Schröter: Guten Morgen.
Gerner: Herr Schröter, haben Sie besondere Erwartungen an diesen Tag, und wenn ja, welche?
Schröter: Ich hoffe, dass es heute oder spätestens am Montag endlich los geht mit finanziellen Hilfen für vom Hochwasser geschädigte Unternehmen und dass wirklich das Geld schnell fließt, denn hier ist schnelle Hilfe notwendig, damit die ersten Zeichen wiederkommen, dass es weitergehen kann.
Gerner: Sie sagen, spätestens am Montag, wo doch Wirtschaftsminister Müller betont, dass es ab heute schon losgehen kann. Womit hat das zu tun?
Schröter: Aus der Sicht von Berlin geht immer alles ganz schnell, aber man muss sich vorstellen, dass das Geld erst einmal zu den Ländern geht, und dann weisen die von den Ländern beauftragten Landesinstitute das Geld als Überweisung an, das heißt, ich erwarte nicht, dass vor Montag, Dienstag das erste Geld auf den Konten der betroffenen Unternehmen ist.
Gerner: Heißt das dann, dass es auch sofort in der Hand der Leute ist?
Schröter: Es ist auf ihrem Konto. Es gibt ja keine Barauszahlung, zumindest in Sachsen-Anhalt nicht. Dann ist es auf dem Konto, aber das ist, glaube ich, auch schon ein wichtiges Zeichen für die betroffenen Unternehmen, wobei man aber auch deutlich sagen muss: 15.000 Euro als Maximalbetrag sind in vielen Fällen nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, und es ist wichtig, dass das zweite angekündigte Paket für mittelfristige und langfristige Lösungen endlich und schnell geschnürt wird.
Gerner: 15.000 Euro, sagen Sie, sind ein Tropfen auf dem heißen Stein. Was würde Sie denn zufrieden stellen?
Schröter: Es gibt ganz unterschiedliche Schäden, und deshalb verbietet die jetzige Situation, hier über Summen von 15.000, 20.000 oder 30.000 Euro zu reden. Es geht erstens um diese Soforthilfe, die richtig und wichtig ist, und es geht zweitens darum, ein Paket zu schnüren, damit möglichst viele Unternehmen weitermachen können, das heißt, sie brauchen vielfach Erlasse von bisher ausgereichten Krediten, denn, wie Sie wissen, sind in Ostdeutschland viele Unternehmen bei geringem Eigenkapital sehr hoch mit Krediten belastet, und Sicherheiten sind vielfach kaum noch vorhanden. Deshalb muss dieses ein Weg sein, und dann brauchen wir natürlich weiter zinsgünstige Kredite mit möglichst weitgehender Haftungsfreistellung, damit hier wirklich das unternehmerische Agieren wieder funktionieren kann.
Gerner: Erwarten Sie von der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau, dass bestehende Schulden aus der ersten Kredittranche des Aufbaus vor zehn Jahren, entlassen werden? Ich meine, die Banken und die Bundesregierung verhandeln ja heute unter anderem weiter. Was sind Ihre Erwartungen?
Schröter: Ich erwarte, dass es da wirklich schnelle Lösungen gibt. Ich war am vergangenen Donnerstag im Bundesgrenzland bei dieser ersten Runde dabei, und dort ist die erste Regelung der Bankinstitute sehr positiv. Die setzen erst einmal Zins und Tilgung bis auf weiteres aus. Das ist ein erster richtiger Schritt, aber das reicht in vielen Fällen nicht aus, und deshalb denke ich, muss man ernsthaft darüber nachdenken - und nicht nur nachdenken, sondern handeln -, dass wirklich auch über den Weg des Erlassens hier den Betroffenen Hilfe zugute kommen kann.
Gerner: Sie sind selbst etwas vorsichtig mit Blick auf die Banken. Sie scheinen so realistisch, dass sie nicht erwarten oder nicht glauben, dass es eine gänzliche Erlassung der Schulden gibt?
