Christoph Heinemann: Eine gute Nachricht. Nach Berechnung des Statistischen Bundesamtes wird sich die Zahl der Verkehrstoten auf deutschen Straßen bis zum Ende des Jahres auf rund 4600 Menschen verringert haben. Das sind immer noch 4600 zu viel, aber - und das ist das gute - ein historischer Tiefstand. Zum Vergleich: 1970 starben über 21.000 Menschen auf deutschen Straßen, fast fünfmal so viele. In München sind wir mit Klaus Reindl verbunden, dem Sprecher des ADAC. Guten Tag!
Klaus Reindl: Grüß Gott aus München.
Heinemann: Herr Reindl, 21.000 geteilt durch 5. Wie ist diese Division gelungen?
Reindl: Es ist dadurch gelungen, dass man eine ganze Menge getan hat, dass sich einiges verbessert hat, sowohl bei den Fahrzeugen. Denken Sie daran, dass man in den 70er Jahren erst angefangen hat, Sicherheitsgurte in die Fahrzeuge einzubauen. Das ist noch gar nicht alltäglich gewesen. Und dann sind die Fahrzeuge natürlich immer besser geworden. Man hat Airbags bekommen, man hat elektronische Stabilitätsprogramme bekommen, hat man ein Antiblockiersystem bekommen, die Fahrgastzellen in den Fahrzeugen sind wesentlich sicherer geworden, als dies vor 30, 35 Jahren der Fall war.
Und dann darf man auch eines nicht vergessen: Die medizinische Versorgung ist besser geworden, die Notfallversorgung ist besser geworden. Wir haben damals, 1970, den ersten Rettungshubschrauber in München stationiert, den Christoph 1, den es auch heute noch gibt, und der war sozusagen der Urvater dessen, was wir heute an Luftrettung haben, was wir heute unter Rettungshubschrauber-Rettung verstehen.
Also da hat sich eine ganze Menge getan und letztendlich mit großem Erfolg, denn man muss sich auch überlegen, dass damals, also 1970, wir wesentlich weniger Fahrzeuge gehabt haben, wesentlich weniger Bürger gehabt haben, damals in der alten Bundesrepublik. Auf diesen doch deutlichen Rückgang bei den Verkehrstoten kann man, denke ich, doch ein bisschen stolz sein, wenngleich auch 4600 oder 4500 immer noch zu viel sind.
Heinemann: Richtig. Sie sagten, es ist vor allem die Technik und es sind die medizinischen Möglichkeiten. Hat sich denn auch das Fahrverhalten verändert? Fahren die Deutschen heute umsichtiger?
Reindl: Ich weiß nicht, ob sie unbedingt umsichtiger fahren, aber es spielt eine ganz große Rolle, dass auch die Straßen besser geworden sind, dass man natürlich auch dazugelernt hat, von Seiten der Fahrschulausbildung dazugelernt hat, dass man auch bei den Fahrsicherheitstrainings eine ganze Menge gemacht hat. Das gab es ja damals alles nicht. Also es kommt ein Mosaiksteinchen zum anderen, letztendlich mit diesem doch wirklich sehr erfreulichen Ergebnis.
Heinemann: Herr Reindl, immer noch 13 Tote pro Tag auf deutschen Straßen. Was muss geschehen, um möglichst viele dieser Menschen zu retten?
Reindl: Man wird ganz sicherlich im Straßenverkehr niemals die Ziffer Null haben. Die Europäische Union macht ja die große Aktion, jedes Jahr zehn Prozent weniger Verkehrstote. Nur irgendwann wird eine ganz natürliche Grenze erreicht sein. So viel Technik kann man in die Fahrzeuge gar nicht einbauen, so viel Sicherheitstrainings kann man gar nicht anbieten, als dass irgendwann einmal gar nichts mehr passiert. Das ist sicherlich eine Illusion.
