bürger zu Bürger, also Hilfe von Bürger zu Bürger, Zivilgesellschaft zu Zivilgesellschaft mehr erreichen kann mit weniger Mitteln, weil weniger starke Verwaltungsstrukturen dahinter stehen. Und das sollte dann auch bedacht werden.
Zurheide: Kommen wir noch mal auf die aktuelle Situation in Asien, in Pakistan: Was ist da im Moment vordringlich aus Ihrer Sicht?
Roßbach: Oh, also ganz sicher ist die weitere Versorgung mit Nahrungsmitteln wichtig. Wir hören, dass die Fluten in den Süden gehen, dass eben immer noch Menschen eingeschlossen sind, und die sind es ja jetzt schon seit einigen Tagen. Und natürlich werden Nahrungsmittel verteilt, aber man muss an die Menschen noch besser herankommen. Darüber sprechen wir jeden zweiten Tag mit unseren Organisationen, die auch sagen, dass es sehr, sehr schwierig ist, sich vor Ort zu bewegen. Mit vierradangetriebenen Fahrzeugen kommt man voran, aber das große Problem ist, dass natürlich durch diese Überflutung alles sehr matschig ist und man genau gucken muss, wie man überhaupt an die Leute rankommt. Die medizinischen Teams können zur Not zu Fuß losgehen mit ihren Köfferchen oder ihren Materialien und hingehen. Aber man braucht Wasser, Trinkwasser und Nahrungsmittel. Daran arbeiten wir jetzt verstärkt.
Zurheide: Und dann haben wir gerade gehört, dass Hubschrauber kaum noch fliegen können, weil es dann wieder neue Umwetterkatastrophen gibt. Wie können Sie so was umgehen dann?
Roßbach: Ja, ganz ehrlich: Man kann nur versuchen, da eine Versorgungskette herzustellen mit ziemlich viel lokalen Menschen. Wir haben das Glück, unsere Organisationen haben über die Jahre, seit 2005, ihre Stellungen sozusagen ausgebaut, selber ihre Büros vergrößert und haben lokale Mitarbeiter. Und man muss versuchen, dass man da auf diese Art und Weise eben die Versorgungskette herstellt. Aber in der Tat ist das eine Riesenherausforderung und ich möchte auch hier nicht behaupten, dass das immer so schnell klappt, wie wir uns das wünschen einfach aufgrund der logistischen Rahmenbedingungen.
Zurheide: Das war Manuela Roßbach, Geschäftsführerin des Aktionsbündnisses Deutschland Hilft. Frau Roßbach, ich danke für das Gespräch, danke schön!
Roßbach: Danke, Herr Zurheide!
Manuela Roßbach: Guten Morgen, Herr Zurheide!
Zurheide: Zunächst einmal, wenn Sie das hören: Da spenden Menschen ihres Vermögens, da kommen Milliarden. Sind Sie froh? Natürlich sind Sie zunächst mal froh, weil mehr Geld ist immer besser als wenig Geld. Oder sind Sie auch ein bisschen skeptisch, was überwiegt da?
Roßbach: Ja, ich bin tatsächlich geteilter Meinung. Das eine ist, dass es immer gut ist, seine Sympathie zu signalisieren mit Menschen, denen es natürlich nicht so gut geht, und zu spenden. Aber hier reden wir ja von einer Dimension, wenn ich richtig informiert bin, sollen über 600 Milliarden Dollar für wohltätige Zwecke zusammenkommen, und da muss man sich dann schon mal fragen, was sind das für Zwecke? Sind das vielleicht auch Zwecke, die der Staat erfüllen könnte?
Zurheide: In der Tat, das ist es. Man kann ja auch fragen, welche Prioritäten haben solche Menschen, die spenden? Haben die möglicherweise andere? Wissen Sie irgendwas darüber?
Roßbach: Also, es gibt natürlich Bill Gates, der zur Initiative aufgerufen hat und der tatsächlich mit seiner Frau sehr, sehr engagiert ist. Das beobachten wir seit mehreren Jahren, er hat seine große Stiftung und hat sich in dieser Stiftung verpflichtet, für die Gesundheit weltweit sich einzusetzen und tut es auch. Aber er tut es natürlich auch mit dem Wissen, dass er als Geldgeber seine eigenen Regeln aufstellen kann. Er orientiert sich natürlich an den Standards und an den Anforderungen, die es weltweit gibt, aber man muss bedenken: Im Grunde liegen da Millionen in der Hand von zwei Menschen, die sich vorgenommen haben, Gutes zu tun, nicht in der Hand von einem Staat, der doch aus mehreren Personen ..., der eine Regierung hat, die aus mehreren Personen besitzt.
Zurheide: Regierungen oder möglicherweise Hilfsorganisationen – Sie koordinieren ein breites Bündnis, die Aktion Deutschland Hilft, das ist ein Zusammenschluss der Hilfsorganisationen. Kann man natürlich auch fragen: Wie treffen Sie denn Ihre Entscheidungen, welche Prioritäten haben Sie? Oder sagen Sie, wir leben davon, dass wir eben Vielfalt haben, weil wir von bis unter unserem Dach vereinigen?