Schröter: Ja, aber ich habe die große Hoffnung, dass alle nicht nur Hilfsbereitschaft jetzt signalisieren, sondern dann auch wirklich Hilfe für betroffene Unternehmen leisten, und wir haben vereinbart, dass wir hierbei ein Instrument nutzen, das in der Vergangenheit vielen Unternehmen in Schwierigkeiten schon geholfen hat - und hier sind ja alle Unternehmen im Hochwassergebiet in Schwierigkeiten -, dass man nämlich im Rahmen der runden Tische hier betriebsindividuelle und maßgeschneiderte Lösungen mit den Experten aller betroffenen Seiten findet, damit wirklich das größte Ziel erreicht werden kann, nämlich dass möglichst viele Unternehmen weitergeführt werden können. Ich gehe nicht so weit wie manche Politiker, dass ich sage: Es wird nach der Flut keinem schlechter gehen als vorher. Ich hoffe, dass möglichst viele in die Situation kommen, dass sie weitermachen können.
Gerner: Damit sprechen Sie ja den Satz von Gerhard Schröder an, den er diese Tage gesagt hat: Es soll keinem nach der Hochwasserkatastrophe schlechter gehen als vorher. Kanzlerkandidat Stoiber hat etwas abgemildert, aber sich in ähnlichem Duktus geäußert. Was denken die Menschen im betroffenen Gebiet über diese Sätze?
Schröter: Sie hören sie erst einmal wohlwollend, weil diese Sätze auch signalisieren: Die ganze Bundesrepublik will und wird helfen. Ich denke, dass ist auch wichtig nach der großen Welle der Solidarität und Hilfeleistungen, die wir hier erleben konnten und die wirklich ganz positiv angekommen ist. Es muss jetzt weitergehen. Nicht dass wir in die Situation kommen, dass, wenn die schrecklichen Bilder der Hochwasserkatastrophe aus den Tagesmeldungen sowohl im Fernsehen, in der Presse, als auch bei Ihnen im Rundfunk nach hinten gedrängt werden und andere Probleme in den Vordergrund geraten, dass man die Leute, die hier in Sachsen und Sachsen-Anhalt von der Hochwasserkatastrophe betroffen sind, dann ganz einfach nicht mehr so im Vordergrund sieht und dann auch ein Stück weit die Notwendigkeit schneller Hilfen vielleicht in den Hintergrund geraten könnte.
Gerner: Herr Schröter, wie sieht es denn aus in den Betrieben, die Sie in den letzten zwei Wochen besucht haben: Wird da bereits entlassen?
Schröter: Bis jetzt ist in unserem IHK-Bezirk Halle-Dessau noch keine Entlassungswelle zu verzeichnen. In Sachsen-Anhalt rechnen wir mit etwa 20000 betroffenen Arbeitnehmern und es wäre schlimm, wenn im Land mit der höchsten Arbeitslosigkeit hier jetzt eine neue Entlassungswelle folgen würde. Bis jetzt haben sehr viele Betriebe von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, beim Arbeitsamt Kurzarbeit anzumelden, das heißt, das Arbeitsamt übernimmt für eine bestimmte Zeit die Lohnkosten einschließlich der Sozialversicherungsbeiträge. Damit wird schon vielen Unternehmen geholfen, denn die, die vom Hochwasser betroffen sind, haben zwar zurzeit keine Einnahmen, aber die Kosten laufen ja weiter, und das verschärft natürlich die wirtschaftliche Situation. In diesem Zusammenhang ist es, denke ich, auch einmal angezeigt, die Arbeitsämter für eine schnelle und unbürokratische Unterstützung hier in diesem Falle wirklich zu loben.