Aber ich denke, man kann eine ganze Menge noch tun. Wenn sie den PKW-Sektor ansehen, wenn sie die partnerschaftlichen Crash-Normen anschauen, dann muss dort natürlich auch eine ganze Menge mehr passieren, wenn ein relativ großes Fahrzeug auf ein relativ kleines Fahrzeug trifft.
Es muss auch etwas getan werden, wenn zum Beispiel ein PKW einen Fußgänger erfasst. Die Fußgängersicherheit, das Crash-Verhalten beim Fußgänger muss auch noch weiter verbessert werden.
Heinemann: Vor allen Dingen könnte man die Fahrer zwingen, langsamer zu fahren. Stichwort Tempolimit.
Reindl: Beim Tempolimit ist es so, dass die meisten Unfälle, die meisten Verkehrstoten auf Straßen passieren, die ohnehin schon ein Tempolimit haben. Auf den Autobahnen wird etwa ein Drittel des gesamten Verkehrs in Deutschland abgewickelt. Es gibt hier aber nur acht Prozent aller tödlichen Verkehrsunfälle.
Heinemann: Gleichwohl wäre es doch vielleicht eine disziplinierende Maßnahme. Das wäre die Botschaft, Autofahren ist nun mal kein Rauschmittel, sondern eine verantwortungsvolle Tätigkeit, zu der Nüchternheit und Besonnenheit gehört.
Reindl: Das heißt aber nicht unbedingt, dass ich ganz langsam fahren muss. Das heißt nicht, dass ich ein Tempolimit brauche, denn die meisten Unfälle passieren eben innerorts, auf innerörtlichen Straßen oder auf Bundesstraßen, wo ich Begegnungsverkehr habe. Auf den Autobahnen habe ich keinen Begegnungsverkehr. Dadurch minimiere ich natürlich schon das Risiko eines Frontalzusammenstoßes ganz erheblich, es sei denn mir kommt ein Geisterfahrer entgegen.
Heinemann: Ab welchem Betrag schrecken Bußgelder ab?
Reindl: Bußgelder schrecken sicherlich überhaupt nicht ab. Das ist so ähnlich wie mit der Todesstrafe. Die schreckt auch nicht ab, weil jeder davon ausgeht, dass er eben nicht erwischt wird.
Ich denke, wir müssen ein bisschen umdenken. Es ist so ein gesamtgesellschaftliches Phänomen. Wenn ich nämlich lerne, ich muss mich im Beruf mit Ellbogen durchsetzen, dann kann ich manchmal nur schwer umschalten auf den Straßenverkehr, wo eben Rücksicht verlangt wird, wo ein gegenseitiges aufeinander Aufpassen verlangt wird. Da kann der eine oder andere möglicherweise nicht so schnell umstellen.
Heinemann: Herr Reindl, könnte es sein, dass durch die Wirtschaftskrise, auch die Energiekrise das Image des Autos sich wandelt, weg vom Traum, weg vom Statussymbol, hin zu einem Gebrauchsgegenstand, und der Umgang damit auch etwas rationaler wird?
Reindl: Ich muss da ein klein bisschen widersprechen, weil natürlich ist Autofahren auch ein bisschen etwas, was sehr viel mit Emotion zu tun hat. Man kann aber das Auto auch ganz nüchtern benutzen. Ich zum Beispiel benutze mein Auto relativ nüchtern. Da stehen relativ wenig Emotionen dahinter. Ich möchte ein Auto haben, was groß genug ist für mich, was sicher genug ist für meine Ansprüche und wo ich zügig von A nach B komme, ohne das Risiko zu haben, unterwegs eine Panne zu haben.
Natürlich gibt es den einen oder anderen, der sagt, ich möchte ein sehr großes, ein sehr schnelles Auto haben. Das kann ich sicherlich auch demjenigen erlauben. Nur ich müsste die Kfz-Steuer umstellen von der jetzigen Hubraumbesteuerung auf die CO2-Besteuerung, heißt ein Fahrzeug, das viel verbraucht, zahlt mehr Steuern, ein Fahrzeug, das wenig verbraucht, wenig CO2 ausstößt, zahlt entsprechend wenig.
