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Sofja-Kovalevskaja-Preis
Volle Konzentration auf die Forschung

Elf junge Wissenschaftler aus dem Ausland erhalten in diesem Jahr den Sofja-Kovalevskaja-Preis der Alexander-von-Humboldt-Stiftung. Die Auszeichnung bedeutet für sie sehr viel Geld, mit dem sie ungestört forschen können. Für viele nicht nur eine ganz neue Erfahrung, weil sie dies dann in Deutschland tun.

Von Stefan Maas |
    "Die Rahmenbedingungen von diesem Preis, die sind super."
    Eine große Chance für junge Forscher, sagt Katja Dörschner-Boyaci. Sie gehört zu den elf Preisträgern des Sofja-Kovalevskaja-Preises 2014.
    "Man kann sich vollkommen aufs Forschen konzentrieren. Das hat man als Nachwuchswissenschaftler oder Assistant Professor nicht häufig. Oftmals, wenn man einen neuen Job anfängt, dann hat man Lehre und administrative Sachen. Und die sind bei diesem Preis halt nicht vorhanden."
    Hinzu kommt das Finanzielle. Bis zu 1,65 Millionen Euro gibt es pro Preisträger. Damit ist der Forschungs-Preis, den das Bundesministerium für Bildung und Forschung bislang alle zwei Jahre stiftet, einer der bestdotierten in Deutschland. Geld genug für die jungen Wissenschaftler, um über den Zeitraum von fünf Jahren eine eigene kleine Arbeitsgruppe aufzubauen und an einer Hochschule oder einer wissenschaftlichen Einrichtung ihrer Wahl in Deutschland zu forschen. Für die Psychologin Katja Dörschner, die in den USA studierte und promovierte und seit 2008 als Assistant Professor in der Türkei forscht, ist das die Universität Gießen:
    "Das Forschungsumfeld ist fantastisch. Nicht nur von den Leuten. Auch von der Infrastruktur ist das eine tolle Gruppe."
    Unterstützung für neue Forschungsfelder
    Dörschner hat sich auf das noch recht junge Feld der Materialwahrnehmung spezialisiert.
    "Das setzt sich damit auseinander, wie visuell die Oberflächenbeschaffenheit oder die Grundstoffe gemacht sind, wie wir die ableiten."
    Wie funktioniert es, dass wir erkennen, ob der Bürgersteig feucht und rutschig ist oder trocken und griffig? Ein wenig erforschtes Feld bislang. Aber ein Interessantes: zum Beispiel für die Robotik. Dörschners Forschung passt also genau ins Profil des Sofja-Kovalevskaja-Preises, für den sich in diesem Jahr 79 junge Wissenschaftler beworben hatten. Das Preisgeld könne als Risikokapital verstanden werden, schreibt die Alexander-von-Humboldt-Stiftung. Für junge Wissenschaftler in einer frühen Karrierephase und mit innovativen Projekten.
    Eine Beschreibung, die auch auf Kamal Assadi zutrifft. 1977 im Iran geboren, studiert im Iran und den Niederlanden. Sein Forschungsschwerpunkt: Halbleiterphysik: "For years I have been investigating different types of plastics."
    Seit Jahren erforsche er die Eigenschaften verschiedener Arten von Plastik, um sie als Speichermedien zu verwenden, denn der Bedarf an leistungsfähigen und günstigen Datenspeichern in der Elektrotechnik wächst. Sein Forschungsziel: den Prototyp zu entwickeln für ein funktionsfähiges Bauteil. Der ideale Ort für ihn, sagt Asadi: Das Max Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz. Dort ist er bereits seit dem Sommer 2013. Das Institut sei auf seinem Gebiet internationale Spitzenklasse.
    "Die Infrastruktur, die es dort für mein Projekt gibt, ist phänomenal. Für mein Projekt brauche ich Expertise in vielen Feldern: Synthetische Chemie, Simulationstechnik, Polymerphysik, Halbleiterphysik. Und das ist alles da in dem Institut. Das ganze Paket. Deshalb habe ich mir das Institut ausgesucht."
    Zeit und Mittel bieten viel Freiraum
    Die gute Forschungs-Infrastruktur in Deutschland – und die Rahmenbedingungen des Preises, die viel Freiraum lassen. Zwei Punkte, die alle Preisträger herausheben. Auch für Piereangelo Buongiorno waren sie ausschlaggebend, sich für den Preis zu bewerben. Der Rechtswissenschaftler will eine vollständige, exakt dokumentierte und kommentierte Sammlung aller Senatsbeschlüsse aus dem antiken Rom – von der Republik bis zum Beginn der Spätantike zusammenstellen. Denn die gibt es bislang nicht. Schon früher war Buongiorno mehrmals für Forschungsaufenhalte in Deutschland. Dieses Mal bekommt er fünf Jahre Zeit, ungestört zu forschen.
    "Die Bedingungen waren die besten für dieses Projekt, wo ich philologische und juristische Probleme erforschen werde."
    Da habe es an der Universita des Salento in Lecce, wo er seit 2011 arbeitet, ganz anders ausgesehen.
    "So zum Beispiel in 2014 hatte ich aus meiner Universität null Euro für Forschungen. Ich hatte nur mein Gehalt als Juniorprofessor."
    Jetzt stellt er sich gerade seine eigene Forschungsgruppe zusammen. Auch das eine ganz neue Erfahrung.