Gerner: Nun war gestern in einem Bericht zum Beispiel ein betroffener Unternehmer zu vernehmen, der sagte: Bitte, liebe Bank, zahle mir 60 Prozent des prognostizierten Schadens, damit es bei mir wieder losgehen kann. Der betroffene Bankangestellte sagte im O-Ton: Ja, wenn der Kunde diesen Kredit bedienen kann. Können die betroffenen Unternehmen Kredite noch bedienen?
Schröter: Das habe ich ja vorhin schon einmal versucht darzustellen. Das ist ein ganzer Komplex: Es muss zukünftig gewährleistet sein, dass neue Kredite bedient werden können, also die sogenannte Kapitaldienstfähigkeit, und die kann nur erreicht werden, wenn eben bereits ausgereichte Kredite, die einfach noch in den Büchern stehen, erlassen werden. Ansonsten kommt auf den hohen Berg noch etwas drauf, und den Berg kann dann ein Unternehmen schwer noch erklimmen.
Gerner: Sachsens Wirtschaftsminister hat ja 80 Prozent der Summe, die bereit gestellt wird, für sein Bundesland reklamiert. Wie sieht man das denn in Sachsen-Anhalt?
Schröter: Sicherlich gibt es einen unterschiedlichen Grad der Betroffenheit, aber ich persönlich halte es noch für verfrüht, hier in Diskussionen einzusteigen, wer wie viel bekommt.
Gerner: Diese Diskussion hat ja der Bundeskanzler, wenn Sie erlauben, selbst gestern zum Thema gemacht, indem er gesagt hat: Richard von Weizsäcker wird einer Kommission vorsitzen, die unter anderem Streitfälle behandeln wird. Das scheint ja schon offen zu sein, dass das ausgebrochen ist.
Schröter: Wenn Geld zur Verteilung ansteht - das liegt irgendwo in der Natur der Sache -, dann wird auch heftig darüber gestritten, wer wie viel bekommt. Aber ich denke, eine seriöse Diskussion darüber, wo mit welchem Geld die größte Hilfe möglich ist und die größte Not gelindert werden kann, ist erst möglich, wenn wirklich verlässlich klar ist, welche Schäden denn da sind und behoben werden müssen. Ob das nun bei Unternehmen, in der Infrastruktur oder auch bei den Tausenden von betroffenen Bürgern mit ihren Wohnungen und Einfamilienhäusern ist. Dafür ist es einfach noch zu zeitig, und deshalb halte ich eine Diskussion über Verteilungskriterien oder Verteilungsprozentzahlen zum jetzigen Zeitpunkt für völlig verfrüht.
Gerner: Hat es bisher bürokratische Hemmnisse bei der Auszahlung und darauf Verzögerungen gegeben?
Schröter: Es ist ja noch nicht ausgezahlt worden, aber wir haben auch als IHK gemeinsam mit der Landesregierung jetzt hoffentlich Lösungen gefunden, die sehr unbürokratisch und schnell zur Überweisung führen sollten. Wir sitzen ja auch in entsprechenden Schadenskommissionen, die ganz kurz den Schaden bewerten und dann das grüne Licht für die Auszahlung geben, denn bei aller Hilfe, ich denke, dass hier ein Mindestmaß an Regularien gelten muss, denn wir alle wissen, dass in der Situation der Not schnell Hilfe versprochen und auch geleistet wird, aber wenn der erste Druck vorbei ist, dann will man auch richtigerweise immer wieder überprüfen: Ist denn alles ordnungsgemäß gelaufen? Da braucht es ein Mindestmaß an Regularien. Wir haben hier auf der einen Seite ein Formblatt, wo einfach der Schaden geltend gemacht wird, und ich denke, das ist problemlos auszufüllen, und auf dieser Grundlage wird gezahlt. Hier sehe ich noch keine bürokratischen Hemmnisse. Ich hoffe, dass es auch in den nächsten Wochen und Monaten so bleibt.
Gerner: Von der Handelskammer Halle-Dessau von Sachsen-Anhalt war das Reinhard Schröter. Ich danke Ihnen.