Heinemann: In den "Informationen am Mittag" sprachen wir mit Klaus Reindl, dem Sprecher des ADAC. Danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören.
Klaus Reindl: Grüß Gott aus München.
Heinemann: Herr Reindl, 21.000 geteilt durch 5. Wie ist diese Division gelungen?
Reindl: Es ist dadurch gelungen, dass man eine ganze Menge getan hat, dass sich einiges verbessert hat, sowohl bei den Fahrzeugen. Denken Sie daran, dass man in den 70er Jahren erst angefangen hat, Sicherheitsgurte in die Fahrzeuge einzubauen. Das ist noch gar nicht alltäglich gewesen. Und dann sind die Fahrzeuge natürlich immer besser geworden. Man hat Airbags bekommen, man hat elektronische Stabilitätsprogramme bekommen, hat man ein Antiblockiersystem bekommen, die Fahrgastzellen in den Fahrzeugen sind wesentlich sicherer geworden, als dies vor 30, 35 Jahren der Fall war.
Und dann darf man auch eines nicht vergessen: Die medizinische Versorgung ist besser geworden, die Notfallversorgung ist besser geworden. Wir haben damals, 1970, den ersten Rettungshubschrauber in München stationiert, den Christoph 1, den es auch heute noch gibt, und der war sozusagen der Urvater dessen, was wir heute an Luftrettung haben, was wir heute unter Rettungshubschrauber-Rettung verstehen.
Also da hat sich eine ganze Menge getan und letztendlich mit großem Erfolg, denn man muss sich auch überlegen, dass damals, also 1970, wir wesentlich weniger Fahrzeuge gehabt haben, wesentlich weniger Bürger gehabt haben, damals in der alten Bundesrepublik. Auf diesen doch deutlichen Rückgang bei den Verkehrstoten kann man, denke ich, doch ein bisschen stolz sein, wenngleich auch 4600 oder 4500 immer noch zu viel sind.
Heinemann: Richtig. Sie sagten, es ist vor allem die Technik und es sind die medizinischen Möglichkeiten. Hat sich denn auch das Fahrverhalten verändert? Fahren die Deutschen heute umsichtiger?
Reindl: Ich weiß nicht, ob sie unbedingt umsichtiger fahren, aber es spielt eine ganz große Rolle, dass auch die Straßen besser geworden sind, dass man natürlich auch dazugelernt hat, von Seiten der Fahrschulausbildung dazugelernt hat, dass man auch bei den Fahrsicherheitstrainings eine ganze Menge gemacht hat. Das gab es ja damals alles nicht. Also es kommt ein Mosaiksteinchen zum anderen, letztendlich mit diesem doch wirklich sehr erfreulichen Ergebnis.
Heinemann: Herr Reindl, immer noch 13 Tote pro Tag auf deutschen Straßen. Was muss geschehen, um möglichst viele dieser Menschen zu retten?
Reindl: Man wird ganz sicherlich im Straßenverkehr niemals die Ziffer Null haben. Die Europäische Union macht ja die große Aktion, jedes Jahr zehn Prozent weniger Verkehrstote. Nur irgendwann wird eine ganz natürliche Grenze erreicht sein. So viel Technik kann man in die Fahrzeuge gar nicht einbauen, so viel Sicherheitstrainings kann man gar nicht anbieten, als dass irgendwann einmal gar nichts mehr passiert. Das ist sicherlich eine Illusion.
Aber ich denke, man kann eine ganze Menge noch tun. Wenn sie den PKW-Sektor ansehen, wenn sie die partnerschaftlichen Crash-Normen anschauen, dann muss dort natürlich auch eine ganze Menge mehr passieren, wenn ein relativ großes Fahrzeug auf ein relativ kleines Fahrzeug trifft.
