Donnerstag, 28. März 2024

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Solarworld-Chef: Opel-Übernahme ist kein "Spaßangebot"

Frank H. Asbeck, Vorstandsvorsitzender der Solarworld AG, unterstreicht die Ernsthaftigkeit seines gestern bekannt gewordenen Übernahmeangebots für die General-Motors-Tochter Opel. Man müsse jetzt beginnen, umweltfreundliche Autos zu planen und bauen - das Know-How bei Opel sei vorhanden. Asbeck will hierzu mit staatlicher Hilfe eine Milliarde Euro investieren.

Frank H. Asbeck im Gespräch mit Sandra Schulz | 20.11.2008
    Sandra Schulz: Die Hoffnungen der US-Autobauer auf Milliarden-Unterstützung vom Staat schwinden weiter. Die Probeabstimmung über ein Hilfspaket in Höhe von 25 Milliarden, die die US-Demokraten für heute im Senat geplant hatten, ist abgesagt. Bis zuletzt zeichnete sich keine Mehrheit ab. Damit bleibt General Motors, der Mutterkonzern von Opel, weiter unter Druck. In der Debatte über die Zukunft der Opel-Werke hier in Deutschland hat es gestern eine Überraschung gegeben. Ein Übernahmeangebot kam von dem deutschen Solarunternehmen "Solarworld AG" und mit dessen Vorstandsvorsitzendem bin ich jetzt telefonisch verbunden. Guten Morgen, Frank Asbeck.

    Frank H. Asbeck: Einen sonnigen guten Morgen.

    Schulz: Die Beobachter rätseln ja seit gestern über Ihre Motive. Sie haben jetzt noch mal Gelegenheit zur Klarstellung. Ihr Angebot ist ernst gemeint?

    Asbeck: Natürlich! Wir machen keine Spaßangebote. Wer eine Milliarde in ein Unternehmen stecken will, der macht das nicht aus Spaß am Tun, sondern um etwas zu bewirken.

    Schulz: Sie haben angeboten, eine Milliarde in das Unternehmen zu stecken. Gleichzeitig fordern Sie eine Kompensationszahlung von 40.000 Euro pro Arbeitsplatz, was ja dann bei 25.000 Opel-Beschäftigten wieder eine Milliarde ausmacht. Das heißt, dass Sie eigentlich für die Übernahme nichts zahlen wollen.

    Asbeck: Das ist vielleicht missverständlich. Wir verlangen, dass genau wie wir als Solarworld die Milliarde ins Unternehmen stecken wollen auch General Motors seine ja vielleicht ungeliebte Tochter aufhübscht und ihr eine Mitgift gibt, und das soll auch ebenfalls ins Unternehmen gesteckt werden, so dass Opel dann über zwei Milliarden verfügt und den Weg beschreiten kann, den Umbauweg zu einem "grünen Automobilkonzern".

    Schulz: Sehen Sie sich als Retter für Opel?

    Asbeck: Ja, gut. Das sind Ambitionen, die ich nicht direkt habe, aber ich sehe die Notwendigkeit, dass wir in unserer Industriegesellschaft allmählich umbauen. Genau wie es im Bereich der alternativen Energien bereits begonnen hat, muss auch die Automobilindustrie umgebaut werden. Das heißt, wir müssen endlich Fahrzeuge der Zukunft bauen: Elektroantriebe, Hybridantriebe. Das kann nicht nur japanischen Herstellern vorbehalten sein. Wir müssen "Extended Range Fahrzeuge" bauen, also Autos mit kombinierten Antrieben aus konventionellen und Elektroantrieben. Das ist die Zukunft. Das ist auch schon in den Köpfen der Entwickler bei Opel, aber sie müssen freigelassen werden aus dem Würgegriff von General Motors.

    Schulz: Aber wenn Sie meinen, dass Ihr Unternehmen die Kraft, die Kapazitäten hat, um Opel aus der Krise zu holen, warum ist dann weiterhin die Milliarden-Bürgschaft von der Bundesregierung gefordert?

    Asbeck: Wir haben gesagt, wir geben 250 Millionen Barliquidität sofort und 750 Millionen Kreditlinie unter Bundesbürgschaft, die Opel bereits beantragt hat. Das ist für Opel auch im Zuge des Umbaus nach wie vor notwendig.

    Schulz: Jetzt hat General Motors ja schon auf Ihr Angebot geantwortet. Opel stehe nicht zum Verkauf. War das eine Überraschung für Sie?

    Asbeck: Ach ja. Das ist allerdings sehr widersprüchlich. Es gibt aus der Zentrale andere Meldungen als Rückmeldungen aus Rüsselsheim. Da zeigt sich mal wieder, dass ein großer Konzern sehr viele Meinungen hat und auch sehr Widersprüchliches und dadurch auch sehr langsam ist. Vielleicht braucht man aber schnelle Rettung.

    Schulz: Warum haben Sie denn eigentlich nicht erst in aller Stille verhandelt und sind dann an die Öffentlichkeit gegangen?

    Asbeck: Schauen Sie, wir sind ein Unternehmen. Wir unterliegen als börsennotierte Gesellschaft des fair disclosure. Das heißt, man muss alle über einen so wichtigen Schritt gleichzeitig informieren. Die Geheimniskrämerei im Vorfeld, das machen wir nicht und das dürfen wir auch gar nicht. Wir müssen, wenn wir ein solches Angebot machen, zur gleichen Zeit auch unsere Aktionäre und natürlich auch unsere Mitarbeiter informieren.

    Schulz: Ihre Aktionäre hatten gestern ja nicht gerade Anlass zum Jubel. Ihre Papiere sind um knapp 20 Prozent abgesackt. Waren Sie auf der Suche nach einer Gelegenheit, billig Aktien Ihres eigenen Unternehmens zu kaufen?

    Asbeck: Wir haben das nicht gemacht. Wir waren auch nicht auf der Suche. Wie gesagt, es hatte nur den Zweck oder es besteht nur der Zweck, Opel zu übernehmen, Opel umzubauen, nicht irgendwelche Aktiengeschäfte zu machen. Unsere Aktionäre waren durchaus gestern erfreut, weil es haben gestern ganz viele Aktionäre Aktien der Solarworld gekauft. 7,5 Millionen Aktionen der Solarworld sind gestern gehandelt worden, allerdings mit einem Preisabschlag, aber das sehen wir die letzten Tage ja bei vielen, vielen Unternehmen, dass der Markt hin- und herspringt. Also da bin ich ganz ruhig, wenn der Kurs mal 2 Euro niedriger ist. Der wird auch wieder 2 Euro höher sein.

    Schulz: Sie sind ein Unternehmen der Solarbranche. Woher nehmen Sie das nötige Know-how?

    Asbeck: Das Know-how liegt bei Opel. Wir können Solarmodule bauen. Wir können in Deutschland Solarmodule bauen und verkaufen. Wir bauen sozusagen die Dachsparkassen, die sich die Deutschen jetzt auf die Dächer bauen, um eine sichere Rendite zu haben. Opel baut Autos. Aber vielleicht braucht man die Befruchtung aus einem anderen Bereich.

    Schulz: Der Vorstandsvorsitzende der "Solarworld AG", Frank Asbeck. Bis eben war er uns telefonisch zugeschaltet; nun ist die Leitung unterbrochen. Vielen Dank für diese Informationen.