Link: Interview als RealAudio
Gerner: Herr Schröter, haben Sie besondere Erwartungen an diesen Tag, und wenn ja, welche?
Schröter: Ich hoffe, dass es heute oder spätestens am Montag endlich los geht mit finanziellen Hilfen für vom Hochwasser geschädigte Unternehmen und dass wirklich das Geld schnell fließt, denn hier ist schnelle Hilfe notwendig, damit die ersten Zeichen wiederkommen, dass es weitergehen kann.
Gerner: Sie sagen, spätestens am Montag, wo doch Wirtschaftsminister Müller betont, dass es ab heute schon losgehen kann. Womit hat das zu tun?
Schröter: Aus der Sicht von Berlin geht immer alles ganz schnell, aber man muss sich vorstellen, dass das Geld erst einmal zu den Ländern geht, und dann weisen die von den Ländern beauftragten Landesinstitute das Geld als Überweisung an, das heißt, ich erwarte nicht, dass vor Montag, Dienstag das erste Geld auf den Konten der betroffenen Unternehmen ist.
Gerner: Heißt das dann, dass es auch sofort in der Hand der Leute ist?
Schröter: Es ist auf ihrem Konto. Es gibt ja keine Barauszahlung, zumindest in Sachsen-Anhalt nicht. Dann ist es auf dem Konto, aber das ist, glaube ich, auch schon ein wichtiges Zeichen für die betroffenen Unternehmen, wobei man aber auch deutlich sagen muss: 15.000 Euro als Maximalbetrag sind in vielen Fällen nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, und es ist wichtig, dass das zweite angekündigte Paket für mittelfristige und langfristige Lösungen endlich und schnell geschnürt wird.
Gerner: 15.000 Euro, sagen Sie, sind ein Tropfen auf dem heißen Stein. Was würde Sie denn zufrieden stellen?
Schröter: Es gibt ganz unterschiedliche Schäden, und deshalb verbietet die jetzige Situation, hier über Summen von 15.000, 20.000 oder 30.000 Euro zu reden. Es geht erstens um diese Soforthilfe, die richtig und wichtig ist, und es geht zweitens darum, ein Paket zu schnüren, damit möglichst viele Unternehmen weitermachen können, das heißt, sie brauchen vielfach Erlasse von bisher ausgereichten Krediten, denn, wie Sie wissen, sind in Ostdeutschland viele Unternehmen bei geringem Eigenkapital sehr hoch mit Krediten belastet, und Sicherheiten sind vielfach kaum noch vorhanden. Deshalb muss dieses ein Weg sein, und dann brauchen wir natürlich weiter zinsgünstige Kredite mit möglichst weitgehender Haftungsfreistellung, damit hier wirklich das unternehmerische Agieren wieder funktionieren kann.
Gerner: Erwarten Sie von der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau, dass bestehende Schulden aus der ersten Kredittranche des Aufbaus vor zehn Jahren, entlassen werden? Ich meine, die Banken und die Bundesregierung verhandeln ja heute unter anderem weiter. Was sind Ihre Erwartungen?
Schröter: Ich erwarte, dass es da wirklich schnelle Lösungen gibt. Ich war am vergangenen Donnerstag im Bundesgrenzland bei dieser ersten Runde dabei, und dort ist die erste Regelung der Bankinstitute sehr positiv. Die setzen erst einmal Zins und Tilgung bis auf weiteres aus. Das ist ein erster richtiger Schritt, aber das reicht in vielen Fällen nicht aus, und deshalb denke ich, muss man ernsthaft darüber nachdenken - und nicht nur nachdenken, sondern handeln -, dass wirklich auch über den Weg des Erlassens hier den Betroffenen Hilfe zugute kommen kann.
Gerner: Sie sind selbst etwas vorsichtig mit Blick auf die Banken. Sie scheinen so realistisch, dass sie nicht erwarten oder nicht glauben, dass es eine gänzliche Erlassung der Schulden gibt?