Es muss auch etwas getan werden, wenn zum Beispiel ein PKW einen Fußgänger erfasst. Die Fußgängersicherheit, das Crash-Verhalten beim Fußgänger muss auch noch weiter verbessert werden.
Heinemann: Vor allen Dingen könnte man die Fahrer zwingen, langsamer zu fahren. Stichwort Tempolimit.
Reindl: Beim Tempolimit ist es so, dass die meisten Unfälle, die meisten Verkehrstoten auf Straßen passieren, die ohnehin schon ein Tempolimit haben. Auf den Autobahnen wird etwa ein Drittel des gesamten Verkehrs in Deutschland abgewickelt. Es gibt hier aber nur acht Prozent aller tödlichen Verkehrsunfälle.
Heinemann: Gleichwohl wäre es doch vielleicht eine disziplinierende Maßnahme. Das wäre die Botschaft, Autofahren ist nun mal kein Rauschmittel, sondern eine verantwortungsvolle Tätigkeit, zu der Nüchternheit und Besonnenheit gehört.
Reindl: Das heißt aber nicht unbedingt, dass ich ganz langsam fahren muss. Das heißt nicht, dass ich ein Tempolimit brauche, denn die meisten Unfälle passieren eben innerorts, auf innerörtlichen Straßen oder auf Bundesstraßen, wo ich Begegnungsverkehr habe. Auf den Autobahnen habe ich keinen Begegnungsverkehr. Dadurch minimiere ich natürlich schon das Risiko eines Frontalzusammenstoßes ganz erheblich, es sei denn mir kommt ein Geisterfahrer entgegen.
Heinemann: Ab welchem Betrag schrecken Bußgelder ab?
Reindl: Bußgelder schrecken sicherlich überhaupt nicht ab. Das ist so ähnlich wie mit der Todesstrafe. Die schreckt auch nicht ab, weil jeder davon ausgeht, dass er eben nicht erwischt wird.
Ich denke, wir müssen ein bisschen umdenken. Es ist so ein gesamtgesellschaftliches Phänomen. Wenn ich nämlich lerne, ich muss mich im Beruf mit Ellbogen durchsetzen, dann kann ich manchmal nur schwer umschalten auf den Straßenverkehr, wo eben Rücksicht verlangt wird, wo ein gegenseitiges aufeinander Aufpassen verlangt wird. Da kann der eine oder andere möglicherweise nicht so schnell umstellen.
Heinemann: Herr Reindl, könnte es sein, dass durch die Wirtschaftskrise, auch die Energiekrise das Image des Autos sich wandelt, weg vom Traum, weg vom Statussymbol, hin zu einem Gebrauchsgegenstand, und der Umgang damit auch etwas rationaler wird?
Reindl: Ich muss da ein klein bisschen widersprechen, weil natürlich ist Autofahren auch ein bisschen etwas, was sehr viel mit Emotion zu tun hat. Man kann aber das Auto auch ganz nüchtern benutzen. Ich zum Beispiel benutze mein Auto relativ nüchtern. Da stehen relativ wenig Emotionen dahinter. Ich möchte ein Auto haben, was groß genug ist für mich, was sicher genug ist für meine Ansprüche und wo ich zügig von A nach B komme, ohne das Risiko zu haben, unterwegs eine Panne zu haben.
Natürlich gibt es den einen oder anderen, der sagt, ich möchte ein sehr großes, ein sehr schnelles Auto haben. Das kann ich sicherlich auch demjenigen erlauben. Nur ich müsste die Kfz-Steuer umstellen von der jetzigen Hubraumbesteuerung auf die CO2-Besteuerung, heißt ein Fahrzeug, das viel verbraucht, zahlt mehr Steuern, ein Fahrzeug, das wenig verbraucht, wenig CO2 ausstößt, zahlt entsprechend wenig.
Heinemann: In den "Informationen am Mittag" sprachen wir mit Klaus Reindl, dem Sprecher des ADAC. Danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören.