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Smartphone-Freiheit mit Risiko

Die Begriffe Root und Jailbreak bezeichnen Techniken, mit denen die Nutzer das Betriebssystem ihres Handys überlisten können, um die volle Kontrolle zu bekommen. Anschließend lässt sich Software installieren, die der Hersteller nicht zulässt. Das birgt auch Risiken.

Von Stefan Römermann |
    Der Begriff Jailbreak kommt aus der Apple-Welt. Übersetzt bedeutet er etwa "Gefängnisausbruch" – denn tatsächlich empfindet mancher iPhone-Besitzer sein Telefon als eine Art "goldenen Käfig". Denn die gute Hardware der Geräte wird durch das Betriebssystem quasi ausgebremst. Anders als auf einem PC lassen sich auf einem iPhone normalerweise nur solche Programme installieren, die Apple genehmigt hat. Das Aussehen der Benutzeroberfläche lässt sich beispielsweise kaum verändern. Es sei denn, der Smartphone-Besitzer bricht mit einem Jailbreak aus dem Apple-Gefängnis aus, erklärt Oliver Diedrich vom Computermagazin c’t.

    "Man kann dafür sorgen, dass andere Programme an den Stellen auftauchen, wo Apple seine eigenen Programme vorgesehen hat. Man kann die Funktion dieser Benachrichtigungsleiste oben erweitern. Man kann dafür sorgen, dass Dinge auf dem Sperrschirm angezeigt werden. All diese Dinge, die Apple einfach nicht vorsieht, standardmäßig."

    Geräte mit dem Google-Betriebssystem Android sind zwar grundsätzlich etwas flexibler. Doch wirklich Herr über das eigene Gerät sind auch Android-Nutzer normalerweise nicht – es sei denn, sie rooten ihr Gerät. Der Begriff kommt aus der Welt der freien Linux-Betriebssysteme. Der Root-Benutzer ist dort das, was bei Windows der "Administrator" ist - also der Nutzer, der alles mit dem Computer machen darf, der alle Dateien und Einstellungen lesen und verändern darf, und auch jedes beliebige Programm installieren und löschen. Weil unter der Oberfläche aller Android-Geräte ein ganz normales Linux arbeitet, gibt es eigentlich auch hier einen solchen Root-Zugang. Aber der ist für die Besitzer der Geräte normalerweise gesperrt.

    "Das heißt, man kann eben nicht alles machen. Man kann eben nicht beliebige Software installieren oder beliebige Software löschen auf dem Gerät. Und wenn man ein solches Android-Gerät gerootet hat, hat man eben diese Möglichkeit. Es ist letzten Endes dasselbe, was in der iPhone-Welt Jailbreak heißt."

    Das Rooten oder Jailbreaken des eigenen Smartphones ist dabei meist vergleichsweise aufwendig. Anleitungen für das alle gängigen Modelle finden sich leicht über eine Internetsuche. Wichtig ist es dabei, sich ganz genau an die einzelnen, beschriebenen Schritte zu halten. Teilweise reicht nämlich schon ein kleiner Fehler aus, um das Betriebssystem des Telefons und damit das ganze Gerät unbrauchbar zu machen, warnt Handy-Experte Diedrich.

    "Von daher: Wenn man sich entscheidet, sein Smartphone zu rooten oder zu jailbreaken, sollte man vorher sehr genau auch möglichst mehrere Quellen studieren, in denen beschrieben wird, wie es geht, um einen Eindruck zu gewinnen, wie kompliziert es ist, und ob man es sich wirklich zutraut."

    Eine weitere Gefahr: Geräte mit Root oder Jailbreak sind anfälliger für Schadsoftware. Denn Apps dürfen dort im Zweifelsfall eben alles machen, was sie wollen. Sie können also auch beispielsweise die eigenen persönlichen Daten ausspähen, warnt Steffen Herget vom Onlineportal "teltarif.de".

    "Die haben Sie im Endeffekt nicht mehr so unter Kontrolle, weil man vielleicht gesagt bekommt: Pass auf, diese App fordert von mir die und die Rechte, um eventuell eben auf meine Kontakte zugreifen zu können, meine Internetverbindung nutzen zu können. Was die App dann im Hintergrund aber wirklich macht, das kann ich nicht wirklich sagen."

    Auf Telefonen mit Root oder Jailbreak müssen die Nutzer daher viel genauer aufpassen, was für Programme sie installieren. Im schlimmsten Fall können die Apps sogar das Telefon komplett unbrauchbar machen. Die Hersteller warnen deshalb ausdrücklich vor Root und Jailbreak – und vor den Konsequenzen für eventuelle Garantie- und Gewährleistungsansprüche:

    "Wenn man so tief in die Software von einem Handy eingreift, geht das normalerweise damit einher, dass der Hersteller die Garantie nicht mehr gewährleistet, wenn das Gerät kaputt ist."

    Wer nur die Benutzeroberfläche seines Telefons etwas verändern möchte, oder bestimmte Programme loswerden möchte - für den gibt es zumindest auf Android-Geräten vielleicht noch eine Alternative: Mit so genannten Launchern lässt sich das Aussehen der Bildschirm-Menüs und der Symbole relativ einfach und vor allem gefahrlos verändern, erklärt Handyexperte Herget.

    "Apps, die zum Beispiel der Hersteller vorinstalliert hat, die ich nicht löschen kann, weil die auf eine bestimmte Art geschützt sind, kann ich dann zum Beispiel aus dem Menü ausblenden. Die sind dann zwar nicht weg, aber ich sehe sie nicht mehr."

    Die Launcher werden wie ganz normale Apps aus dem Google Play Store herunter geladen und installiert – und können bei Problemen auch jederzeit wieder gelöscht werden.