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Smart-TV
Tücken beim TV-Genuss aus dem Netz

Fernsehen kam bis vor ein paar Jahren entweder per Antenne, per Satellit oder über den Kabelanschluss. Doch inzwischen kann auch über den DSL-Internet-Anschluss ferngesehen werden. Anbieter werben mit bester Bildqualität und günstigen Komplett-Paketen. Doch das lohnt sich nicht immer.

Von Stefan Römermann |
    Ruckeln und andere Bildstörungen - wie man sie beispielsweise von YouTube-Videos kennt - zu verhindern, setzen die Internetanbieter Alice, Vodafone und Telekom setzen für ihre Fernsehpakete auf eine spezielle Übertragungstechnik. Dabei kommen die Fernsehsignale zwar per Telefonleitung über einen schnellen DSL-Internet-Anschluss in die Wohnung aber sie werden ausschließlich über die unternehmenseigenen Glasfasernetze übertragen. Dort werden die Fernsehdaten gegenüber dem restlichen Internetverkehr bevorzugt behandelt und zunächst zu einem der grauen Verteilerkästen in der Nähe der jeweiligen Wohnung geleitet, erklärt Technikexperte Nico Jurran vom Computermagazin "c't".

    "An der Stelle wo jetzt der TV-Teilnehmer sagt: Ich würde gerne Programm XYZ anschauen, da wird in diesen Kästen dafür gesorgt, dass das halt dem zur Verfügung gestellt wird."

    In der Wohnung werden die Internet-Daten vom Router - dem zentralen Verteiler - entweder drahtlos per WLAN oder über ein Netzwerkkabel zu einem mit dem Fernseher verbundenen Empfänger - dem Receiver - geleitet, der die Signale dann wieder in Fernsehbilder umwandelt. Durch die aufwendige Technik laufen diese sogenannten IPTV-Fernsehanschlüsse normalerweise ziemlich zuverlässig. Bei einem Vergleich der Stiftung Warentest vor zwei Jahren schnitt die Bildqualität beim Angebot von Telekom Entertain teilweise sogar besser ab als beim klassischen Kabelanschluss oder Satellitenempfang.

    Eigentlich. Doch das System hat auch Haken. Vor allem Fernsehbilder in der hochauflösenden HDTV-Qualität verursachen einen sehr hohen Datenverkehr. Ein typischer 16.000-DSL-Anschluss ist damit fast ausgelastet. Nebenbei im Internet surfen funktioniert zwar meist noch, größere Downloads brauchen allerdings erheblich länger. Wer zudem zwei oder mehr Fernseher anschließen möchte, braucht außerdem unbedingt den schnelleren "VDSL"-Anschluss, erklärt Technikexperte Jurran.

    "In dem Moment wo ich einen Fernseher beschicken möchte mit einem TV-Programm und habe in der gleichen Wohnung noch einen zweiten Fernseher und da soll ein anderes TV-Programm drauf laufen. Dann müssen eben durch diese eine Leitung beide Datenströme gleichzeitig durch. Und da ist dann beim gewöhnlichen DSL-Anschluss schnell Schluss."

    Weil die VDSL-Anschlüsse extrem leistungsstark, aber auch teuer sind, lohnen sich die Fernsehpakete eigentlich nur für Haushalte mit maximal einem Fernseher. Denn die zusätzliche Internet-Geschwindigkeit bei VDSL-Anschlüssen dürften die meisten Verbraucher im Alltag mit ihrem PC oder dem Laptop bisher kaum ausnutzen.

    Probleme kommen immer wieder vor, wenn die Internet-Leitung nicht die versprochene Übertragungsgeschwindigkeit liefert.

    "Es wird gewöhnlich eine Prüfung gemacht, und dann wird gesagt: Ja, okay. Du kannst IPTV bekommen oder nicht. Und es kommt halt vor, dass bei dieser Prüfung gesagt wird: Ja, super. Alles toll. Und man dann im Nachhinein feststellt: Hätte man doch besser nicht freigegeben."

    Denn reicht die verfügbare Geschwindigkeit nicht aus, friert der Bildschirm immer mal wieder ein oder das Bild verschwindet gar komplett. Telekom-Sprecher Georg von Wagner verspricht in solchen Fällen pragmatische Lösungen, sollte der Kundendienst die Bildstörungen nicht dauerhaft beseitigen können.

    "Ist doch klar, dass unsere Kunden, wenn sie ein gravierendes Empfangsproblem haben ihre Geräte zurück geben können und auch eine Erstattung erhalten. Denn bevor sie ein Gerät bekommen, beraten wir sie eingehend und weisen sie auch auf die zur Verfügung stehende Internet-Geschwindigkeit bei ihnen zu Hause hin."

    Das dürfte allerdings in der Regel eine Kulanz-Leistung sein. Denn grundsätzlich haben die Anbieter für solche Fälle vorgesorgt. Da werden bei einem typischen DSL-Anschluss nur Geschwindigkeiten "bis zu 16.000 Mbit" versprochen statt echte 16.000. Und in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann stehen, dass der Anbieter die Verfügbarkeit nur für 97 Prozent der Zeit garantiert. Das bedeutet de facto: Bis zu zehn Tage pro Jahr dürfen Fernsehen und Internet komplett ausfallen. Oder auch scheibchenweise in kurzen Störungen über das Jahr verteilt, warnt Friederike Wagner von der Verbraucherzentrale Sachsen.

    "Und dann müsste ich jetzt als Verbraucher natürlich wieder hergehen, müsste mir jedes mal wieder die Anfangs- oder Endzeiten notieren. Das dann aufrechnen, über das Jahr kalkulieren. Das macht es natürlich unheimlich schwierig dann nachzuweisen, ob hier ausreichend verfügbar war oder nicht."

    Die Kunden sollten sich deshalb bei Vertragsabschluss eine Übertragungsgeschwindigkeit, schriftlich zusichern lassen, die für IPTV und sorgloses Internetsurfen ausreicht, rät Verbraucherschützerin Wagner. Bei Störungen lasse sich dann unter Umständen ein außerordentliches Kündigungsrecht geltend machen.