Roßbach: Ja, bei uns ist eigentlich eine ganz gute Situation: Wir haben über 17 aktive Hilfsorganisationen an Bord und den Vorteil, dass jede in einer bestimmten Nische spezialisiert ist. Beispielsweise jetzt bei Haiti oder auch bei Pakistan können unsere Hilfsorganisationen Wasserversorgung mit sicherstellen, medizinische Nothilfe leisten, Zelte besorgen, Nahrungsmittel besorgen, Hygienepakete verschicken. Also, wir versuchen, Synergien herzustellen und das finde ich ganz wichtig.
Bei einer Katastrophe ist es sowieso auch noch mal eine andere Situation: Bei einer Katastrophe muss schnell gehandelt werden, damit die Menschen überleben können und Verletzten geholfen wird. Also, da ist, glaube ich, schnelle und aktive Hilfe und auch Spenden notwendig. Wenn es aber um Bereiche geht, die langfristig die Basisversorgung sicherstellen sollen von einem Land, da wäre ich dann doch vorsichtiger.
Zurheide: Wo ist staatliche Aufgabe aus Ihrer Sicht und wo ist private Aufgabe? Kann man das so trennen?
Roßbach: Na ja, das kann man schon trennen. Also, in Deutschland zum Beispiel leben wir in einem sozialen Rechtsstaat, ich finde, wir müssen sicherstellen, dass wir die Rahmenbedingungen unseres Grundgesetzes erfüllen, die Menschenrechte erfüllen, dazu gehört ein Recht auf Bildung, dazu gehört aber auch ein Recht auf Nahrung und so weiter. Und das muss natürlich eine Regierung, die sich diesen Werten verpflichtet hat, auch sicherstellen. Und wir wissen selber hier sehr genau, dass genau im sozialen Sektor natürlich einiges noch verbessert werden kann.
Zurheide: Jetzt könnte man sagen, mit dieser Initiative, mit diesen Initiativen wird die Hilfe quasi auch privatisiert, das ist ja so ein Trend, Privat vor Staat, das ist eine Signet, über das wir schon viel diskutiert haben. Ist das so?
Roßbach: Ja, also das kommt bei mir auch so an. Aber nochmals, man muss unterscheiden: Es gibt natürlich gewisse Initiativen, da sollte, finde ich, auch der Staat vorsichtiger agieren. Also beispielsweise noch mal Katastrophenhilfe, auch in vielen Bereichen, wenn es um längerfristige Entwicklungszusammenarbeit geht, da reden wir aber auch hier nur vor drei, vier, fünf Jahren, gibt es manchmal Möglichkeiten, wie man als Bürger zu Bürger, also Hilfe von Bürger zu Bürger, Zivilgesellschaft zu Zivilgesellschaft mehr erreichen kann mit weniger Mitteln, weil weniger starke Verwaltungsstrukturen dahinter stehen. Und das sollte dann auch bedacht werden.
Zurheide: Kommen wir noch mal auf die aktuelle Situation in Asien, in Pakistan: Was ist da im Moment vordringlich aus Ihrer Sicht?
Roßbach: Oh, also ganz sicher ist die weitere Versorgung mit Nahrungsmitteln wichtig. Wir hören, dass die Fluten in den Süden gehen, dass eben immer noch Menschen eingeschlossen sind, und die sind es ja jetzt schon seit einigen Tagen. Und natürlich werden Nahrungsmittel verteilt, aber man muss an die Menschen noch besser herankommen. Darüber sprechen wir jeden zweiten Tag mit unseren Organisationen, die auch sagen, dass es sehr, sehr schwierig ist, sich vor Ort zu bewegen. Mit vierradangetriebenen Fahrzeugen kommt man voran, aber das große Problem ist, dass natürlich durch diese Überflutung alles sehr matschig ist und man genau gucken muss, wie man überhaupt an die Leute rankommt. Die medizinischen Teams können zur Not zu Fuß losgehen mit ihren Köfferchen oder ihren Materialien und hingehen. Aber man braucht Wasser, Trinkwasser und Nahrungsmittel. Daran arbeiten wir jetzt verstärkt.
Zurheide: Und dann haben wir gerade gehört, dass Hubschrauber kaum noch fliegen können, weil es dann wieder neue Umwetterkatastrophen gibt. Wie können Sie so was umgehen dann?
Roßbach: Ja, ganz ehrlich: Man kann nur versuchen, da eine Versorgungskette herzustellen mit ziemlich viel lokalen Menschen. Wir haben das Glück, unsere Organisationen haben über die Jahre, seit 2005, ihre Stellungen sozusagen ausgebaut, selber ihre Büros vergrößert und haben lokale Mitarbeiter. Und man muss versuchen, dass man da auf diese Art und Weise eben die Versorgungskette herstellt. Aber in der Tat ist das eine Riesenherausforderung und ich möchte auch hier nicht behaupten, dass das immer so schnell klappt, wie wir uns das wünschen einfach aufgrund der logistischen Rahmenbedingungen.
Zurheide: Das war Manuela Roßbach, Geschäftsführerin des Aktionsbündnisses Deutschland Hilft. Frau Roßbach, ich danke für das Gespräch, danke schön!
Roßbach: Danke, Herr Zurheide!