Schröter: Ja, aber ich habe die große Hoffnung, dass alle nicht nur Hilfsbereitschaft jetzt signalisieren, sondern dann auch wirklich Hilfe für betroffene Unternehmen leisten, und wir haben vereinbart, dass wir hierbei ein Instrument nutzen, das in der Vergangenheit vielen Unternehmen in Schwierigkeiten schon geholfen hat - und hier sind ja alle Unternehmen im Hochwassergebiet in Schwierigkeiten -, dass man nämlich im Rahmen der runden Tische hier betriebsindividuelle und maßgeschneiderte Lösungen mit den Experten aller betroffenen Seiten findet, damit wirklich das größte Ziel erreicht werden kann, nämlich dass möglichst viele Unternehmen weitergeführt werden können. Ich gehe nicht so weit wie manche Politiker, dass ich sage: Es wird nach der Flut keinem schlechter gehen als vorher. Ich hoffe, dass möglichst viele in die Situation kommen, dass sie weitermachen können.
Gerner: Damit sprechen Sie ja den Satz von Gerhard Schröder an, den er diese Tage gesagt hat: Es soll keinem nach der Hochwasserkatastrophe schlechter gehen als vorher. Kanzlerkandidat Stoiber hat etwas abgemildert, aber sich in ähnlichem Duktus geäußert. Was denken die Menschen im betroffenen Gebiet über diese Sätze?
Schröter: Sie hören sie erst einmal wohlwollend, weil diese Sätze auch signalisieren: Die ganze Bundesrepublik will und wird helfen. Ich denke, dass ist auch wichtig nach der großen Welle der Solidarität und Hilfeleistungen, die wir hier erleben konnten und die wirklich ganz positiv angekommen ist. Es muss jetzt weitergehen. Nicht dass wir in die Situation kommen, dass, wenn die schrecklichen Bilder der Hochwasserkatastrophe aus den Tagesmeldungen sowohl im Fernsehen, in der Presse, als auch bei Ihnen im Rundfunk nach hinten gedrängt werden und andere Probleme in den Vordergrund geraten, dass man die Leute, die hier in Sachsen und Sachsen-Anhalt von der Hochwasserkatastrophe betroffen sind, dann ganz einfach nicht mehr so im Vordergrund sieht und dann auch ein Stück weit die Notwendigkeit schneller Hilfen vielleicht in den Hintergrund geraten könnte.
Gerner: Herr Schröter, wie sieht es denn aus in den Betrieben, die Sie in den letzten zwei Wochen besucht haben: Wird da bereits entlassen?
Schröter: Bis jetzt ist in unserem IHK-Bezirk Halle-Dessau noch keine Entlassungswelle zu verzeichnen. In Sachsen-Anhalt rechnen wir mit etwa 20000 betroffenen Arbeitnehmern und es wäre schlimm, wenn im Land mit der höchsten Arbeitslosigkeit hier jetzt eine neue Entlassungswelle folgen würde. Bis jetzt haben sehr viele Betriebe von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, beim Arbeitsamt Kurzarbeit anzumelden, das heißt, das Arbeitsamt übernimmt für eine bestimmte Zeit die Lohnkosten einschließlich der Sozialversicherungsbeiträge. Damit wird schon vielen Unternehmen geholfen, denn die, die vom Hochwasser betroffen sind, haben zwar zurzeit keine Einnahmen, aber die Kosten laufen ja weiter, und das verschärft natürlich die wirtschaftliche Situation. In diesem Zusammenhang ist es, denke ich, auch einmal angezeigt, die Arbeitsämter für eine schnelle und unbürokratische Unterstützung hier in diesem Falle wirklich zu loben.
Gerner: Nun war gestern in einem Bericht zum Beispiel ein betroffener Unternehmer zu vernehmen, der sagte: Bitte, liebe Bank, zahle mir 60 Prozent des prognostizierten Schadens, damit es bei mir wieder losgehen kann. Der betroffene Bankangestellte sagte im O-Ton: Ja, wenn der Kunde diesen Kredit bedienen kann. Können die betroffenen Unternehmen Kredite noch bedienen?
Schröter: Das habe ich ja vorhin schon einmal versucht darzustellen. Das ist ein ganzer Komplex: Es muss zukünftig gewährleistet sein, dass neue Kredite bedient werden können, also die sogenannte Kapitaldienstfähigkeit, und die kann nur erreicht werden, wenn eben bereits ausgereichte Kredite, die einfach noch in den Büchern stehen, erlassen werden. Ansonsten kommt auf den hohen Berg noch etwas drauf, und den Berg kann dann ein Unternehmen schwer noch erklimmen.
Gerner: Sachsens Wirtschaftsminister hat ja 80 Prozent der Summe, die bereit gestellt wird, für sein Bundesland reklamiert. Wie sieht man das denn in Sachsen-Anhalt?
Schröter: Sicherlich gibt es einen unterschiedlichen Grad der Betroffenheit, aber ich persönlich halte es noch für verfrüht, hier in Diskussionen einzusteigen, wer wie viel bekommt.
Gerner: Diese Diskussion hat ja der Bundeskanzler, wenn Sie erlauben, selbst gestern zum Thema gemacht, indem er gesagt hat: Richard von Weizsäcker wird einer Kommission vorsitzen, die unter anderem Streitfälle behandeln wird. Das scheint ja schon offen zu sein, dass das ausgebrochen ist.
Schröter: Wenn Geld zur Verteilung ansteht - das liegt irgendwo in der Natur der Sache -, dann wird auch heftig darüber gestritten, wer wie viel bekommt. Aber ich denke, eine seriöse Diskussion darüber, wo mit welchem Geld die größte Hilfe möglich ist und die größte Not gelindert werden kann, ist erst möglich, wenn wirklich verlässlich klar ist, welche Schäden denn da sind und behoben werden müssen. Ob das nun bei Unternehmen, in der Infrastruktur oder auch bei den Tausenden von betroffenen Bürgern mit ihren Wohnungen und Einfamilienhäusern ist. Dafür ist es einfach noch zu zeitig, und deshalb halte ich eine Diskussion über Verteilungskriterien oder Verteilungsprozentzahlen zum jetzigen Zeitpunkt für völlig verfrüht.
Gerner: Hat es bisher bürokratische Hemmnisse bei der Auszahlung und darauf Verzögerungen gegeben?
Schröter: Es ist ja noch nicht ausgezahlt worden, aber wir haben auch als IHK gemeinsam mit der Landesregierung jetzt hoffentlich Lösungen gefunden, die sehr unbürokratisch und schnell zur Überweisung führen sollten. Wir sitzen ja auch in entsprechenden Schadenskommissionen, die ganz kurz den Schaden bewerten und dann das grüne Licht für die Auszahlung geben, denn bei aller Hilfe, ich denke, dass hier ein Mindestmaß an Regularien gelten muss, denn wir alle wissen, dass in der Situation der Not schnell Hilfe versprochen und auch geleistet wird, aber wenn der erste Druck vorbei ist, dann will man auch richtigerweise immer wieder überprüfen: Ist denn alles ordnungsgemäß gelaufen? Da braucht es ein Mindestmaß an Regularien. Wir haben hier auf der einen Seite ein Formblatt, wo einfach der Schaden geltend gemacht wird, und ich denke, das ist problemlos auszufüllen, und auf dieser Grundlage wird gezahlt. Hier sehe ich noch keine bürokratischen Hemmnisse. Ich hoffe, dass es auch in den nächsten Wochen und Monaten so bleibt.
Gerner: Von der Handelskammer Halle-Dessau von Sachsen-Anhalt war das Reinhard Schröter. Ich danke Ihnen.
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